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Genug getan für den Schlaganfallschutz?

Bei rund einem Drittel der ischämischen Schlaganfälle wird Vorhofflimmern festgestellt. Die meisten dieser Ereignisse lassen sich durch orale Antikoagulanzien (OAK) verhindern – eine Option, die immer noch zu wenig bzw. zu lasch genutzt wird, schreibt ein internationales Kardiologenteam mit Blick auf die aktuelle Studienlage. Selbst wenn das Vorhofflimmern keine Symptome verursacht und nur paroxysmal auftritt, ist das Risiko schon deutlich erhöht. Begleitende Faktoren wie höheres Alter, Herzerkrankungen oder Diabetes mellitus bringen die Patienten zusätzlich in Gefahr.
Acteylsalicylsäure allein reicht nicht aus
Viele Ärzte unterschätzen nach wie vor die Bedeutung dieser kardialen Rhythmusstörung, auch das zeigen mehrere Studien deutlich. Unabkömmlich für das weitere therapeutische Vorgehen sind deshalb klinische Risikoscores wie der CHA2DS2, mit dem sich vor allem diejenigen Niedrig-Risiko-Patienten abgrenzen lassen, die trotz Vorhofflimmern tatsächlich keine orale Antikoagulation benötigen. Bei allen anderen Patienten erfordert die Diagnose Vorhofflimmern – egal ob paroxysmal oder permanent – eine orale Antikoagulation. Und die sollte über eine alleinige Acteylsalicylsäure-Gabe deutlich hinausgehen, ermahnen die Autoren.
Meist überwiegt der Nutzen das Risiko
Ein erhöhtes Blutungsrisiko stellt aufgrund des deutlichen Nutzens einer OAK keine absolute Kontraindikation dar, erfordert aber eine erhöhte Wachsamkeit: Bei plötzlich unkontrollierter Hypertonie, gastrointestinalen Blutungen und instabilen INRs müssen die Alarmglocken schrillen. Als den einfachsten und in der Praxis am besten validierten Blutungsrisiko-Score empfehlen die Autoren den HAS-BLED.
Für die Behandlung stehen die Vitamin K-Antagonisten (VKA) Warfarin oder Phenprocoumon und die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) wie Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban zur Auswahl. Kontrollierte klinische Studien belegen für alle Substanzen einen Nutzen, wobei die NOAK dem Klassiker Warfarin in Wirksamkeit und Verträglichkeit gleichwertig oder überlegen waren. Praxisstudien belegen diesen Trend auch für den klinischen Alltag.
Dass die Kollegen an der Front diese Studienevidenz eher zögerlich umsetzen, liegt neueren Erhebungen zufolge vor allem an Bedenken bei Patienten mit Blutungsrisiken. Doch auch diese meist älteren Patienten, die oftmals ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben, profitieren eindeutig von einer OAK, räumen die Kardiologen die Bedenken aus.
Nicht ganz unerwähnt bleiben sollte allerdings ein Faktor, der zu einer erhöhten Apoplexrate trotz Antikoagulation beiträgt: die Therapieadhärenz. 21 bis 50 % der Patienten beenden ihre OAK-Therapie innerhalb von einem Jahr, vor allem bei einer Warfarin-Verordnung. Doch gerade durch das Absetzen der Therapie erhöht sich das Schlaganfallrisiko innerhalb von einem bis mehreren Jahren. Ärzte sind daher aufgefordert, die OAK-Therapieadhärenz der Patienten vor allem langfristig sicherzustellen.
Umgehen ließe sich dieses Dilemma möglicherweise durch eine Katheterablation. Trotzdem sollte eine Katheterablation nicht einzig zur Vermeidung einer OAK-Behandlung durchgeführt werden. Darüber hinaus sind auch andere Maßnahmen außerhalb einer OAK geeignet, das Schlaganfallsrisiko zu minimieren: Eine disziplinierte Behandlung von Hypertonie und Übergewicht, Schlafapnoe und körperlicher Inaktivität bringt ebenfalls schon eine Menge.
Quelle: Freedman B et al. Lancet 2016; 388: 806-817
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