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Für Patient:innen mit immunologisch aktiven TNBC könnte das Vorteile bringen

TNBC weisen eine hohe Interaktion mit dem Immunsystem auf, erklärte Prof. Dr. Cornelia Kolberg-Liedtke, Universitätsklinikum Essen.1 Es stelle sich jedoch die Frage, welche Patient:innen besonders gut auf die Immuntherapie ansprechen und mit welchen Biomarkern sie sich identifizieren lassen. Auf die Suche nach diesen Erkrankten, für die möglicherweise sogar eine Deeskalation der Chemotherapie eine Option wäre, machten sich die Autor:innen der BELLINI-Studie. Sie prüften darin eine vierwöchige Gabe von Nivolumab +/- Ipilimumab vor neoadjuvanter Chemotherapie (NACT) oder OP bei Personen mit frühem TNBC und tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TiLs).2
„Etwa 60 % der Patient:innen haben biologisch auf die kurze Immuntherapie angesprochen. Die Studie hat also gezeigt, dass eine reine Immuntherapie wirksam ist“, berichtete Prof. Kolberg-Liedtke. Dies deute darauf hin, dass es keiner Chemotherapie zur Freisetzung von Antigenen bedürfe, um die Wirkung der Immuntherapie zu verstärken. Außerdem hatten in der Studie einige Erkrankte hervorragend angesprochen, die nicht mit NACT weiterbehandelt, sondern operiert wurden: So erzielte beispielsweise eine Patientin mit einem T2N0 TNBC nach den jeweils zwei Gaben von Nivolumab und Ipilimumab ein pathologisches komplettes Ansprechen (ypT0 pN0). Auch bei anderen Tumorentitäten wie dem Kolonkarzinom und dem malignen Melanom werde deutlich, dass die Immuntherapie alleine wirksam sein könne und dass möglicherweise in einigen Fällen die Hinzunahme einer Chemotherapie nicht nötig sei, ergänzte Prof. Kolberg-Liedtke.
„Mittlerweile gehen wir aber nicht nur davon aus, dass die Immuntherapie alleine wirksam ist, sondern auch davon, dass sie möglicherweise eine darauffolgende Therapie verstärkt – dass man also eine Art von immunologischem Priming machen könnte“, erklärte die Referentin. Genau dies habe die GeparNuevo-Studie demonstriert. Darin kam ein Monotherapiefenster mit Durvalumab zum Einsatz, das die darauffolgende Chemoimmuntherapie in ihrer Wirkung verstärken konnte. Die Studie verfehlte zwar ihren primären Endpunkt, da Durvalumab insgesamt die pCR-Rate nicht verbessert hatte; allerdings erhielten nach einem Amendment nicht mehr alle Teilnehmenden die Window-Therapie mit Durvalumab oder Placebo, so Prof. Kolberg-Liedtke. „Bei den Patient:innen mit Durvalumab-Window zeigte sich eine Verbesserung der pCR-Rate, wenn Durvalumab auch im weiteren Verlauf dazugegeben wurde – dies könnte man als eine Art immunologisches Priming werten.“ Insbesondere die immunologisch aktiven Tumoren, gemessen an der Expression der TiL, profitierten von der reinen Immuntherapie. Außerdem verbesserte Durvalumab unabhängig vom Erreichen einer pCR das Überleben ohne Fernmetastasen sowie das Gesamtüberleben.
Immunologisches Priming
Auch die Phase-2-Studie NeoMono nutzt ein Window mit einer Immun-Monotherapie, in diesem Fall Atezolizumab – und adressiert die Frage, welche Erkrankten mit nicht-metastasiertem TNBC von einem chemofreien Immuntherapieintervall profitieren.3 Die Untersuchung zum Vergleich einer Atezolizumab-Chemotherapie-Kombination mit oder ohne ein Atezolizumab-Window wurde aufgesetzt, um die Idee des immunologischen Primings ein Stück weiter zu validieren, erklärte Prof. Kolberg-Liedtke. Sie soll auch Biomarker identifizieren, die ein frühes Ansprechen auf Atezolizumab oder eine Resistenz (allein und mit Chemotherapie) vorhersagen.
Prognostischer Marker
Sowohl Prof. Kolberg-Liedtke als auch Prof. Dr. Carsten Denkert wiesen darauf hin, dass im Unterschied zur NACT, wo die pCR ein exzellenter Surrogatmarker für die Prognose ist, die pCR bei einer neoadjuvanten Immuntherapie einen deutlich weniger aussagekräftigen Indikator für die Wirksamkeit einer ICI-Therapie darstellt.
In der nach dem Einschluss von 100 der 450 geplanten Personen durchgeführten Interimsanalyse konnte das Atezolizumab-Monotherapie-Fenster die pCR-Raten nicht verbessern. Die Population wurde außerdem nach dem PD-L1-Status ausgewertet: PD-L1-positive Patient:innen zogen einen signifikanten Vorteil aus der Atezolizumab-Monotherapie. 100 % (12/12) der Teilnehmenden, die die vorangestellte Immunmonotherapie erhalten hatten, erzielten eine pCR gegenüber 52,6 % der PD-L1-negativen. Aufgrund der kleinen Fallzahlen der explorativen Analyse seien die Daten mit Vorsicht zu interpretieren, betonte Prof. Kolberg-Liedtke. Mittlerweile lägen aber die pCR-Daten für alle rekrutierten 430 Personen vor, die Einreichung zum SABCS 2023 sei geplant. Würde sich die Beobachtung im größeren Kollektiv bestätigen, sei dies ein weiterer Hinweis, dass Erkrankte mit immunologisch aktiven Tumoren (gemessen an PD-L1 in NeoMono oder den TiL in GeparNuevo) vom Immunmonotherapiefenster profitieren. Von den Teilnehmenden der NeoMono-Studie ist die Auswertung sowohl von sequenziellen Gewebeproben als auch von Liquid Biopsies geplant, um Antworten auf die Frage zu finden, wie immunologisch aktive Tumoren zukünftig außerdem identifiziert werden könnten.
Prof. Dr. Carsten Denkert, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, lenkte den Blick auf die durch ein Immunmonotherapiefenster induzierte Veränderung der Genexpression, die bei den im Rahmen der GeparNuevo-Studie durchgeführten Analysen von therapieinduzierten Gen- und Pathwayalterationen beobachtet wurden.4 Die Durvalumab-Monotherapie führte zu einer vermehrten Expression von Immungenen und einer reduzierten Expression von Proliferationsgenen, aber auch zu einer Aktivierung von Stroma-Gensets. Letzere mündete in einer niedrigen pCR-Rate und einem schlechteren Überleben und könnte daher einen Indikator für einen Resistenzphänotyp darstellen, so Prof. Denkert. Dies wiederum würde darauf hinweisen, dass die induzierte Desmoplasie die Ursache für die Therapieresistenz darstelle, gab Prof. Arndt Hartmann, Uniklinikum Erlangen, abschließend zu bedenken.5
Quellen:
1. Kolberg-Liedtke C. 42. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag „Welche Patientinnen profitieren von einem chemotherapiefreien Immuntherapieintervall?“
2. Kok M et al. ESMO 2022; Abstract LBA13
3. Kolberg HC et al. SABCS 2022; Abstract PD11-03 und Vortrag in der Poster Discussion Session 11
4. Denkert C. 42. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag: „Biomarker der Immuncheckpointblockade “
5. Hartmann A. 42. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Session: „Personalisierung immunologischer Therapien – Hürden und Chancen für das Mammakarzinom“
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