Endokarditis-Gefahr rechtzeitig erkennen

Dr. Dorothea Ranft

Zahn- und Hauthygiene als Präventionsmaßnahme von Endokarditis
© fotolia, Dan Race Zahn- und Hauthygiene als Präventionsmaßnahme von Endokarditis © fotolia, Dan Race

Bis zu einem Drittel der Endokarditis-Fälle ist durch ärztliche Maßnahmen bedingt – Tendenz steigend, Prognose ungüns­tig. Wie lässt sich dieses Problem beherrschen? Sollte die Prophylaxe ausgeweitet werden?

Bisher gibt es für die Wirksamkeit der Endokarditis-Prophylaxe nur eine schwache Evidenz, prospektive randomisierte Studien stehen noch aus, so Privatdozent Dr. Marcus Franz von der Klinik für Innere Medizin I an der Universitätsklinik Jena. Allerdings führte der in Großbritannien praktizierte Verzicht auf den Antibiotika-Schutz zu einem Anstieg der Endokarditis-Inzidenz. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hat deshalb in ihrer Leitlinie die Zügel nicht weiter gelockert – die Prophylaxe bleibt indiziert bei Patienten und Eingriffen mit hohem Endokarditis-Risiko.  

Als besonders gefährdet gelten drei Gruppen: Dies sind zum einen die Träger künstlicher Herzklappen einschließlich Transkatheter-Implantation (z.B. TAVI) – wobei zwischen mechanischem und biologischem Ersatz kein Unterschied besteht. Nach valvulärer Reparatur verbliebenes Prothesenmaterial steigert ebenfalls das Risiko.

Prophylaxe mitunter dauerhaft nötig

Die zweite Gruppe bilden Patienten, die bereits eine Endokarditis hatten. Als dritte Gruppe nannte der Referent Personen mit kongenitalen Herzfehlern, wobei dabei die Strategie von der Läsion abhängt. Patienten mit zyanotischem Vitium oder persistierendem Shunt bzw. valvulärer Regurgitation brauchen den Herzschutz auf Dauer, erfolgreich behandelte nur maximal ein halbes Jahr. Auch Patienten mit hochgradiger degenerativer Aortenklappen-Stenose sollten eine Prophylaxe erhalten, ergänzte Professorin Dr. Cornelia Piper, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen.   

Basismaßnahmen zur Endokarditis-Prävention

  • Auf gute Zahn- und Hauthygiene achten (bei hohem Risiko 2 x/Jahr zum Zahnarzt, sonst 1 x/Jahr)

 

  • Wunden sorgfältig desinfizieren

  • Chronische Bakterienbesiedlung (Haut, Urin) mögl. eradizieren

  • Bakterielle Foci sanieren

 

  • Keine Selbstmedikation mit Antibiotika

 

  • Infektionskontrolle bei Risikoprozeduren (Fieber, Entzündungsmarker)

  • Keine Tätowierungen/Piercings bei (Hoch-)Risikopatienten

  • Infusionskatheter überlegt einsetzen (peripher besser als zentral)

Was die Gefährdung durch Eingriffe betrifft, gelten zahnärztliche Maßnahmen mit Manipulation an Gingiva, periapikaler Zahnregion oder Perforation der oralen Mukosa (insbesondere Zahnimplantate) als besonders riskant. Denn dabei werden große Mengen Bakterien in die Blutbahn eingeschwemmt. Die Prophylaxe bei zahnärztlichen Risikoeingriffen erfolgt normalerweise mit Amoxicillin oder Ampicillin. Erwachsene erhalten als Single-Dose 2 g oral bzw. intravenös (Kinder 50 mg/kg KG). Bei einer Allergie gegen Penicillin oder Ampicillin wird Clindamycin gegeben (Erwachsene 600 mg, Kinder 20 mg/kg KG oral oder intravenös).

Auch (Hoch-)Risikopatienten müssen nicht unbedingt auf Zahnimplantate verzichten, erklärte Dr. Franz, sie sollten jedoch wissen, dass es dabei ein erhöhtes Bakteri­ämierisiko gibt. Angezeigt ist die vorbeugende Antibiotikagabe auch vor der Implantation eines Schrittmachers oder Defibrillators, erklärte Dr. Franz. Bei Eingriffen an Haut, Atemwegen und Gastrointestinaltrakt bezeichnete er sie nur bei der Beteiligung von infiziertem Gewebe als sinnvoll.

Healthcare-Endokarditis mit steigender Inzidenz

Das Antibiotikum soll die Adhäsionsfähigkeit der Bakterien an das Endokard vermindern. Deshalb genügt eine Applikation etwa 30 bis 40 Minuten vor der Prozedur. Zudem empfiehlt es sich, präoperativ eine nasale Besiedlung mit MRSA zu erfassen und ggf. zu beseitigen. Ein besonderes Problem stellt die in Krankenhäusern oder Pflegeheimen erworbene sog. „Healthcare“-Endokarditis dar, die inzwischen bis zu 30 % der Fälle ausmacht. Trotz steigender Inzidenz und ungünstiger Prognose plädieren die Leitlinienautoren nicht für eine Ausweitung der Prophylaxe. Stattdessen setzen sie auf eine strikte Einhaltung der Hygienevorschriften und fordern ein strikt aseptisches Arbeiten bei invasiven Prozeduren – auch mit einem peripheren Venenkatheter kann man eine Endokarditis auslösen, warnte Dr. Franz.

Quelle: 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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