Progression der primären biliären Cholangitis lässt sich mit Gallensäure deutlich bremsen

Dr. Dorothea Ranft

Die portale Inflammation und Granulome zählen zu den typischen histologischen Merkmalen der PBC.
Die portale Inflammation und Granulome zählen zu den typischen histologischen Merkmalen der PBC. © wikimedia/Nephron

Zwei von drei Kriterien sind nötig, um eine primär biliäre Cholangitis zu diagnostizieren. Therapeutisch hilft meist eine physiologische Gallensäure – sie kann die transplantationsfreie Überlebenszeit deutlich verlängern.

Die „primär biliäre Cholangitis“ (PBC) beruht auf einer chronischen nicht-eitrigen granulomatösen Entzündung der Gallenwege. Mit einem Anteil von 90 % erkranken überwiegend Frauen – meist im fünften Lebensjahrzehnt. Man nimmt an, dass eine Interaktion zwischen genetischen und Umweltfaktoren die PBC auslöst. Als begünstigend gelten Nikotinabusus und rezidivierende Harnwegsinfekte. Die alte Bezeichnung „primär biliäre Zirrhose“ ist obsolet.

Baby trotz PBC?

Für Patientinnen mit gut kontrollierter PBC ohne fortgeschrittene Fibrose gilt eine Schwangerschaft als sicher. Allerdings treten möglicherweise vermehrt perinatale Komplikationen auf. Ursodeoxycholsäure kann während der Gravidität in gleicher Dosis weiter genommen und sollte auch in der Stillzeit weiterhin verabreicht werden.

Diagnostik

Während die PBC früher oft erst im Zirrhosestadium diagnostiziert wurde, fällt ein Großteil heute durch erhöhte Leberwerte oder bei der Abklärung unspezifischer Symptome bereits frühzeitig auf, heißt es in der Leitlinie „Autoimmune Lebererkrankungen“ der DGVS*. Die Diagnose steht, wenn ein Patient mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt (s. Kasten).

Diagnosekriterien

Zwei von drei Kriterien müssen vorliegen, um eine PBC zu diagnostizieren:
  • chronisch erhöhte Cholestaseparameter über mehr als sechs Monate
  • antimitochondriale Antikörper bzw. PBC-spezifische antinukleäre Antikörper
  • typische Histologie

Die Leberspezialisten empfehlen, nach typischen Begleitbeschwerden wie Sicca-Symptomen, Fatigue, Arthralgien, Pruritus und autonomer Dysfunktion zu fragen. Vor allem die Fatigue, an der mehr als 40 % der Patienten leiden, und der chronische Juckreiz (≤ 70 %) können die Lebensqualität massiv einschränken – bis hin zur Suizidalität. Außerdem gelten sie als schlechte Prognosefaktoren und die Patienten müssen enger überwacht werden. In fortgeschrittenen Stadien kommt es auch vermehrt zu Knochenschmerzen und Frakturen (Osteoporose). Während der körperlichen Untersuchung zeigen sich potenziell Xanthelasmen. Ein cholestatischer Pruritus manifestiert sich zwar primär auf unveränderter Haut, führt aber unter Umständen zu Exkoriationen und Prurigo nodularis. Schließlich gilt es, auf Leberhautzeichen wie Zirrhose oder portale Hypertension zu achten. Zur Initialdiagnostik gehört selbstverständlich die abdominelle Sonographie, sie dient dem Ausschluss obstruktiver Gallenwegserkrankungen, deckt vergrößerte Lymphknoten auf (häufig, aber nicht spezifisch) und ermöglicht eine Einschätzung des Stadiums (Zirrhose?). Eine nicht-invasive Messung der Lebersteifigkeit mit Scherwellen-Elastographie kann den Zirrhosenachweis verbessern. Die Leberbiopsie wird im Falle von unklarer Diagnose, sehr jungen Patienten und relevanter Zusatzerkrankung wie z.B. nicht-alkoholische Fettleberhepatitis oder toxische Leberschädigung benötigt. Mit ihrer Hilfe lässt sich bei deutlich erhöhten Transaminasen bzw. IgG ein Überlappungssyndrom mit der Autoimmunhepatitis ausschließen. Die Einteilung der Histo erfolgt nach Ludwig oder Scheuer. Zur Abklärung entzündlicher Gelenkbeschwerden raten die Autoren zu einem Screening auf Rheumafaktoren und Antikörper gegen citrullinierte Peptide. Aufgrund der ausgeprägten Assoziation zwischen PBC und autoimmuner Thyreoiditis sollte man den TSH-Spiegel kontrollieren, bei Auffälligkeiten auch Thyreo­peroxidase-Antikörper.

Therapie

Zur Behandlung plädiert die Leitlinie für eine dauerhafte Einnahme von Ursodeoxycholsäure in einer Dosierung von 13–15 mg/kg KG/Tag. Die physiologische Gallensäure wird in der Regel sehr gut vertragen, störende Stuhlveränderungen bis hin zur Diarrhö lassen sich durch eine langsame Aufdosierung verhindern. Selten auftretende Allergien richten sich meist gegen Zusatzstoffe, sodass eventuell bereits ein Wechsel des Präparats für Abhilfe sorgt. Die Therapie reduziert die prognostisch wichtigen Laborparameter alkalische Phosphatase und Bilirubin, verbessert die Leberhistologie und verlängert das transplantatfreie Überleben. Letzteres dürfte bei guten Respondern im PBC-Frühstadium der Überlebenszeit gesunder gleichkommen, heißt es in der Leitlinie. Für komplementäre Behandlungsoptionen wie grüner Tee oder Silymarin besteht keine Evidenz.

Kontrolle

Den Behandlungserfolg sollte man regelmäßig kontrollieren: Cholestaseparameter und Transaminasen im ersten Jahr nach drei, sechs und zwölf Monaten, später mindestens in jährlichen Abständen. Patienten mit schlechtem Ansprechen tragen laut einer Multicenterstudie ein erhöhtes Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom. Für sie rät die DGVS, eine zusätzliche Lebererkrankung auszuschließen und sie in einem Zentrum mit Transplantationserfahrung zu behandeln. In der Zweitlinie kommt eventuell Obeticholsäure als Kombination mit Ursodeoxycholsäure oder bei Intoleranz auf diese allein infrage.

* Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten S2k-Leitlinie „Autoimmune Lebererkrankungen“ www.awmf.org, AWMF-Reg.Nr. 021/027

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Die portale Inflammation und Granulome zählen zu den typischen histologischen Merkmalen der PBC.
Die portale Inflammation und Granulome zählen zu den typischen histologischen Merkmalen der PBC. © wikimedia/Nephron