Wie hieß das Zeug noch gleich?

Dr. Susanne Meinrenken

Selbst bei vollständiger Nennung eines Medikamentennamens kann es bei nur vier gleichen Anfangsbuchstaben bereits zu einer Verwechslung kommen. Selbst bei vollständiger Nennung eines Medikamentennamens kann es bei nur vier gleichen Anfangsbuchstaben bereits zu einer Verwechslung kommen. © Papcut design - stock.adobe.com

Ephedrin oder Epinephrin? ASS oder ACC? Wenn Wirkstoff- oder Medikamentennamen ähnlich klingen und Tabletten sich gleichen wie ein Ei dem anderen, kann das schlimm ausgehen. Wie im Fall eines jungen Mannes, bei dem fatalerweise ein Anfallssuppressivum und ein Zytostatikum vertauscht wurden.

Von einem besonders schweren Verlauf infolge einer Medikamentenverwechslung berichtet Prof. Dr. Friedrich Lübbecke von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Vor vielen Jahren wurde ihm aus einer JVA ein 20-jähriger Patient vorgestellt, der am ganzen Körper Hämatome entwickelt hatte und erblindet war. Bei der Untersuchung des extrem blassen, äußerst müden Patienten waren im Augenhintergrund ebenfalls Einblutungen zu erkennen. 

Weder Thrombozyten noch Leukozyten nachweisbar

Die Blutwerte ergaben einen Hämoglobinwert von < 5 g/dl. Thrombozyten oder Leukozyten waren nicht nachweisbar, woraufhin der junge Mann Transfusionen erhielt. Ein Augenarzt hielt eine deutliche Verbesserung des Sehvermögens für wahrscheinlich, sobald sich die Hämatome aufgelöst hätten. Eine Knochenmarkpunktion bei Verdacht auf eine hämatologische Erkrankung ergab keinen Hinweis auf eine Leukämie oder eine andere hämatologische Krankheit.

Auf dem Medikamentenplan des Patienten fand sich Myleran® in einer Dosis von zweimal täglich einer Tablette. Das Zytostatikum mit dem Wirkstoff Busulfan wurde früher bei Leukämien oder Polyzythämien verordnet. Eine solche Diagnose war dem JVA-Arzt jedoch nicht bekannt. 
Als es dem jungen Mann besser ging, ließ sich die Anamnese erheben: Als Kleinkind war er infolge eines Autounfalls mehrmals neurochirurgisch behandelt worden. Aufgrund einer Liquorfistel hatte sich mehrfach eine Meningitis, später dann eine Epilepsie entwickelt. Aufgrund dessen war dem Patienten das Anfallssuppressivum Mylepsinum® (Primidon) verordnet worden. Dieses wurde später durch einen anderen Arzt irrtümlich auf Myleran® umgestellt. 

Wann genau die Medikamente vertauscht worden waren, ließ sich nicht mehr klären, da aufgrund rascher Ortswechsel des jungen Mannes unterschiedliche Ärztinnen und Ärzte in seine Betreuung involviert waren. Neben der fatalen Verwechslung der beiden Arzneimittel war noch etwas anderes versäumt worden: Niemand hatte einen Auslassversuch des Anfallssuppressivums gemacht. Da schon seit Längerem und auch während der wochenlangen Knochenmarkdepression kein Krampfanfall aufgetreten war, hätte der Patient wohl schon längst keine anfallssupprimierende Behandlung mehr benötigt. 

Dieser Fall zeigt: Selbst bei vollständiger Nennung eines Medikamentennamens kann es bei nur vier gleichen Anfangsbuchstaben bereits zu einer Verwechslung kommen. Noch größere Sorgfalt sei wohl nötig, wenn ähnlich klingende Abkürzungen kommuniziert werden, z. B. ASS und ACC, warnt der Autor.

Quelle: Lübbecke F. Hessisches Ärzteblatt 2024, 10: 548-549

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