Frühe Intervention ist beim infantilen Hochrisiko-Hämangiom von Vorteil

Hämangiome treten bei Kindern mit einer Häufigkeit von 2,6–4,5 % auf. Die Tumoren sind zwar an sich benigne, bei Hochrisiko-Geschwulsten besteht allerdings die Gefahr für
- bleibende Residuen (später häufiger Behandlungsgrund),
- lebensbedrohliche Komplikationen,
- funktionelle Beeinträchtigungen,
- Ulzerationen sowie
- assoziierte Probleme (PHACE- oder LUMBAR-Syndrom).
Ein kleiner Patient mit Risiko-Hämangiom sollte daher am besten schon im ersten Lebensmonat einer Therapie zugeführt werden.1 Das ist zum Beispiel bei segmentalen Hämangiomen der Fall, erläuterte Dr. Martin Theiler Pang vom Universitätskinderspital in Zürich. Bei diesen muss man mit assoziierten Anomalien, Ulzerationen und bleibenden Residuen rechnen. Blutschwämmchen am behaarten Kopf, am Hals, im perioralen, perinealen und perianalen Bereich oder in den Intertrigines gehen mit einem erhöhten Risiko für Ulzerationen einher.
Hohes Risiko möglichst rasch ermitteln
Für die zeitnahe Therapie spricht, dass entgegen früherer Vorstellungen Hämangiome typischerweise in den ersten drei Monaten am stärksten wachsen. In dieser Zeit erreichen 80 % ihre maximale Größe, die Mehrzahl der Hämangiome ist im fünften Lebensmonat ausgewachsen und die Involution mit fünf Jahren abgeschlossen, erklärte Dr. Theiler.
Hochrisiko-Hämangiome sollten nur von Spezialisten behandelt werden. Die Entscheidung zur Überweisung wird durch einen validierten Fragebogen2 erleichtert, der im Internet auch in Deutsch erhältlich ist. Der Infantile Hemangioma Referral Score (IHReS) besteht aus zwei Teilen mit insgesamt zwölf Fragen zu funktionellen Beeinträchtigungen, Lokalisation, Zahl und Charakteristika der Hämangiome. Im ersten Teil werden Hochrisikokonstellationen abgefragt. Jede mit einem „Ja“ beantwortete Frage führt zur Empfehlung, einen Spezialisten zurate zu ziehen. Im zweiten Teil können andere Lokalisationen und Wachstumscharakteristika angegeben werden.
Ergibt sich ein Score von mindestens vier Punkten, sollte ebenfalls ein Spezialist aufgesucht werden. Für die übrigen Fälle wird empfohlen, den IHReS bei jedem Folgetermin erneut zu bestimmen und die Entwicklung des Hämangioms zu beobachten. Die Sensitivität des Tests liegt für beide Teile bei etwa 97 %, die Spezifität ist mit 55 % niedriger.
Nicht viel Neues in der Therapie
Systemisches Propranolol gilt weiterhin als Standard-Erstlinientherapie für Risiko-Hämangiome aller Stufen. Der Betablocker wird als sicher angesehen: In vier verschiedenen Kohortenstudien konnte kein negatives Signal hinsichtlich der neurokognitiven Entwicklung von behandelten Kindern entdeckt werden, berichtete Dr. Theiler. Spricht ein Hämangiom nicht ausreichend auf Propranolol an, können systemische Glukokortikoide alleine oder zusammen mit dem Betablocker eingesetzt werden.
Eine topische Option ausschließlich bei kleinen, dünnen und oberflächlichen Hämangiomen ist Timolol (0,5 %, zweimal täglich 1 Tropfen über fünf Monate). Der Wirkstoff ist in Form von Augentropfen erhältlich, für die topische Therapie von Hämangiomen aber nicht zugelassen. Er sollte nicht bei Frühchen oder Kindern mit einem Körpergewicht < 4 kg eingesetzt werden (systemische Aufnahme).
Das Endergebnis einer Hämangiomtherapie hängt entscheidend von ihrem Beginn ab: Startet man mit Propranolol zu spät, sind irreversible Residuen häufig. Optionen sind dann eine chirurgische oder Lasertherapie, die außer bei ausgewählten Patienten eine nachgeordnete Rolle beim Management von infantilen Hämangiomen spielen, betonte Dr. Theiler.
* 27. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie
1. Krowchuk DP et al. Pediatrics 2019; 143: e20183475; DOI: 10.1542/peds.2018-3475
2. Léauté-Labrèze C et al. Pediatrics 2020; 145: e20191628; DOI: 10.1542/peds.2019-1628
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