Fast jeder zweite Infizierte nutzt den Schutz

Dr. Dorothea Ranft

Im Rahmen des PrEP-Surv-Projekts werden halbjährliche Online-Befragungen zu Gebrauch und Versorgung mit der HIV-Präexpositionsprophylaxe in Schwerpunktzentren durchgeführt. Im Rahmen des PrEP-Surv-Projekts werden halbjährliche Online-Befragungen zu Gebrauch und Versorgung mit der HIV-Präexpositionsprophylaxe in Schwerpunktzentren durchgeführt. © Bowonpat – stock.adobe.com

Prä- und Postexpositionsprophylaxe können vor der Ansteckung mit HIV schützen. Wie viele Infizierte sie nutzen und wie gut sie wirkt, wird regelmäßig in Schwerpunktpraxen abgefragt und publiziert. 

Im Rahmen des PrEP-Surv*-Projekts werden halbjährliche Online-Befragungen zu Gebrauch und Versorgung mit der HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) in Schwerpunktzentren durchgeführt. Alle sind Mitglieder des Netzwerks der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin e.V. (dagnä).
An der aktuellen Erfassung nahmen 29 Zentren teil mit gleichmäßiger Verteilung im Bundesgebiet, schreiben Dr. Daniel Schmidt von RKI in Berlin und Kollegen. Schwerpunkte bestanden in Berlin und Nordrhein-Westfalen, wo auch die meisten PrEP durchgeführt werden.

Insgesamt behandelten die Zentren im 2. Quartal 2023 etwa 24.700 Menschen mit HIV, davon nutzten 11.925 eine Präexpositionsprophylaxe. Während des Beobachtungszeitraums wurden drei HIV-Neuinfektionen zeitlich nach einem PrEP-Beginn registriert. Das entsprach 1,34 % der Erstdiagnosen. Alle ereigneten sich in einer Phase ohne PrEP: Ein Patient hatte eine zweimonatige Therapiepause eingelegt, beim zweiten führte Geschlechtsverkehr unter Drogen (Chemsex) dazu, dass sich der Betroffene nicht um ein Anschlussrezept bemühte und im dritten Fall wurden die Medikamente nicht eingenommen. Die Adhärenz bei anlassbezogener Einnahme oder PrEP-Unterbrechungen stellt also für manche ein Problem dar, was man in der Beratung berücksichtigen sollte.

HIV-Prophylaxe ist verträglicher als befürchtet

Erfragt wurden auch Nebenwirkungen, die zu einer Unterbrechung oder zum Abbruch der PrEP führten. Deren Anteil lag insgesamt bei 2 %. An gastrointestinalen Unverträglichkeiten litten 1 % der Nutzer,  an Nierenfunktionsstörungen 0,7 %. Somit kommen diese unerwünschten Effekte relativ selten vor. Die Angst vor unerwünschten Wirkungen ist aber einer der häufigsten Gründe für den Verzicht auf die PrEP. Deshalb sollte man bei der Aufklärung diese Fehlannahmen ausräumen. Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse den effektiven Schutz durch die PrEP, schlussfolgern die Autoren.

Außerdem interessierte bei der Befragung die Haltung der Ärzte zur Präexpositionsprophylaxe von sexuell übertragbaren Infektionen (STI). Sie bezeichnet die prophylaktische Einnahme von 100 mg Doxycyclin vor Risikokontakten. 20 Zentren sahen diese Option kritisch (69 %), waren aber nicht völlig dagegen. In weiteren sechs Zentren (21 %) lehnte man die Doxy-PreP strikt ab und stufte sie als gefährlich ein. 66 % der Einrichtungen führen keine Doxy-PrEP durch.

Auch die Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin (Doxy-PEP) im Verdachtsfall fand wenig Anklang. Gemeint ist damit die Einnahme von 200 mg Doxycyclin innerhalb von 72 Stunden nach einem Risikokontakt. 24 Zentren (83 %) äußerten sich kritisch gegenüber dieser Möglichkeit, ohne sie völlig abzulehnen. Zwei Zentren sprachen sich absolut dagegen aus, zwei weitere befürworteten die Methode. 62 % sagten, sie nutzten sie gelegentlich oder in Ausnahmefällen. Insgesamt betrachtet sind Doxy-PrEP und -PEP ohne Erregernachweis problematisch, erklärt dazu das Autorenteam.

Meningokokkenimpfung als Schutz vor Gonorrhö?

Denn ein übermäßiger Gebrauch von Antibiotika könnte die Resistenzentwicklung fördern. Auch die Deutsche STI-Gesellschaft plädiert deshalb für eine Beschränkung auf Einzelfälle. Untersucht wird derzeit noch, ob sich durch eine Impfung gegen Meningokokken der Gruppe B auch ein Schutz vor Gonorrhö erzielen lassen könnte. Die Daten dazu sind widersprüchlich: Studien aus den USA und Australien legten eine Schutzwirkung des Vier-Komponenten-Impfstoffs von 30 % bis 40 % nahe. Die im März 2024 präsentierten finalen Ergebnisse der Doxyvac-Studie konnten einen solchen Effekt nicht eindeutig bestätigen.

* Surveillance der Versorgung mit der HIV-Präexpositionsprophylaxe innerhalb der GKV in Deutschland

Quelle: Schmidt D et al. Epid Bull 2024; 13: 3-10; DOI: 10.25646/12001

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