Fast jeder dritte Betroffene hat schon zum Zeitpunkt der Erstdiagnose eine Leberzirrhose

Maria Weiß

Histologisch sind die Autoimmunhepatitis (im Bild) und medikamenteninduzierte Leberschäden oft schwer zu unterscheiden. Histologisch sind die Autoimmunhepatitis (im Bild) und medikamenteninduzierte Leberschäden oft schwer zu unterscheiden. © Science Photo Library/CNRI

Bei akuten und chronischen Lebererkrankungen sollte man immer die Autoimmunhepatitis als mögliche Differenzialdiagnose auf dem Schirm haben. Ein frühzeitiger Start der Therapie ist entscheidend für die Prognose.

Die Inzidenz der Autoimmunhepatitis (AIH) scheint in letzter Zeit zuzunehmen, schreiben Dr. Jan Weltzsch vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Kollegen. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Auftreten kann die AIH in jedem Alter, Häufigkeitsgipfel gibt es jedoch im Jugendalter und zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr.

Ein möglicher Verlauf der AIH ist die akute fulminante Hepatitis mit Leberversagen. Meist sind die Symptome der Autoimmunerkrankung aber nicht nur sehr variabel, sondern die Erkrankung bleibt oft lange asymptomatisch und wird nur durch Zufall im Rahmen einer klinischen Routinediagnostik entdeckt.

Arthralgien und Fatigue als unspezifische Symptome

Viele Patienten klagen bei Erstdia­gnose über unspezifische Beschwerden wie Arthralgien und Fatigue, etwa ein Drittel stellt sich initial mit einem Ikterus vor. Und wegen des oft symptomarmen Verlaufs zeigt fast jeder Dritte zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits eine Leberzirrhose.

Grundsätzlich sollte bei jeder unklaren Hepatopathie die Möglichkeit einer AIH in Betracht gezogen werden – insbesondere, wenn der Patient zuvor über andere Autoimmunerkrankungen bei sich oder in der Familie berichtet hat. Allerdings gestaltet sich die Abgrenzung zu anderen Lebererkrankungen nicht immer einfach. Dies gilt insbesondere für den medikamenteninduzierten Leberschaden, der sich histologisch kaum von der AIH unterscheiden lässt. Die Frage nach potenziell leber­toxischen Substanzen ist daher ein wichtiger Bestandteil der Anamnese.

In der Lebersonografie können AIH-Patienten ein inhomogenes Parenchym oder bereits Anzeichen einer Zirrhose aufweisen. Häufig findet man auch eine hiläre Lymphadenopathie. Der Fibrose- bzw. Zirrhosegrad lässt sich per Elastografie bestimmen. Bei zusätzlich erhöhter alkalischer Phosphatase sollte immer auch eine MR-Cholangiopankreatografie (MRCP) durchgeführt werden, um begleitende sklerosierende Gallengangserkrankungen wie PBC oder PSC auszuschließen.

Laborchemisch weist neben erhöhten Transaminasespiegeln ein erhöhtes IgG auf die AIH hin. Hinzu kommen verschiedene Autoimmun-Antikörper-Konstellationen (siehe Tabelle). Bei ca. 10 % der Patienten ist die Serologie bei Erstdiagnose negativ, denn die Autoantikörper entwickeln sich häufig erst im Verlauf der Erkrankung.

Antikörper bei Autoimmunhepatitis (AHI)

Antikörper (AK)

Vorkommen bei AIH

sonstiges

ANA 
(antinukleäre AK)

ca. 50–70 %

auch bei vielen anderen Auto­immunerkrankungen und Hepatitiden

Anti-SMA

(gegen glatte
Muskulatur)

bis 70 %

relativ spezifisch für AIH Typ 1

Anti-SLA/LP 
(gegen lösliches Leber-/ Pankreas-Antigen)

bis 20 %

hoch spezifisch für AIH Typ 3

Anti-LKM1/3 
(gegen „Liver-Kidney“-Mikrosomen Typ 1 und 3)

bis 20–30 % bei Kindern, bis 10 % bei Erwachsenen

bei AIH Typ 2 ebenfalls assoziiert mit HCV und HDV

Anti LC-1 
(gegen Leber-Cytosol Antigen Typ 1)

bis ca. 30 % bei Erwachsenen und 60 % der Kinder mit AIH Typ 2

bei AIH Typ 2 ebenfalls assoziiert mit HCV

Anti-ASGRP 
(gegen Asialoglyko­proteinrezeptor)

bis 70 %

korreliert mit histologischer Aktivität, assoziiert mit HBV, HCV und PBC

pANCA 
(gegen Neutrophile) 

bis 65 %

u.a. auch bei anderen Auto­immunerkrankungen und viralen Hepatitiden

Zur Diagnosesicherung gehört auch eine Leberbiopsie – entweder perkutan/transjugulär oder in Form der internistischen Minilaparoskopie, wie die Autoren empfehlen. Es gibt keine pathognomonischen Veränderungen, aber typische Zeichen wie Plasmazellinfiltrate, Rosettierung und Mottenfraßnekrosen machen die Diagnose je nach Ausprägung „wahrscheinlich“. Das finale Bild ergibt sich aus Histologie, Labor, Serologie und klinischem Bild, hilfreich sind Scoring-Systeme wie das nach Hennes et al.

Therapeutisch steht die Remissionsinduktion an erster Stelle, um ein akutes Leberversagen zu verhindern. Als erste Wahl gelten Kortikoste­roide (Prednisolon 0,5–1 mg/kgKG). Budesonid ist als Alternative möglich, allerdings nur solange keine etablierte Zirrhose (Kontraindikation) vorliegt. Schlagen die Steroide überhaupt nicht an, muss man die Diagnose AIH anzweifeln. Bei ausreichendem Ansprechen sollte Prednisolon langsam wieder ausgeschlichen werden. Um Steroide einzusparen, kann überlappend die Erhaltungstherapie mit Azathioprin (1–2 mg/kgKG) beginnen. Die Gabe des Immunsuppressivums setzt allerdings eine negative EBV-Serologie voraus, weil eine Infektion mit dem Erreger das Risiko für schwere Verläufe erhöht. Ziel ist eine Monotherapie nach sechs bis zwölf Monaten, es besteht allerdings die Option, ­Steroide niedrig dosiert im Rahmen einer Kombinationstherapie weiterlaufen zu lassen. Alternativen bei Unverträglichkeit gegenüber Azathio­prin sind 6-Mercapto­purin oder Mycophenolat-Mofetil.

Ein Auslassversuch sollte nur bei langfristig stabiler Remission und unter engmaschiger Laborwertkontrolle erfolgen, schreiben Dr. Weltzsch und Kollegen. Die Langzeitprognose ist bei konsequenter Therapie und Überwachung in spezialisierten Zentren gut. Ungünstig sind ein mangelhaftes Ansprechen auf die Immunsuppression und eine etablierte Zirrhose bei Erstdiagnose.

Quelle: Weltzsch JP et al. Inn Med 2023; 64: 655-667; DOI: 10.1007/s00108-023-01519-9

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Histologisch sind die Autoimmunhepatitis (im Bild) und medikamenteninduzierte Leberschäden oft schwer zu unterscheiden. Histologisch sind die Autoimmunhepatitis (im Bild) und medikamenteninduzierte Leberschäden oft schwer zu unterscheiden. © Science Photo Library/CNRI