Essenzieller Tremor: Die Zitterpartie hat ein Ende
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Zwar steigt die Inzidenz des essenziellen Tremors mit dem Alter an – aber das Zittern kann auch schon in der Kindheit beginnen. Altersgipfel werden im zweiten und sechsten Lebensjahrzehnt beobachtet, schreiben Dr. Dietrich Haubenberger und Dr. Mark Hallett von den National Institutes of Health in Bethesda. Oft tritt der essenzielle Tremor familiär gehäuft auf, typischerweise mit einem autosomal-dominanten Muster.
Kürzlich schlug eine Arbeitsgruppe der International Parkinson and Movement Disorder Society eine neue Definition vor (s. Kasten). Die dabei gewählte Bezeichnung als „isolierter“ Tremor bedeutet, dass das Zittern die einzige Auffälligkeit ist.
Neue Definitionskriterien
- isoliertes Tremor-Syndrom, charakterisiert durch einen bilateralen Tremor der oberen Extremitäten
- Dauer mindestens 3 Jahre
- mit oder ohne Tremor an anderen Lokalisationen (z.B. Kopf, Stimme, untere Extremitäten)
- Fehlen weiterer neurologischer Zeichen wie Dystonie, Ataxie oder Parkinsonismus
Nach den Kriterien der International Parkinson and Movement Disorder Society (2017)
Nach Antiepileptika und Antidepressiva fragen
In der Anamnese sollte man nicht nur nach Beginn und Verlauf des Zitterns, sondern auch nach der Familienanamnese fragen. Außerdem interessieren mögliche Expositionen gegenüber Toxinen wie Quecksilber, Blei und Mangan. Die Medikamentenanamnese ist ebenfalls wichtig, denn Substanzen wie Valproat, SSRI, Sympathomimetika oder Lithium können einen Tremor induzieren. Zudem ist es hilfreich, sich vom Patienten berichten zu lassen, welche Alltagsaktivitäten durch das Zittern eingeschränkt sind. Bei der neurologischen Untersuchung sollten das Verteilungsmuster des Tremors und die Aktivierungsbedingungen (z.B. Ruhe-, Halte-, Intentionstremor) erfasst und die Tremorfrequenz visuell geschätzt werden (niedrig [< 4 Hz], mittel [4–8 Hz], hoch [> 8 Hz]). Außerdem ist auf Zeichen zu achten, die auf eine systemische oder neurologische Erkrankung hindeuten. Zu den Tremor-Syndromen mit auffälligen weiteren neurologischen Zeichen zählen:- dystone Tremorformen
- Tremor bei M. Parkinson
- Intentionstremor-Syndrome
- Holmes-Tremor (niedrigfrequenter kombinierter Ruhe-, Halte- und Intentionstremor aufgrund von Kleinhirnschäden)
- Myorhythmie
Effektiv: Dosierungen von 120–240 mg täglich
Für die medikamentöse Therapie des essenziellen Tremors stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung, wobei die Evidenzlage für Propranolol und Primidon am besten ist; beide führen zu einer Besserung des Zitterns an den oberen Extremitäten. Der nicht-selektive Betablocker Propranolol erwies sich in randomisierten, kontrollierten Studien in Dosierungen von 120–240 mg täglich als effektiv und konnte die Tremoramplituden im Schnitt um 55 % reduzieren. Zu den unerwünschten Wirkungen zählen Bradykardie und Bronchospasmus. Primidon, das zu Phenylethylmalonamid und Phenobarbital verstoffwechselt wird, konnte in Tagesdosen von 250–750 mg die Tremoramplituden um 60 % reduzieren. Dies bewirkte, dass die Patienten beim Essen und Ankleiden weniger Schwierigkeiten hatten und bei manuellen Aufgaben besser abschnitten. Rund 23–32 % der Patienten berichteten zu Beginn der Primidon-Therapie jedoch über Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Schwindel.Weitere Option: Thalamotomie oder tiefe Hirnstimulation
Propranolol und Primidon können auch in Kombination eingesetzt werden, sie führen dann zu einer Reduktion der Tremoramplitude um bis zu 70 %. Allerdings ergab eine Umfrage, dass ca. die Hälfte der Patienten, die Propranolol oder Primidon erhielten, im Verlauf das Medikament absetzten, wegen begrenzter Wirkung oder unerwünschter Effekte. Auch andere Substanzen können zur Behandlung eingesetzt werden, etwa Topiramat, Alprazolam, Gabapentin, Atenolol und Sotalol, aber die Datenlage hierzu ist begrenzt. Lässt sich der Tremor der oberen Extremität medikamentös nicht adäquat behandeln, kann eine tiefe Hirnstimulation (unilateral und bilateral) oder eine Thalamotomie (nur unilateral) im Bereich des Nucleus ventralis intermedius thalami durchgeführt werden.Quelle: Haubenberger D, Hallett M. N Engl J Med 2018; 378: 1802-1810
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