Gesättigte Fette verlängern das Leben und schützen vor Schlaganfall

Dr. Dorothea Ranft

Gesättigte Fette verlängern das Leben und schützen vor Schlaganfall. Gesättigte Fette verlängern das Leben und schützen vor Schlaganfall. © fotolia/HandmadePictures

Jahrzehntelang haben die Ernährungsleitlinien sich darauf fokussiert, die Fettaufnahme zu verringern, um Patienten vor Herz- und Gefäßschäden zu schützen. Doch nun kippt eine Megastudie die gängigen Diätempfehlungen.

Die PURE*-Studie1 basiert auf den Daten von mehr als 135000 Personen aus 18 Ländern mit sehr unterschiedlichem Einkommen – von Kanada bis Simbabwe. Die Ernährung der Probanden im Alter zwischen 35 und 70 Jahren wurde mittels validierter Fragebögen erfasst. Innerhalb des medianen Follow-ups von 7,4 Jahren ereigneten sich knapp 5800 Todesfälle und fast 4800 schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (etwa zur Hälfte Herz­infarkte und Schlaganfälle).

Um den Einfluss verschiedener Nährstoffe genauer zu erfassen, teilten die Studienautoren die Teilnehmer in Quintilen ein. Das Fünftel mit dem höchsten Kohlenhydratverzehr hatte im Vergleich zu dem mit dem niedrigsten ein um 28 % erhöhtes Gesamtmortalitätsrisiko, die nicht-kardiovaskuläre Sterblichkeit stieg sogar um 36 %. Das Risiko für kar­diovaskuläre Ereignisse und Todesfälle blieb hingegen unbeeinflusst.

Umgekehrt verhielt es sich mit der Fettaufnahme: Hier trug das Patientenfünftel mit dem höchs­ten Fettkonsum im Vergleich zur niedrigsten Quintile ein um 23 % geringeres Mortalitätsrisiko. Auch sämtliche Fettarten gingen mit einer geringeren Sterbegefahr einher: gesättigte Fette 14 %, einfach ungesättigte 19 %, mehrfach ungesättigte 20 %. Eine erhöhte Aufnahme gesättigter Fette verringerte zudem das Schlaganfallrisiko um bis zu 21 %.

Mehr Fett und weniger Kohlenhydrate auf den Teller

Demnach geht eine kohlenhydrat­reiche Ernährung (> 60 % der Ener­gieaufnahme) mit einer erhöhten Gesamtmortalität einher. Eine stark fetthaltige Kost senkt dagegen allgemeine und nicht-kardiovaskuläre Sterblichkeit – unabhängig vom präferierten Lipid-Typ. Diese Studienergebnisse widersprechen klar der bisherigen Leitlinienempfehlung, weniger als 30 % der Energie in Form von Fetten zu verzehren und die Aufnahme gesättigter Fettsäuren unter < 10 % der Energiezufuhr zu senken, betonen die Autoren.

Und was passiert mit den Blutfetten?

Eine zusätzliche Auswertung der PURE-Studie ergab, dass die vermehrte Aufnahme gesättigter Fettsäuren zwar das HDL und LDL erhöhte. Jedoch sanken das Verhältnis von Gesamtcholesterin zu HDL und die Triglyzeride. Zudem führte sie zu einem prognostisch günstigen, geringen ApoB/ApoA1-Quotienten. Reichlicher Kohlenhydratverzehr dagegen senkte zwar HDL und LDL, steigerte aber die Triglyzeride und den ApoB/ApoA1-Quotienten – mit ungünstigem Infarktrisiko.

Quelle: Mente A et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2017; 5: 774-787

Sie gehen davon aus, dass eine Begrenzung des Fettkonsums die Gesundheit der Bevölkerung wahrscheinlich nicht verbessert. Umgekehrt könnte eine Steigerung der Fettaufnahme auf etwa 35 % der Nahrungsenergie die Mortalität sogar senken, wenn gleichzeitig der Kohlenhydratkonsum verringert wird. Ähnliche Ergebnisse ergab eine Analyse des Einflusses verschiedener Nährstoffe auf die Serumlipide (s. Kasten).

Eine weitere Analyse 2 der PURE-Kohorte widmete sich der gesundheitlichen Wirkung von Obst und Gemüse. Der Multivarianz­analyse zufolge senkt ein reichlicher Verzehr pflanzlicher Kost die Gesamtmortalität um 19 % und die nicht-kardiovaskuläre Sterblichkeit um ebenfalls signifikante 16 %. Für die kardiovaskuläre Mortalität ermittelten die Autoren eine Reduktion um 27 %, die jedoch eine statistische Signifikanz knapp verfehlte. Den stärksten lebensverlängernden Effekt bewirkte eine Tagesdosis von drei bis vier Portionen (ca. 375–500 g). Rohe Gemüse schnitten besser ab als gekochte.

In einem Kommentar3 betonen zwei Experten von den National Institutes of Health in Baltimore die Bedeutung der Studie für die Gesundheit der Bevölkerung.

Macht‘s die Milch oder das Fleisch?

Allerdings ließen ihre Ergebnisse auch einige Fragen offen. Unklar sei z.B., welche tierischen Produkte als Quelle gesättigter Fette lebensverlängernd wirken. Fleisch zu essen könnte beispielsweise helfen, den Nährstoffmangel (z.B. Zink, Eisen, Vitamin K und B12) auszugleichen, der in vielen der in die Untersuchung einbezogenen Länder herrscht. Zum Thema Kohlenhydrate bleibt zu klären, inwiefern sich Haushaltszucker, Weißmehl- oder Vollkornprodukte auf die Mortalität auswirken.

* Prospective Urban-Rural Epidemiology

Quelle:
1. Dehghan M et al. Lancet 2017; online first
2. Miller V et al. A.a.O. 3. Ramsden CE, Domenichiello AF. A.a.O.

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