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Eiterstraße bis in den Oberschenkel

Neben ihren Ischiasschmerzen klagt eine 72-Jährige über eine dezente Rötung an der rechtsseitigen Oberschenkelinnenseite, die Probleme beim Gehen bereitet, sowie etwas Blut im Stuhl. Der Bauch erscheint bei der klinischen Erstuntersuchung unauffällig. Die Frau hat weder Fieber noch Übelkeit, Erbrechen oder Gewichtsverlust. Stutzig macht die Ärzte allerdings ein CRP von 271 mg/dl.
Die wegen der Lumboischialgie durchgeführte MRT zeigt dann eine abszessverdächtige Formation im rechten Unterbauch, die sich in der Abdomen-CT als abszedierte perforierte Appendizitis erweist. Auch klagt die 72-Jährige nun über Bauchschmerzen. Man entschließt sich zur Notfalllaparotomie und stößt auf einen ausgeprägten perityphlitischen Abszess mit Peritonitis. Es folgen Débridement, Lavage sowie Hemikolektomie mit Ileoaszendostomie. Die Rötung am Oberschenkel hat inzwischen deutlich zugenommen und nach einer Inzision wird reichlich Eiter entleert.
Nach mehrwöchiger Wundbehandlung zur Reha
Da die abdominellen Beschwerden der Frau zunehmen und sich ihr Zustand verschlechtert, verlegt man die Patientin in das Helios Klinikum Berlin-Buch. Dort stellen die Ärzte in der erneuten CT freie Luft im Abdomen fest und veranlassen eine Relaparotomie. Dabei stoßen sie auf eine Nahtinsuffizienz der Ileoaszendostomie sowie einen Psoas- und Bauchdeckenabszess. Inzwischen hat sich auch eine regelrechte „Eiterstraße“ durch den Adduktorenkanal gebildet. Erst nach mehrwöchiger Wundbehandlung kann die Patientin zur Rehabilitation entlassen werden.
Solch eine „Abszessstraße“ zum Oberschenkel tritt bei einer Appendizitis dann auf, wenn sie retrozökal gelegen ist, schreiben Dr. Christoph Paasch von der Oberhavelklinik Gransee und Dr. Michael Hünerbein von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Onkologische Chirurgie des Helios Klinikums Berlin-Buch. Es handelt sich aber insgesamt um eine sehr seltene Variante einer komplizierten Appendizitis, zu der es nur wenige Fallberichte gibt. Bei einem gleichzeitigen Auftreten von abdominellen Beschwerden und Schmerzen im Oberschenkel sollte man aber an diese Möglichkeit denken, so die Autoren. Mittel der Wahl bei solchen perityphlitischen Abszessen ist eine radiologisch gestützte Drainage mit dann folgender Intervallappendektomie – möglichst in einem Krankenhaus der Maximalversorgung. Bei verspäteter Diagnose wird es für die Patienten gefährlich. Die Mortalität der perforierten Appendizitis liegt bei etwa 16 %.
Quelle Text und Abb.: Paasch C, Hünerbeim M. internistische praxis 2021; 63: 600-606 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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