Appendizitis mit Gastritis verwechselt

Dr. Dorothea Ranft

Ein rechtzeitiger Ultraschall hätte die Appendixperforation und somit auch die Operationen wohl verhindern können. (Agenturfoto) Ein rechtzeitiger Ultraschall hätte die Appendixperforation und somit auch die Operationen wohl verhindern können. (Agenturfoto) © iStock/annedehaas

Eine verspätet diagnostizierte Appendizitis kann einen ärztlichen Behandlungsfehler begründen. So geschehen im Fall eines Patienten, der mit Bauchschmerzen in die Notfallambulanz kam, wieder heimgeschickt wurde, sich Tage später aber auf der Intensivstation wiederfand.

Wegen Oberbauchschmerzen und Übelkeit mit Erbrechen hatte ein 29-jähriger Mann die Notaufnahme einer Klinik aufgesucht. Weil die Beschwerden drei bis vier Tage zuvor mit Halsschmerzen begonnen hatten, diagnostizierten die Ärzte dort eine akute Gastritis und Tonsillitis. Sie verordneten eine Therapie mit Metoclopramid und Metamizol und schickten ihren Patienten kurz nach Mitternacht nach Hause. Bei gleichbleibenden Beschwerden, so ihr Rat, solle er zum Hausarzt gehen, bei einer Verschlechterung wieder in die Rettungsstelle kommen.

Dort erschien der Patient noch am selben Tag und erhielt erneut Metamizol, diesmal mit Butylscopolamin. An der Diagnose „Gast­ritis“ änderten die Kollegen aber nichts, schreiben Professor Dr. Gerald­ Klose von der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern und Kollegen.

Sechs Tage später ergab eine ambulante Abdomensonographie eine deutlich pathologische Darmkokarde im rechten Unterbauch. Der Patient musste fünf Wochen lang im Krankenhaus wegen einer perforierten gangränösen Appendizitis mit Unterbauchperitonitis und verschiedenen Komplikationen einschließlich diverser Operationen behandelt werden.

Endlich genesen, wandte sich der Patient an die Schlichtungsstelle. Er beklagte, Diagnose und Therapie der Appendizitis seien nicht zeitgerecht erfolgt, die Sonographie fehlerhaft unterlassen worden. Durch eine Appendektomie am Tag nach der Erstvorstellung hätte sich die folgenreiche Perforation verhindern lassen.

Laut dem Gutachter war die Behandlung in der Rettungsstelle wegen mangelhafter Befunddokumentation nicht sach- und fachgerecht.

Nach zehn Tagen hätte er entlassen werden können

Auch er monierte die fehlende Abdomensonographie. Außerdem seien aus einem pathologischen Laborbefund keine Konsequenzen gezogen worden. Schließlich wurde dem Patienten kein verbindlicher Wiedervorstellungstermin genannt. Bei frühzeitiger Intervention hätte ein etwa zehntägiger stationärer Aufenthalt ohne zusätzliche Operationen genügt, so seine Einschätzung.

Dem schloss sich die Schlichtungsstelle an: Durch die gravierenden Mängel an der Befunderhebung komme es zur Beweis­lastumkehr zugunsten des Patienten, die z.B. für das Fortschreiten der Appendizitis bis zur Perforation gilt, die mehrfachen Operationen und den Aufenthalt auf der Intensivstation. Die Situation habe ohne Frage eine weitergehende Befund­erhebung gefordert, so die Autoren, wobei auch die Einbeziehung anderer Fachgebiete hätte erwogen werden müssen.

Quelle: Klose G et al. Hamburger Ärzteblatt 2019; 73: 36-37

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Ein rechtzeitiger Ultraschall hätte die Appendixperforation und somit auch die Operationen wohl verhindern können. (Agenturfoto) Ein rechtzeitiger Ultraschall hätte die Appendixperforation und somit auch die Operationen wohl verhindern können. (Agenturfoto) © iStock/annedehaas