Gallendiagnose in zehn Minuten

Dr. Dorothea Ranft

Postprandial kontrahierte Gallenblase mit großen Konkrementen. Postprandial kontrahierte Gallenblase mit großen Konkrementen. © Immanuel Albertinen Diakonie/sonographiebilder.de

Eine Gallenkolik ist oft das erste Symptom bisher unbekannter Steine. Sie kann auch auf lebensbedrohliche Komplikationen hinweisen. Zur Differenzierung reichen Kurzanamnese, Basislabor und körperliche Untersuchung.

Den entscheidenden Hinweis auf eine biliäre Gallenkolik liefert schon das Schmerzmuster. Die plötzlich einsetzenden Beschwerden verschlimmern sich zunächst und halten zwischen einer und fünf Stunden an. Sie werden häufig von Übelkeit und Erbrechen begleitet und können kurz nach einer Mahlzeit auftreten. Ein solcher Zusammenhang ist aber ebenso wenig zwingend wie die oft berichtete Intoleranz gegenüber fettigen Speisen. Bei Patienten ohne vor­bekannte Konkremente spricht das Zusammentreffen der folgenden drei Symptome für eine Gallen­kolik:

  • Schmerzen im Epigastrium oder im rechten Oberbauch
  • Ausstrahlen in die rechte Schulter
  • fehlendes Sodbrennen oder mangelnde Besserung nach Stuhlentleerung

Diverse Faktoren begünstigen die Steinbildung – von der Schwangerschaft bis zum raschen Gewichtsverlust (s. Kasten).

Risikofaktoren für Steine

  • erhöhtes Alter, weibliches Geschlecht, Schwangerschaft, Multiparität, Adipositas, familiäre Belastung
  • Insulinresistenz bzw. nicht erkannter Diabetes
  • hämolytische Erkrankungen
  • Gewichtsverlust > 1,5 kg/Woche durch Diät oder bariatrische OP

Mit der klinischen Untersuchung sollte man gezielt nach Warnzeichen für Komplikationen fahnden, schreibt das Autorenteam um Sandra­ Hapca­ von der Universität Aberdeen. An erster Stelle steht die Kontrolle von Puls- und Atemfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur. Der Blick auf Haut und Skleren verrät einen Ikterus, ausgelöst z.B. durch eine akute Hepatitis oder ein Malignom (Pankreas, Gallengang). Weitere wichtige Hinweise liefert die Palpation des Abdomens
  • Eine schmerzhaft tastbare Gallenblase spricht für eine peritoneale Reizung infolge einer akuten Chole­zystitis (Murphy-Zeichen).
  • Eine schmerzlos palpable Vesica biliaris weist auf eine extrahepatische biliäre Obstruktion unklarer Dignität hin (Courvoisier-Zeichen).
Zusätzlich sollten andere potenzielle Schmerzursachen wie basale Pneumonie oder Harnwegserkrankungen ausgeschlossen werden. Bei Frauen im gebärfähigen Alter gehört der Schwangerschaftstest zum Pflichtprogramm.

Alle Patienten sollten eine Sonographie erhalten

Patienten mit Verdacht auf steinbedingte Komplikationen (s. Kasten ) oder mangelndem Ansprechen auf die Schmerzbehandlung bedürfen einer sofortigen stationären Einweisung. Für zunächst ambulant behandelbare Patienten empfehlen die Autoren eine weitere Abklärung beim Hausarzt. Dazu gehört ein Basis­labor mit Cholestaseparametern, eventuell auch Elektrolyten, CRP, Glukose. Außerdem sollten alle Patienten eine Sonographie erhalten. Diese kann Gallensteine mit hoher Sensitivität (> 95 %) und Spezifität (> 98 %) nachweisen und erlaubt Rückschlüsse auf die Prognose: Bei multiplen oder großen Konkrementen (> 10 mm) drohen vermehrt Kolikrezidive.

Zeichen für Komplikationen

  • akute Cholezystitis: Schmerzdauer > 6,5 Stunden, Murphy-Zeichen
  • akute Pankreatitis: Bauchschmerz und Erbrechen, vorbekannte Konkremente, evtl. Alkoholmissbrauch
  • akute Cholangitis: Charcot-Trias, d.h. Schmerz im rechten oberen Quadranten, Ikterus und Fieber (oft mit Schüttelfrost)
  • Cholangiosepsis: Atemfrequenz > 22/min, systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg, eingeschränkte Bewusstseinslage

Zur Schmerzlinderung empfehlen die Autoren primär Paracetamol und NSAR. Letztere wirken bei dieser Indikation ebenso gut wie Opioide und stärker als Spasmolytika. An Kontraindikationen für NSAR ist vor allem die gastrointestinale Blutung zu beachten, die sich ebenfalls mit epigastrischen Schmerzen bemerkbar machen kann. Antibiotika haben bei der unkomplizierten Kolik keinen Platz. Therapie der Wahl für Patienten mit symptomatischen, aber unkomplizierten Konkrementen ist heute die elektive laparoskopische Cholezystektomie. Für Steinträger mit hohem Operationsrisiko kommt eine konservative Therapie in Betracht – allerdings um den Preis einer erhöhten Gefahr für erneute Koliken und Komplikationen (z.B. Cholezystitis). Die Wirkung von Lebensstiländerungen wie fettarme Ernährung und vermehrte Bewegung ist bisher nicht belegt.

Quelle: Hapca S et al. BMJ 2021; 374: n2085; DOI: 10.1136/bmj.n2085

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Postprandial kontrahierte Gallenblase mit großen Konkrementen. Postprandial kontrahierte Gallenblase mit großen Konkrementen. © Immanuel Albertinen Diakonie/sonographiebilder.de