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Faulende Follikel: Diagnose und Therapie der schweren Acne inversa

Die Acne inversa – oder Hidradenitis suppurativa – ist eine chronisch-endzündliche Hauterkrankung, die von den Haarfollikeln ausgeht. Das klinische Bild charakterisieren follikulär gebundene Pusteln, rezidivierende schmerzhafte Knoten, Abszesse, Fistelgänge und Narben. Der Schweregrad richtet sich nach den 1989 von Hurley vorgeschlagenen Stadien. Ein generelles Problem der Erkrankung ist, dass nachdem die ersten Beschwerden etwa in den Zwanzigern auftreten, im Schnitt noch sieben Jahre bis zur Diagnosestellung vergehen, so Anna Schuch und Kollegen von der Dermatologischen Universitätsklinik am Biederstein, München.
Klassifikation nach Hurley | ||
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Stadium | Krankheitsbild | Therapie |
Hurley I (mild) | Solitäre oder multiple Abszesse ohne Fistel- oder Narbenbildung | topische Therapie der entzündlichen Läsionen, desinfizierende Waschlotion, nur bei tiefsitzenden Abszessen systemische Antibiotika-Therapie bzw. lokale Exzisionen |
Hurley II (moderat) | Einzelne oder multiple Abszesse mit Strang-, Fistel- und Narbenbildung | anfangs evtl. noch topische Therapie, sonst systemische Behandlung mit Antibiotika oder Biologika, desinfizierende Waschlotion, wenn nötig radikale operative Behandlung |
Hurley III (schwer) | Diffuser Befall einer oder mehrerer Regionen mit Abszessen, miteinander verbundenen Fistelgängen und Narbensträngen | systemische Behandlung mit Antibiotika oder Biologika, desinfizierende Waschlotion, wenn nötig radikale operative Behandlung |
Auch unter dem Busen nachschauen
Die für die Diagnose wichtigen Prädilektionsstellen liegen axillär, inguinal, perigenital, perianal. Da die Betroffenen überwiegend weiblich sind (ca. 3:1 im Vergleich zu Männern), sollte auch der submammäre Bereich inspiziert werden.
In der Pathogenese der Acne inversa kommen wahrscheinlich mehrere Faktoren zusammen. Dazu gehören ein Verschluss des follikulären Ausführungsgangs, genetische Prädisposition, eine gestörte bakterielle Besiedlung sowie eine Fehlregulation des angeborenen und adaptiven Immunsystems. Zusätzlich weiß man, dass die Mehrheit der Betroffenen raucht und an Übergewicht bzw. einem metabolischen Syndrom leidet. Beides korreliert mit der Ausprägung der Acne inversa und ist mit einer vermehrten Freisetzung proinflammatorischer Zytokine verbunden. Deren generell erhöhte Level bei Betroffenen liefern schon im proläsionalen Stadium Hinweise auf eine frühe immunologische Störung. Therapeutisch hat man sich dies mittlerweile für eine zielgerichtete Therapie, z.B. mit TNF-α-Blockern, zunutze gemacht. Primär bestimmt aber der Schweregrad der Acne inversa, wie sich das therapeutische Vorgehen gestaltet.
Für die topische Therapie eignet sich Clindamycin 1 %, das für einen Zeitraum von drei Monaten als Lösung oder Gel zweimal täglich aufgetragen wird. Es wirkt allerdings nur bei oberflächlichen Entzündungen. Tiefsitzende Abszesse sowie moderate bis schwere Verläufe erfordern dagegen eine systemische Antibiose. Therapie der Wahl ist in diesen Fällen die Kombination von Clindamycin und Rifampicin oral in einer Dosierung von 300 mg zweimal täglich über zehn bis zwölf Wochen. Neben der antibakteriellen Wirkung haben beide Antibiotika auch immunmodulatorische Eigenschaften, die sich gegen TNF-α und IL-1β richten. Gastrointestinale Nebenwirkungen verhindern allerdings oft die ausreichend lange Anwendung.
Studien mit Antikörpern gegen IL-23, IL-17 und IL-1β
Eine gute Option bietet daher der s.c. injizierte TNF-α-Antikörper Adalimumab, der bereits seit 2015 eine Zulassung besitzt. Das Therapieregime sieht eine intitial erhöhte Dosis vom 160 mg vor, die nach zwei Wochen auf 80 mg reduziert und nach Woche 4 mit wöchentlich 40 mg fortgeführt wird. Zwar sprachen Betroffene in den Zulassungsstudien sehr gut an, der Anteil war aber auf 42 bzw. 59 % der Patienten limitiert. Daten zur TNF-α-Hemmung mit Infliximab sowie zur Blockade von IL-23p19, IL-17 und IL-1β, namentlich mit Ustekinumab, Tildrakizumab, Guselkumab, Risankizumab, Secukizumab, Ixekizumab sowie Anakinra, beschränken sich bisher auf niedrige Fallzahlen, teilweise laufen bereits kleine Studien.
Wenn ein Eingriff nötig wird, muss er radikal sein
Bei strukturellen Veränderungen wie Fistelgängen, kontrakten Narben und irreversiblen Gewebedestruktionen ist eine Operation der einzige Weg. Mit der Inzision und Drainage entzündeter Knoten im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf ist das Rezidiv vorprogrammiert. Nach radikaler Resektion und sekundärer Wundheilung dagegen gab es in 72 % der Fälle einen komplikationslosen Verlauf. Immerhin waren 80 % der Patienten mit dem operativen Ergebnis zufrieden.
Quelle: Schuch A et al. Akt Dermatol 2019, 45: 277-287; DOI: 10.1055/a-0885-5152
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