Aktuelles zu hepatologischen Autoimmunkrankheiten

Dr. Anja Braunwarth

Eine Autoimmunhepatitis lässt sich nur mit einer dauerhaften Medikamenteneinnahme in den Griff bekommen. Eine Autoimmunhepatitis lässt sich nur mit einer dauerhaften Medikamenteneinnahme in den Griff bekommen. © Science Photo Library/CNRI

Fehlgeleitete Immunreaktionen machen auch vor Leber und Gallenwegen nicht halt. Bei der autoimmunen Hepatitis steht die Entzündung im Fokus, bei den Cholangi­tiden das drohende Karzinom.

 Jeder Patient braucht eine Therapie und das meist lebenslang. So lautete die erste Schlüsselempfehlung für Erwachsene mit einer Autoimmunhepatitis (AIH) von Professor Dr. Peter­ Fickert­, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie am LKH-Universitätsklinikum Graz. Seine weiteren Kernbotschaften zur Therapie:

  • Mit Steroiden induziert man die Remission.
  • Azathioprin (AZA) ist die erste Wahl in der Erhaltungstherapie.
  • Ein Steroidtapering wird individualisiert durchgeführt.
  • Bei AZA-Nebenwirkungen erfolgt der Wechsel auf 6-Mercapto­purin.
  • Zum Management gehört die Überwachung auf ein hepatozelluläres Karzinom (HCC).

Je schneller die Patienten auf die Steroidtherapie ansprechen, umso größer sind die Chancen auf eine Remission. In einer Studie zeigte sich, dass acht Wochen nach Einleitung der Behandlung ein signifikantes Absinken (> 80 %) der AST mit einer Normalisierung der Trans­aminasenspiegel in den Wochen 26 und 52 assoziiert war. Daten zur ALT liegen nicht vor.

Krebscheck ein- bis zweimal im Jahr

Die Dosis sollte aber ­immer so niedrig wie möglich (< 0,5 mg/kgKG/Tag) gehalten werden. Das gilt auch für die akute schwere AIH, wo bei höheren Dosen Infektionen drohen. Generell erhöht sich ab 5 mg/kg/Tag die Gefahr für Diabetes und Katarakt. Bereits bei einer Prednisolondosis von weniger als 5 mg steigt das Frakturrisko.

Dass bei der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) ein erhebliches Karzinomrisiko besteht, ist klar. Aber wie sieht die beste Überwachungsstrategie aus? Dazu gibt es ein neues Expertenstatement, das Prof. Fickert für sehr praktikabel hält. Patienten unter 20 Jahren oder solche mit Small-Duct-PSC brauchen zunächst keine derartige Überwachung. Alle Patienten ab dem 20. Lebensjahr und diejenigen mit einer klassischen (Large-Duct-)PSC sollte man alle sechs bis zwölf Monate auf ein cholangiozelluläres Karzinom (CCC) oder Gallenblasenkarzinom untersuchen. Zum Check dienen Sono, CT oder MRT, evtl. ergänzt durch die Messung von CA19-9. Prof. Fickert­ bevorzugt wegen der hohen Sensitivität das MRT.

Verschlechtern sich die Leberwerte, steigt das CA19-9 oder entwickeln sich dominante Strikturen, raten die Experten zur ERCP mit Bürstenzytologie. Bei Gallenblasenpolypen > 8 mm heißt es: die Cholezystektomie erwägen. Das unterscheidet sich von der früheren Lehrmeinung, dass jeder Polyp in der Gallenblase sofort eine OP nötig macht. „Heute wissen wir es besser. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass eine Gallenblasenentfernung auch nicht ohne Risiken­ ist“, erklärte der Referent.

Wann zum Spezialisten?

Patienten mit einer Autoimmunhepatitis sollten in ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden, wenn
  • Unklarheiten in Diagnose oder Therapie bestehen
  • ein akutes Leberversagen eintritt
  • die Hepatitis sich akut fulminant präsentiert
  • sie schwanger sind
  • sie nicht auf die Zweitlinientherapie ansprechen
  • ein Ende der Behandlung geplant ist
  • es Zeichen für einen Overlap mit primär biliärer oder sklerosierender Cholangitis (PBC, PSC) gibt

PSC und Colitis ulcerosa (CU): Dieses unselige Duo ist wohlbekannt. Es mehren sich aber die Hinweise, dass sich dabei nicht einfach eine PSC auf eine „normale“ CU setzt, sondern dass es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt, die PSC-IBD**. In zwei Studien zeigte sich, dass dieser Phänotyp eher Jüngere betrifft und im Allgemeinen milder verläuft, sodass er seltener mit Biologika behandelt werden muss. „Bei Bauchschmerzen trotz normalem Stuhl kann es sinnvoll sein, mal das Calprotectin zu bestimmen“, so der Tipp von Prof. Fickert. Darüber hinaus gibt es weitere Kennzeichen der PSC-IBD:
  • rechtsseitige Kolitis mit Ausdehnung bis ins Ileum (Backwash-Ileitis), häufig Pankolitis, aber Rektum ausgespart
  • fünffach höheres Risiko für ein kolorektales Karzinom als bei klassischer CU, zehnfach höher im Vergleich zur Normalbevölkerung
  • Diarrhö kann fehlen
Für die PSC-IBD werden Kontrollkoloskopien alle ein bis zwei Jahre empfohlen. Wichtig: Brauchen die Patienten eine Lebertransplantation, sollte die Darmentzündung vorher in Remission kommen, da sie Einfluss auf Funktion und Überleben des neuen Organs nimmt. Eine schwedische Studie sorgte im vergangenen Jahr unter Hepatologen für Aufsehen. Die Autoren prüften in einer retrospektiven Kohortenanalyse den Einfluss von Statinen auf die PSC bei 2914 Patienten mit IBD. Es fand sich unter den Fettsenkern ein deutlich erniedrigtes Mortalitätsrisiko, außerdem sank die Wahrscheinlichkeit für eine Lebertransplantation, woraus die Forscher eine klare Assoziation ableiteten. Das hält Prof. Fickert für überzogen, zumal man auch unter Azathioprin günstige Einflüsse verzeichnete. Eine Indikation für Statine ergibt sich daraus also seiner Ansicht nach nicht.

Depression als häufige Begleiterkrankung

Drei verschiedene AIH-Kohorten wurden auf begleitende Depressionen hin untersucht. Dabei fanden sich Raten bis 30 %. Ein formales psychiatrisches Assessment gab es aber nicht, sodass die echte Prävalenz unklar bleibt. Möglicherweise ist diese Komorbidität aber unterdiagnostiziert. Prof. Fickert riet dazu, auf mögliche Anzeichen zu achten. Allerdings kann die Abgrenzung von Symptomen der Grundkrankheit schwerfallen, sodass man im Zweifel frühzeitig einen Spezialisten hinzuziehen sollte.

Vorsicht mit Obeticholsäure bei Cholestase!

Die Standardtherapie bei der primär biliären Cholangitis (PBC) erfolgt mit Ursodesoxycholsäure (UDCA). In den letzten Jahren haben sich die Forschungen aber zuneh­mend auf die Obeticholsäure (OCA) konzentriert. Im letzten Jahr veröffentlichte Dreijahres-Interims-Daten belegen darunter bei 193 Patienten eine anhaltende Konsolidierung von alkalischer Phosphatase und Bilirubin. Die bekannte Nebenwirkung Juckreiz traf 77 % der Teilnehmer, 33 % litten unter Fatigue. Von 17 Kranken nahm man Leberbiopsien und zu 70–80 % fand sich in der Histologie eine Stabilisierung oder Besserung. Die kleine Fallzahl erlaubt diesbezüglich aber noch keine sicheren Rückschlüsse. Vorsicht ist mit der Substanz bei cholestatischen Patienten geboten. Hier kann es noch sehr spät zur Leberschädigung mit portaler Dekompensation und Organversagen kommen. Die ALT steigt dabei nur geringfügig an, dafür klettert das Bilirubin um ein Vielfaches. Die schon länger diskutierte positive Wirkung von Bezafibrat unterstreicht eine aktuelle japanische Studie mit 118 Patienten. In Kombination mit UDCA besserte sich dadurch die Langzeitprognose. Nach einer Lebertransplantation scheint es sinnvoll, UDCA weiter zu geben. In einer retrospektiven Kohortenanalyse ermittelte man darunter eine um etwa 30 % verringerte Sterblichkeit, die Gefahr für einen Organverlust sank um knapp 70 %.

Quelle: 9. Hepatologie-Update-Seminar*

* Online-Veranstaltung
** inflammatory bowel disease

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Eine Autoimmunhepatitis lässt sich nur mit einer dauerhaften Medikamenteneinnahme in den Griff bekommen. Eine Autoimmunhepatitis lässt sich nur mit einer dauerhaften Medikamenteneinnahme in den Griff bekommen. © Science Photo Library/CNRI