Exitstrategien für Intensivtäter

Dr. Elke Ruchalla/Tobias Stolzenberg

Ganz von alleine mit dem Rauchen aufzuhören ist schwieriger als man denkt. Ganz von alleine mit dem Rauchen aufzuhören ist schwieriger als man denkt. © rangizzz – stock.adobe.com

Mit den Jahren der Abhängigkeit reift bei vielen Rauchern der feste Vorsatz, endlich dauerhaft von den Zigaretten zu lassen. Aufgabe des Arztes ist es, die Motivation seines Patienten zur anhaltenden Tabakkarenz unermüdlich zu bestärken und ihm die notwendige Hilfe zu vermitteln. Auch Medikamente können dem Ausstiegswilligen helfen.

Viele langjährige Raucher versuchen wieder und wieder, aus eigener Kraft und ohne evidenzbasierte medizinische oder psychologische Unterstützung, vom Tabak loszukommen. Sie meinen, sich aus eigener Willenskraft, eventuell auch mithilfe von elektronischen Zigaretten, von der Abhängigkeit lösen zu können. Doch ohne versierte Hilfe von außen klappt das nur in Ausnahmefällen, schreibt Dr. ­Thomas ­Hering von der Lungenarztpraxis ­Tegel der Internistischen Gemeinschaftspraxis in ­Berlin. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die aktualisierte ­S3-Leitlinie Rauchen und Tabakabhängigkeit, in der die Kombination psychologischer Verfahren auf verhaltenstherapeutischer Basis mit einer medikamentösen Therapie empfohlen wird.

Dampfen statt rauchen?

Ein viel diskutiertes Thema ist der Einsatz elektronischer Zigaretten und Tabak­erhitzern zur Raucherentwöhnung. Befürworter argumentieren, dass deren Gebrauch immerhin weniger gesundheitsschädlich sei als das Rauchen herkömmlicher Zigaretten. Andererseits würden E-Zigaretten regelmäßig zusätzlich zum Tabak genutzt, meinen die Kritiker. 

Eine große Studie aus dem Jahr 2019 sieht bei Tabakentwöhnung und Risikoreduktion durchaus die Überlegenheit der E-Zigaretten gegenüber den Nikotin­ersatzprodukten. Auch ein Cochrane-Review von 2021 spricht sich unter bestimmten Umständen vorsichtig für den Einsatz nikotinhaltiger ­E-Zigaretten in der Abstinenzbehandlung von Rauchern aus.

Regelmäßig und beharrlich müsse man bei seinen rauchenden Patienten den Willen und die Bereitschaft zum Rauchstopp prüfen und in jedem Gespräch aufs Neue die Stärkung von Motivation und Entschlossenheit anstreben, schreibt Dr. ­Hering. In der Betreuung chronisch Kranker, etwa bei COPD, bietet es sich in der quartalsweisen Sprechstunde an, das Thema regelmäßig aufs ­Tapet zu bringen. Bewährt hat sich ihm zufolge ein strukturiertes Vorgehen, etwa nach dem Muster der ABC-Methode: 

  • Ask: Der Raucherstatus wird abgefragt und dokumentiert.
  • Brief Advice: Der Patient erhält kurze Empfehlungen und wird zum Rauchstopp motiviert.
  • Cessation Support: Der Arzt unterbreitet dem ausstiegswilligen Patienten konkret passende Unterstützungsangebote. 

Hilfreich ist die Technik des sogenannten Motivational Interviewing. Im Kern geht es bei dieser Art der Gesprächsführung darum, durch offene, im Konjunktiv formulierte Fragen („Was wäre das Beste daran, wenn sie endlich nicht mehr rauchen würden?“) die beim Patienten bereits bestehende Bereitschaft zum Rauchstopp zu verstärken und schon kleine Erfolge und Schritte zu loben. Stets sollten diese kurzen Gespräche mit dem positiven Blick in Richtung tatsächlicher Aktion enden.

Vereinzelt gibt es hilfreiche virtuelle Formate

Die Angebote, die man dem Ausstiegswilligen unterbreitet, müssen zu ihm und seiner Lebenswelt passen, erklärt Dr. Hering. Der Vorschlag zur Teilnahme an Gruppenkursen, die je nach Wohnort des Patienten oft weit entfernt stattfinden, wird auf wenig Gegenliebe stoßen. In einem solchen Fall können virtuelle Formate helfen, die neuerdings vereinzelt angeboten werden. Bewährt haben sich dem Experten zufolge auch einige Selbsthilfe­manuale, bestimmte Onlineangebote oder das Rauchertelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Letzten Endes spielt bei vielen auch das Geld eine Rolle, gibt der Autor zu bedenken. Etliche starke Raucher seien schlicht zu arm, um sich die teuren Entwöhnungskurse mit Teilbeteiligung an der Verhaltenstherapie und die vollständige Finanzierung der Medikation leisten zu können. 

Drei Kursmodelle sind in Deutschland verbreitet und entsprechen den Anforderungen der Krankenkassen und der Sozialverbände, beschreibt Dr. ­Hering: das Rauchfrei-Programm des Instituts für Therapieforschung in München (IFT) und der BZgA, der sechswöchige Tabakentwöhnungskurs der Uniklinik Tübingen sowie das Nichtraucherprogramm des Bundesverbands der Pneumologen. Seit Kurzem ist mit der Nichtraucherhelden-App auch die erste verordnungsfähige digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zur Tabakentwöhnung am Markt. 

Die medikamentöse Unterstützung erleichtert die Tabakentwöhnung, erläutert Dr. ­Hering. Die Arzneimittel sollen aber nur verordnet werden, wenn auch psychosoziale Maßnahmen erfolgen. Durch Medikamente alleine und ohne eine tragfähige Strategie zur Verhaltensänderung ist keine langfristige Abstinenz zu erwarten.

Medikamentöse Unterstützungsmöglichkeiten beim Rauchstopp

Substanz

Wirksamkeit

Anwendung

Anmerkungen

Nikotinersatzpräparate (Pflaster, Kaugummi, Mundspray u.a.)

reduzieren über acht bis zwölf Wochen die physische Abhängigkeit, indem sie die Nikotinrezeptoren abdecken (Dopaminfreisetzung fällt weg, damit auch der Belohnungseffekt)

apothekenpflichtig


z.B. ein Basispflaster am Morgen, ggf. tagsüber in durch Kaugummis, Lutschtablette o.ä. ergänzt

eine Rezeptpflicht


kardiovaskuläre Erkrankungen stellen keine absolute Kontraindikation dar, Vorsicht in den ersten zwei Wochen nach Infarkt, bei Arrhythmien und instabiler Angina

Vareniclin

partieller Agonist/vollständiger Antagonist der Nikotinrezeptoren 

verschreibungspflichtig


Einsatz über zwölf Wochen, einschleichender Beginn mit 1 x täglich 0,5 mg, langsam auftitrieren bis 2 x täglich 1 mg per os 

gelegentliche Übelkeit bessert sich oft durch Flüssigkeitsaufnahme


Schlafstörungen, intensive Träume 


gelegentlich Müdigkeit, Fahrtüchtigkeit ist eventuell eingeschränkt


vermeintlich erhöhtes Suizidrisiko ist widerlegt


Dosisreduktion bei Kreatinin-Clearance < 30 ml/min,
nicht bei Schwangeren und in der Stillzeit

Cytisin

Vorläufersubstanz von ­Vareniclin mit entsprechender Wirkung

Aufdosieren mit anfangs hoher Tablettenzahl, daher etwas unbequeme Anwendung

 

Bupropion

ursprünglich als Antidepressivum entwickelt

wirkt teils durch aversive Effekte, reduziert Rauchimpuls

rezeptpflichtig 


einschleichen über eine Woche, dann 2 x täglich 150 mg per os, in der Regel über neun Wochen

Mundtrockenheit und Schlafstörungen sind möglich, dann eventuell Dosishalbierung


kontraindiziert bei Epilepsie, Essstörungen, Therapie mit Monoaminoxidase-Hemmern in den vergangenen zwei Wochen 


nicht in Schwangerschaft und Stillzeit

Die verschiedenen Nikotinersatztherapien können je nach Suchtgrad und Fortschritt der Tabakentwöhnung untereinander kombiniert werden, ebenso mit ­Bupropion und Vareniclin. Zur Kombination von Bupropion mit Vareniclin liegen keine Erfahrungen vor

Quelle: Hering T. internistische praxis 2022; 65: 329-347

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