Frostige Vergiftung: Kälteschmerz nach Fischgenuss

Michael Koczorek

Durch den vermehrten Genuss schwimmender Exoten wird eine Vergiftung mit den hochpotenten Ciguatoxinen (CTX) wahrscheinlicher. Durch den vermehrten Genuss schwimmender Exoten wird eine Vergiftung mit den hochpotenten Ciguatoxinen (CTX) wahrscheinlicher. © fotolia/S. Engels

Von Missempfindungen und Kälteschmerz bis hin zur Ohnmacht: Charakteristisch für die Ciguatera-Fischvergiftung sind ihre neurologischen Symptome. Befallene Fische werden auch in Deutschland verkauft und man muss mit einer Zunahme der Vergiftungen rechnen.

Ein typischer Fall: Schmerzen und kribbelnde Missempfindungen in den Beinen raubten der 44-jährigen Patientin den Schlaf. Als die Beschwerden nach drei Tagen nicht verschwanden und sich sogar an Händen und Lippen bemerkbar machten, überwies sie ihr Hausarzt an die neurologische Notfallambulanz. Fisch habe sie gegessen, ihr Mann sei ebenfalls betroffen, so die Frau. Besonders unangenehm war der Kontakt mit kaltem Wasser, der brennende Schmerzen auslöste. Zusätzliche gastrointestinale Beschwerden legten den Verdacht einer Fischvergiftung nahe.

Giftiger Fisch sieht unauffällig aus und schmeckt normal

Die neurologischen Untersuchungen ergaben mittellebhafte Muskeleigenreflexe an den Armen und abgeschwächte an den Beinen. Deutliche Schmerzreaktionen zeigte die Frau auf Kältereize, während ihre Körpertemperatur 36,1 °C betrug. Während des Aufenthalts besserten sich die Symptome ohne therapeutische Maßnahmen, nach einer Woche war sie nahezu beschwerdefrei.

Dr. Miriam Friedemann vom Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin, und ihre Kollegen rechnen mit einer Zunahme solcher Fälle. Durch den vermehrten Genuss schwimmender Exoten wird eine Vergiftung mit den hochpotenten Ciguatoxinen (CTX) wahrscheinlicher, so die Experten. Selbst wenn schwere Verläufe und Todesfälle mit 0,5 % eher selten auftreten, sollten Ärzte die charakteristischen Früh- und Spätsymptome kennen. Die Patientin konsumierte Filets des südostasiatischen Schnappers, den sie in einer deutschen Großstadt kaufte. In dem Fisch hatte sich das hochpotente CTX angereichert. Die von Mikroalgen produzierten Biotoxine sind optisch und geschmacklich nicht zu erkennen und lassen sich weder durch Erhitzen noch durch Tiefkühlen oder Magensäure zerstören. Labormethoden zum Nachweis von Ciguatoxinen existieren bisher kaum. Was die Symptome betrifft, berichten die Patienten bereits in der ersten Stunde nach dem Fischverzehr von einem Brennen in der Mundschleimhaut. Es kommt zu unspezifischen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Unwohlsein oder Diarrhö, die an eine Lebensmittelvergiftung erinnern.

Die Ciguatera charakterisiert sich durch eine Hypothermie, die Patienten oftmals als Kältegefühl erleben. In den folgenden 24 Stunden entwickelt sich ein diffuser Pruritus und die pathognomische Kälteallodynie. 90 % der Betroffenen berichten von brennenden und schmerzhaften Missempfindungen nach Kältekontakt. Die Kälteschmerzen entsprechen zunächst einem distalen Polyneuropathie-Syndrom in Händen und Füßen, perioral sind häufig Lippen, Haut und Schleimhäute involviert.

Auch Juckreiz spricht für eine Ciguatera

Weitere neurologische Frühsymptome sind Muskelschmerzen, Muskelschwäche und Parästhesien. Bei chronischen Verläufen dominiert ein diffuser Pruritus. Als Differenzialdia-gnosen sind durch Enterotoxine ausgelöste Gastroenteritiden abzugrenzen. Wenn die neurologischen Symptome dominieren und die gastrointestinalen Beschwerden überdauern, raten die Experten zur neurologischen Abklärung. Dabei sollten eine aku­te Polyneuritis, insbesondere das Guillain-Barré-Syndrom, im Hinterkopf behalten werden. Pathognomonisch für eine Ciguatera bleiben Kälteallodynie und Pruritus.

Quelle: Friedemann M et al. Fortschr Neurol Psychiatrie 2017; 85: 611-615

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Durch den vermehrten Genuss schwimmender Exoten wird eine Vergiftung mit den hochpotenten Ciguatoxinen (CTX) wahrscheinlicher. Durch den vermehrten Genuss schwimmender Exoten wird eine Vergiftung mit den hochpotenten Ciguatoxinen (CTX) wahrscheinlicher. © fotolia/S. Engels