Fettleber und Fibrose ernster nehmen

Birgit Maronde

Bei Patienten mit hepatischer Steatose lagern die Leberzellen vermehrt Fett (hellgelb) ein. Bei Patienten mit hepatischer Steatose lagern die Leberzellen vermehrt Fett (hellgelb) ein. © Science Photo Library / Gschmeissner, Steve; kolonko – stock.adobe.com;

Jeder Diabetes­patient sollte im Hinblick auf eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung gescreent werden. Zum einen steigert sie das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, zum anderen erhöht eine fortgeschrittene Fibrose die Gefahr, ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln.

In der Allgemeinbevölkerung haben 20–30 % der Menschen eine nicht-alkoholische Fettleber, von den Diabetespatienten sind es dagegen bis zu 70 %, berichtete Prof. Dr. Jörg Bojunga von der Medizinischen Universitätsklinik I in Frankfurt. In bis zu 30 % der Fälle entwickelt sich aus der Fettleber eine NASH, also eine nicht-alkoholische Steatohepatitis, die mit fibrotischen Veränderungen einhergehen kann. Sie mündet zu 35–47 % in eine Zirrhose und die wiederum zu 7–13% in ein hepatozelluläres Karzinom (HCC).

Krebsrisiko steigt schon bei fortgeschrittener Fibrose

Vor 20 Jahren hat man nur bei Patienten mit Leberzirrhose nach einem HCC geschaut, das ist heute anders, erklärte der Kollege. Mittlerweile weiß man, dass Patienten mit nichtalkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) auch dann ein erhöhtes HCC-Risiko haben, wenn „nur“ eine fortgeschrittene Fibrose vorliegt. Angesichts der Häufigkeit einer Fettleber bei Diabetespatienten bedeutet dies, dass man bei ihnen routinemäßig nach einer Fettleber bzw. Fibrose suchen sollte, um frühzeitig therapeutisch eingreifen zu können.

Zwar lässt sich eine Fettleber mittels Sonografie gut darstellen. Erforderlich ist der Schall allerdings nicht, da man den sogenannten Fatty-liver-Index (FLI) ermitteln kann.1 Er wird anhand der folgenden Parameter berechnet­:

  • Größe (cm)
  • Körpergewicht (kg)
  • Taillenumfang (cm)
  • Triglyzeride, nüchtern (mg/dl)
  • Gamma-GT, nüchtern (U/l)

Bei einem FLI > 60 ist nicht nur das Risiko des Patienten für eine Atherosklerose erhöht, sondern auch für kardiovaskuläre Endpunkte. Ein solcher Wert signalisiert einen kardiovaskulären Hochrisikopatienten unabhängig von HbA1c und auch LDL, betonte Prof. Bojunga. Er zitierte eine asiatische Studie, in der ein FLI > 60 bei Typ-2-Diabetikern signifikant mit einer erhöhten Gesamtsterblichkeit und einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre und Lebererkrankungen sowie Karzinome assoziiert war. 

Will man eine Fibrose nachweisen, kann man sich weder auf einzelne Laborparameter noch auf den Ultraschall verlassen. Eine Option ist u.a. der FIB-4-Index. Er setzt sich zusammen aus Alter, GOT, GPT und Thrombozytenzahl. Beim FIB-4+ kommt der Albuminwert hinzu, um das Risiko einer portalen Hypertension vorauszusagen. Empfohlen wird der FIB-4 bei

  • Patienten mit Prädiabetes und Typ-2-Diabetes
  • Nicht-Diabetikern, die zwei andere Komponenten des metabolischen Syndroms aufweisen, etwa einen BMI > 29,9 oder eine (medikamentös behandelte) Dyslipidämie bzw. Hypertonie
  • polyzystischem Ovarsyndrom
  • obstruktivem Schlafapnoesyndrom
  • konstant erhöhter GOT oder GPT
  • per Bildgebung oder Histologie diagnostizierter Fettleber

Liegt der Index < 1,3, genügt es, ihn einmal im Jahr neu zu errechnen, denn das Risiko, dass eine fortgeschrittene Lebererkankung vorliegt, ist bei solchen Werten extrem gering. Liegt der Index ≥ 1,3, erfolgt die weitere Diagnostik mittels Fibroscan. Mit dem ultraschallbasierten Verfahren kann man die Lebersteifigkeit ermitteln und anhand der gemessenen Werte den Fibrosegrad abschätzen. Bei einem Fibroscan-Wert > 12 kPa (oder einem FIB-4 > 2,67) sollten sich Untersuchungen zur HCC-Früherkennung anschließen. Laut der aktuellen S3-Leitlinie Hepatozelluläres Karzinom ist dafür alle sechs Monate eine qualitätsgesicherte Sonografie sinnvoll. Eine zusätzliche Messung des Alpha-Fetoproteins  wird zwar in der Leitlinie erwähnt, der Kollege schätzt sie aber für die Früherkennung als ungeeignet ein. 

Was kann man bei vorhandener Fettleber und/oder Fibrose therapeutisch tun? Die bei Adipositas und Diabetes sinnvollen Allgemeinmaßnahmen helfen auch bei Fettleber. Sogar sich bewegen ohne abzunehmen ist effektiv. 20 Minuten am Tag reichen schon aus. Allerdings setzen die wenigsten NAFLD-Patienten solche Lebensstiltipps dauerhaft um. Spezifische Medikamente gibt es nicht und sie werden so bald auch nicht zugelassen, meinte Prof. Bojunga.

Die Möglichkeiten der Diabetestherapie ausschöpfen

Ein Ansatz besteht jedoch darin, die Diabetestherapie zu optimieren. SGLT2-Inhibitoren und GLP1-­Agonisten haben in Studien einen positiven Einfluss auf Leberfettgehalt und Inflammation gezeigt. GLP1-Analoga scheinen auch eine positive Auswirkung auf die NAFLD und die Fibroseentstehung zu haben, wie eine prospektive Kohortenstudie mit 1.765 Typ-2-Diabetikern zeigte. 262 Teilnehmer standen unter einer Therapie mit Liraglutid und bei ihnen war nach zwölf Monaten die Prävalenz einer fortgeschrittenen Leberfibrose geringer. „Den günstigen Effekt könnte man nutzen“, meinte Prof. Bojunga.

Ähnlich sehe es für die SGLT2-Inhibitoren aus. Metformin wirkt dagegen nicht auf die Fettleber. In Kohortenanalysen senkte die Substanz zwar das HCC-Risiko, aber: Kohortenstudien sind keine kontrollierten Studien, erinnerte der Kollege.

*    rechnersammlung.de/fli

Quelle: Kongressbericht 18. Diabetologie-Update-Seminar

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