
So kriegen Diabetiker ihre Fette weg

In den aktuellen europäischen Leitlinien ESC und EAS* zur Behandlung von Dyslipidämien wurden die Risikogruppen noch einmal genauer präzisiert. Als besonders stark gefährdet gelten Diabetiker (Typ 1 oder 2), die bereits Endorganschäden oder zusätzliche Risikofaktoren aufweisen. Bei ihnen sollte das LDL-Cholesterin unter 70 mg/dl gesenkt werden, um eine Plaque-Regression zu ermöglichen, erklärte Professor Dr. Klaus Parhofer, Klinikum der Universität München.
Zusätzlich wird neuerdings eine Reduktion des LDL-C um mindestens 50 % angestrebt, wenn der Ausgangswert zwischen 70 und 135 mg/dl liegt – wie häufig bei zuckerkranken Patienten. Bei Diabetikern ohne Endorganschäden oder weitere Risikofaktoren genügt eine Absenkung des LDL-C unter 100 mg/dl.
Risiko ermitteln
Geblieben ist die Abschätzung des 10-Jahres-Risikos für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis. Es liegt in der besonders gefährdeten Patientengruppe (Lipidziel < 70 mg/dl) definitionsgemäß bei ≥ 10 %, bei hohem Risiko (Lipidziel 100 mg/dl) zwischen 5 % und 10 %. Das aktuelle SCORE-System gilt ausschließlich für Patienten ohne Diabetes, Niereninsuffizienz oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Denn Betroffene gehören automatisch zur Hochrisiko-Gruppe. Für alle anderen ab 40 Jahre kann das relative 10-Jahres-Risiko für eine kardiovaskuläre Mortalität über den SCORE ermittelt werden. So ist das Risiko bei einem jungen Raucher mit 180 mmHg syst. und einem Gesamtcholesterin von 270 mg/dl zehnmal höher als bei einem Nichtraucher mit 120 mmHg syst. und einem Gesamtcholesterin von 240 mg/dl.
Nüchternblutzucker
Laut einem Konsensus-Papier von EAS und EFLM** braucht man für die meisten Lipidbestimmungen kein Nüchternblut mehr. Denn das LDL-C wird inzwischen direkt gemessen und nicht mehr berechnet, die triglyzeridabhängige Friedewald-Formel hat ausgedient. Außerdem ergaben Studien, dass die Triglyzeride (TG) bei gewöhnlichen Mahlzeiten im Schnitt nur um 26 mg/dl ansteigen. Dagegen empfiehlt Prof. Parhofer die Nüchtern-Kontrolle zur Abklärung erhöhter Triglyzeridwerte (> 440 mg/dl), ebenso bei Patienten mit bekannter Hypertriglyzeridämie oder Z.n. TG-bedingter Pankreatitis und wenn weitere Nüchternwerte (z.B. Blutzucker) bestimmt werden.
Lebensstil
Im Therapiearsenal der Dyslipidämie haben Lebensstiländerungen nach wie vor einen festen Platz, betonte der Referent. Selbst bei ungünstiger genetischer Prädisposition können sie das Risiko deutlich reduzieren. Dabei kommt es vor allem auf vier Faktoren an: Rauchen, Übergewicht, körperliche Aktivität und Ernährung.
Behandlung
Die HOPE-3-Studie belegt, dass Patienten unabhängig vom Ausgangs-LDL-Wert von einer Statin-Therapie profitieren, entscheidend für ihren Einsatz ist das kardiovaskuläre Absolutrisiko. Falls das Lipid-Ziel nicht erreicht wird, sollte man zunächst die Dosis steigern und ggf. das Statin wechseln. Bei unzureichendem Ansprechen ist eine Kombination mit Ezetimib indiziert. Die zusätzliche LDL-Senkung verringert bei Hochrisiko-Patienten auch die kardiovaskuläre Ereignisrate (Tod, Myokardinfarkt und ischämischer Schlaganfall), so das Fazit der IMPROVE-IT-Studie.
Ein weiteres Ergebnis dieser Arbeit: Ein zu niedriges LDL-C scheint es nicht zu geben, auch sehr niedrige Spiegel (< 30 mg/dl) wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren gut toleriert, es kam weder zu vermehrten Myalgien noch zu Leberwert-Anstiegen oder kognitiven Symptomen.
PCSK9-Hemmer können eine Apherese-Therapie ersparen
Eine wesentliche Bereicherung der Lipidtherapie sind die neuen PCSK9-Hemmer (Alirocumab, Evolocumab), die das LDL-C zusätzlich zu Statin und Ezetimib um weitere 50 bis 60 % senken können. Als Kandidaten für ihren Einsatz nannte Prof. Parhofer Patienten mit (sehr) hohem Risiko, die trotz maximaler Therapie die Zielwerte deutlich verfehlen, vor allem im jüngeren Lebensalter und wenn weitere CV-Ereignisse auftreten.
Der PCSK9-Hemmer kann diesen Personen eine Apherese-Therapie ersparen oder die Frequenz deutlich senken, falls sie z.B. bei einer familiären Hypercholesterinämie erforderlich ist. Evolocumab hat zudem einen günstigen Einfluss auf kardiovaskuläre Endpunkte, so das Ergebnis der kürzlich auf dem Kongress des American College of Cardiology (ACC) vorgestellten FOURIER-Studie***.
Bisher unterschätzt wurde der Einfluss der Triglyzeride auf das Pankreatitis-Risiko. Statt des bisher üblichen Schwellenwerts von 1000 mg/dl hatte eine dänische Studie ergeben, dass das Risiko bereits bei Werten ab 177 mg/dl ansteigt. Allerdings ist das absolute Risiko mit maximal zwölf Pankreatitis-Episoden pro 10 000 Personenjahre relativ gering.
*European Society of Cardiology, European Atherosclerosis Society
**European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine
***Pressemitteilung des ACC
12. DDG-Diabetologie-Update-Seminar MAIN
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).