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Endokrine Therapien und hormonfreie Tinkturen lassen die Haare wieder sprießen

Haarausfall ist als pathologisch anzusehen, wenn mehr als 100 Haare täglich ausfallen oder sich kahle Stellen bilden, schreibt die Gynäkologin Dr. Simona Baus vom Universitätsklinikum des Saarlandes. Eine Ausnahme bildet das postpartale Effluvium bei jungen Müttern, die nach der Geburt ihres Kindes vermehrt Haare verlieren. Eine der am weitesten verbreiteten Formen des Haarausfalls ist auch bei Frauen die androgenetische Alopezie. Als mögliche Ursachen kommen neben einer manifesten Hyperandrogenämie auch ein Ungleichgewicht zwischen Androgenen und Östrogenen oder eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber Androgenen in Betracht.
Liefern Anamnese oder körperliche Untersuchung Hinweise auf weitere Androgenisierungserscheinungen (z.B. Hirsutismus, Akne) oder Östrogenmangelsymptome (z.B. vasomotorische Beschwerden, depressive Verstimmung, Libidostörungen, Trockenheit der Schleimhäute), ist eine Erhebung des Hormonstatus angezeigt. Dazu gehört eine Bestimmung der Östrogene, Androgene und Gonadotropine im Serum.
Häufigsten Auslöser für androgenetischen Haarausfall bei Frauen ist die Hormonumstellung in der Perimenopause dar. In jüngeren Jahren kommen als Ursache vor allem drei Erkrankungen infrage, das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), das adrenogenitale Syndrom (AGS) und die prämature Ovarialinsuffizienz (POI). Weitere mögliche Gründe für androgenetischen Haarausfall bei der Frau sind die Einnahme von Kontrazeptiva, eine endokrine Behandlung mit Antiöstrogenen, Aromatasehemmern oder Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten sowie eine Hormonersatztherapie (HRT) mit Tibolon.
Die wirksamste Behandlungsoption bei androgenetischer Alopezie ist eine endokrine Therapie. Selbst Patientinnen ohne Hyperandrogenämie im Blut können profitieren, auch wenn die Wirkung bei ihnen unter Umständen schwächer ausfällt. Generell ist zu beachten, dass ein Therapieerfolg sich oft erst nach mehreren Monaten einstellt.
Die Wahl des Präparats hängt vor allem vom Alter bzw. dem Menopausenstatus der Patientin ab. So ist beispielsweise für junge Frauen mit PCOS die Einnahme eines kombinierten Kontrazeptivums mit antiandrogener Komponente empfehlenswert. Eine Schwangerschaft ist unter antiandrogener Therapie tunlichst zu vermeiden, da dies bei männlichen Föten zu einer gestörten Genitalentwicklung führen kann.
Wenn Östrogene kontraindiziert sind, kann die Verhütung durch ein Intrauterinpessar sichergestellt werden. Die endokrine Therapie besteht in diesen Fällen nur aus einem Gestagen, zum Beispiel Cyproteronacetat oder Chlormadinonacetat. Liegt eine adrenale Hyperandrogenämie vor, ist Dexamethason das Mittel der Wahl. Bei postmenopausalen Frauen und Patientinnen mit POI lässt sich der Verlust der Östrogendominanz mittels HRT ausgleichen.
Eine weitere Möglichkeit ist der systemische 5α-Reduktase-Hemmer Finasterid. Allerdings ist die Substanz derzeit nur für Männer mit androgenetischer Alopezie zugelassen. Individuelle Heilversuche mit Finasterid bei Frauen sollten ausschließlich in der Menopause oder unter begleitender oraler Kontrazeption durchgeführt werden.
Hinter Minoxidil steckt ein gänzlich hormonunabhängiger Wirkmechanismus. Üblicherweise wird bei androgenetischer Alopezie eine 2%ige Lösung auf die Kopfhaut aufgetragen. Bei den meisten Frauen lässt sich dadurch der Haarverlust aufhalten und das Wachstum fördern. Ist der Befund besonders ausgeprägt, bietet sich ein 5%ige Minoxidil-Lösung an. Die Wirkung von Minoxidil basiert auf einer vermehrten Durchblutung mit Neueinsprossung von Gefäßen. Insbesondere bei Frauen, die aus dem Mittelmeerraum stammen, kann eine Hypertrichose im Stirnbereich oder im gesamten Gesicht auftreten. Diese Nebenwirkung ist jedoch reversibel. Auch 17α-Estradiol kann bei Alopezie lokal angewendet werden, die Studienlage zu dieser Substanz ist allerdings begrenzt.
Quelle: Baus SL. Akt Dermatol 2023; 49: 103-106; DOI: 10.1055/a-1927-7319
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