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Blinddarmentzündung: Antibiose statt Appendektomie?

Die Operation gilt nach wie vor als Standardtherapie der Appendizitis. Seit Langem wird diskutiert, ob Antibiotika eine vertretbare Alternative zur Appendektomie darstellen. In der gegenwärtigen Coronapandemie erhält die Debatte neuen Auftrieb: Angesichts eingeschränkter OP-Kapazitäten sowie des während des Klinikaufenthalts möglicherweise erhöhten Infektionsrisikos stellten sich Wissenschaftler aus den USA die Frage, wie vielen Patienten durch eine konservative Therapie der Eingriff erspart werden kann.
Im Hinblick auf die Lebensqualität nach 30 Tagen ist eine zehntägige Antibiose der Operation nicht unterlegen, berichten Professor Dr. David Flum von der University of Washington und Kollegen. Im Rahmen einer an 25 US-Kliniken durchgeführten Studie behandelten sie je 776 erwachsene Appendizitispatienten mit Antibiotika oder operativ. Etwa 29 % der konservativ Therapierten mussten innerhalb von 90 Tagen appendektomiert werden – das betraf insbesondere Patienten mit einem Appendikolith. Unerwünschte Ereignisse im Studienverlauf wie Infektionen, Appendixperforationen oder die Notwendigkeit einer Drainagebehandlung beobachteten die Wissenschaftler in der Antibiotikagruppe ebenfalls häufiger – diesmal betraf es fast ausschließlich die Teilnehmer mit Appendikolith.
Obwohl ein großer Teil der Antibiotakabehandlungen zunächst ambulant erfolgte und zu weniger Arbeitsausfällen führte als die Appendektomie, zeigte sich bei den konservativ Therapierten höhere Zahlen an Besuchen in der Notaufnahme sowie späterer stationärer Aufnahmen.
Angesichts dieser Ergebnisse sowie der hohen therapeutischen Effektivität der laparoskopischen Appendektomie spricht sich Dr. Danny Jacobs von der Oregon Health and Science University, Portland, in seinem Editorial klar gegen die konservative Therapie aus. Zwar erkennt er die Vorteile der Antibiotikabehandlung unter den besonderen Bedingungen während der Coronapandemie an, gleichzeitig sieht hier allerdings auch eine gravierende Gefahr: Der Pandemieverlauf offenbart gegenwärtig in den USA erhebliche sozioökonomische und ethnische Versorgungsunterschiede. Dr. Jacobs befürchtet, dass gerade benachteiligten Bevölkerungsschichten eine Appendektomie vorenthalten werden könnte bzw. dass diese Menschen Antibiotika ohne angemessene Aufklärung zu Langzeitfolgen erhalten.
Quellen:
1. The CODA Collaborative. N Engl J Med 2020; DOI: 10.1056/NEJMoa2014320
2. Jacobs D. A.a.O.; DOI: 10.1056/NEJMe2029126
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