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Chronische Hepatitiden unter Kontrolle bringen

In jüngster Zeit ergaben mehrere Reviews weltweite Prävalenzraten für die Hepatitis D von 0,8 bis knapp 1 % der Weltbevölkerung. Das wären schlimmstenfalls über 70 Millionen Menschen und damit läge die Infektion etwa gleichauf mit der Hepatitis C. „Diese Zahlen widersprechen jeder klinischen Erfahrung, hier dürfte ein großer Bias bestehen“, erklärte Professor Dr. Heiner Wedemeyer von der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
Eine neue, statistisch erheblich bessere Analyse kommt nun auf eine Zahl von 12 Millionen weltweit, was Prof. Wedemeyer für realistisch hält. „Wir müssen also davon ausgehen, dass die Infektion mit dem Hepatitis D-Virus (HDV) viel häufiger ist als gedacht. Der Gastroenterologe empfahl daher, jeden HBsAg-positiven Patienten wenigstens einmal auf anti-HDV zu testen. Außerdem gibt es bestimmte Risikogruppen, die sich gehäuft mit HDV koinfizieren (s. Kasten).
Gruppen mit besonders hohen HDV-Prävalenzen
- i.v.-Drogenabhängige
- Männer, die Sex mit Männern haben
- Dialysepatienten
- HIV-Positive
- Sexarbeiter
- Hepatitis-C-Infizierte
- Zirrhotiker
- Patienten mit hepatozellulärem Karzinom
Einzige Therapieoption ist pegyliertes Interferon-α
Bei HDV-RNA-Positiven ohne Zirrhose zum Beobachtungsbeginn betrug das kumulative Risiko, frei von Komplikationen zu bleiben, nach fünf und zehn Jahren 81,9 % bzw. 86,4 %. Wenn noch kein narbiger Leberumbau vorliegt, lässt sich also nach Aussage des Referenten ein abwartendes Verhalten rechtfertigen. HDV ist nicht nur aggressiv, sondern zudem extrem zäh. So persistiert es z.B. nach einer Lebertransplantation. Jetzt zeigen aktuelle Befunde, dass der Erreger bei einer Zellteilung der Hepatozyten trotz antiinfektiver Therapie nicht nur erhalten bleibt, sondern sogar amplifiziert. Das könnte späte Rückfälle nach erfolgreicher Behandlung erklären, eine Heilung lässt sich nur schwer erreichen. Auch bedeutsam: Das virale Doppel erhöht die Gefahr für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) stärker als die HBV-Monoinfektion, unabhängig von einer Zirrhose. Als einzige Behandlungsoption gibt es bislang pegyliertes Interferon-α (PEG-INF-α), neue, gezielt antivirale Medikamente befinden sich in der Erprobung. PEG-INF-α sollte man primär über 48 Wochen geben, je nach HBsAg-Kinetik wird dann über eine Verlängerung entschieden. Wegen der (späten) Rezidivgefahr riet Prof. Wedemeyer zur langfristigen Nachbeobachtung.Engmaschiges HCC-Screening bei einem Drittel verzichtbar
Bei alleiniger HBV-Infektion senkt die antivirale Therapie mit Entecavir oder Tenofovir das HCC-Risiko – aber nicht auf 0. Muss man nun alle sechs Monate darauf screenen? Zur Beantwortung dieser Frage wurden verschiedene Scores evaluiert, die z.B. Geschlecht, Thrombozytenzahl, Alter, oder Elastographiebefunde berücksichtigen. Daraus ließ sich ablesen, dass etwa bei einem Drittel der Patienten engmaschige HCC-Screenings verzichtbar wären. Die Umsetzung in den klinischen Alltag erfolgte aber bislang noch nicht. Ein neuer Marker in der Diagnostik ist die HBV-RNA, die mit der intrahepatischen Viruslast korreliert. Ihr Nachweis belegt, dass trotz unterdrückter HBV-DNA keine vollständige Suppression der Entzündung vorliegt. Bei der Interpretation muss man aber Transaminasen, HBeAg-Status, HBV-Genotp und Core-Promotormutationen mit berücksichtigen, betonte Prof. Wedemeyer. Seiner Ansicht nach könnte der Parameter vor allem dazu dienen, über einen Stopp der Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga zu entscheiden. Zur Hepatitis-C-Prävalenz gibt es gute Daten – für Erwachsene. Nun befasste sich eine erste Datenanalyse mit Kindern, berichtete Professor Dr. Christoph Sarrazin von der Medizinischen Klinik II am St. Josefs-Hospital Wiesbaden. Daraus lässt sich die Häufigkeit der replikativen HCV-Infektionen auf weltweit 3,3 Millionen abschätzen, in Deutschland sind es erfreulicherweise „nur“ etwa 3700. Da nun einige direkt antivirale Therapien die Zulassung ab dem dritten Lebensjahr haben, hilft die Kenntnis über die Anzahl potenziell betroffener Kinder dabei, effektive HCV-Eliminationsstrategien zu entwickeln. Viel Unklarheit herrscht nach wie vor bei den Übertragungswegen. In 80 % der Fälle weiß man nicht, wie und wo die Infektion erworben wurde. Unter den restlichen findet sich zu drei Vierteln ein i.v.-Drogenkonsum als verantwortlicher Faktor, Blut und Blutprodukte spielen keine wesentliche Rolle mehr. „Das wird bis zur geplanten Ausrottung des Virus in 2030 auch so bleiben“, sagte Prof Sarrazin. Daher muss man die Bemühungen vor allem auf diese Patientengruppe konzentrieren. Die Reinfektionsrate liegt allerdings unter Drogenabhängigen niedriger als erwartet. In größter Gefahr für ein erneutes Geschehen schweben stattdessen Männer, die Sex mit Männern haben.Hepatitis B von Impfung unbeeindruckt
Quelle: 9. Hepatologie-Update-Seminar*
* Onlineveranstaltung
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