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GLP1-RA und SGLT2i zeigen auch bei Typ-1-Diabetes Wirkung
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mit Doppeldiabetes Medikamente
mit kardiovaskulärem Zusatznutzen einzusetzen."
Der junge Mann ist 24 Jahre alt und lebt seit seinem 9. Lebensjahr mit Typ-1-Diabetes. Er ist 1,77 m groß und bringt 116 kg auf die Waage. „Fälle wie ihn sehen wir immer häufiger in unserer täglichen Praxis“, meinte Professor Dr. Jochen Seufert vom Universitätsklinikum Freiburg. So zeigte eine Studie aus Wien, dass zumindest bei den 30- bis 49-Jährigen die BMI-Werte signifikant höher waren als bei der Allgemeinbevölkerung (25,9±4,2 kg/m² vs. 25,3±4,5 kg/m²). „Ein BMI von ≥27,5 kg/m² bei Typ-1-Diabetes war dabei unabhängig von der glykämischen Kontrolle assoziiert mit einer erhöhten Rate an Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Mikroalbuminurie und einem erhöhten Insulinbedarf.“
Doppeldiabetes
Von einem Doppeldiabetes geht Prof. Seufert aus, wenn bei Personen mit Typ-1-Diabetes aufgrund exzessiver Gewichtszunahme eine Adipositas (BMI ≥30 kg/m²) vorliegt, die mit einer positiven Familienanamnese für Typ-2-Diabetes und/oder den klinischen Merkmalen einer Insulinresistenz einhergeht. „Ein solcher Doppeldiabetes scheint – unabhängig vom HbA1c – mit einem erhöhten Risiko für makro- und mikrovaskuläre Komplikationen verknüpft zu sein“, so der Experte.
Es liegt nahe, auch bei Patient*innen mit Doppeldiabetes Medikamente mit kardiovaskulärem Zusatznutzen wie Metformin, SGLT2i und GLP1-RA einzusetzen. „Die pathophysiologischen Mechanismen und klinischen Effekte der Substanzen sind schließlich bekannt – und es ist nicht nachvollziehbar, warum sie beim Typ-1-Diabetes nicht genauso funktionieren sollten“, meinte Prof. Seufert.
So war Dapagliflozin zwar zur ergänzenden Behandlung des Typ-1-Diabetes zugelassen und hatte in der DEPICT1- und DEPICT2-Studie auch zu einer deutlichen Reduktion der erforderlichen Insulindosen geführt. Auch HbA1c-Wert und Glukosevariabilität ließen sich damit senken. Allerdings zeigte sich beim Einsatz von Dapagliflozin bei Typ-1-Diabetes auch ein erhöhtes Risiko für diabetische Ketoazidosen. Aus diabetologischer Sicht erscheint dieses Risiko bei gründlicher Aufklärung zwar generell beherrschbar. Dennoch informierte der Hersteller im Oktober 2021 mit einem Rote-Hand-Brief darüber, dass die Substanz nicht mehr für die Therapie bei Typ-1-Diabetes zugelassen ist.
„Wir haben uns darüber nicht gefreut“, so Prof. Seufert, „aber wir haben nun einmal keine kardiovaskulären Endpunktstudien, die den Nutzen auch bei Typ-1-Diabetes belegen.“
„Wir brauchen Studien, Studien, Studien“
Ähnlich dünn sei die Datenlage in Bezug auf GLP1-RA bei Typ-1-Diabetes. „Eine Steigerung der Insu- linsekretion ist hier natürlich nicht zu erwarten, aber die nachgelagerten kardiovaskulären, renalen und Gewichtseffekte sind auch bei Typ-1-Diabetes interessant.“ Allerdings war es in der Studie ADJUNCT ONE in Verbindung mit dem Einsatz von Liraglutid bei Typ-1-Diabetes zu erhöhten Raten von symptomatischen Hypo- und Hyperglykämien gekommen. Insofern sei es auch um die Evidenz für einen Einsatz von GLP1-RA bei Typ-1-Diabetes schlecht bestellt. „Es gibt großen klinischen Bedarf zur Senkung des kardiovaskulären Risikos bei Typ-1-Diabetes. Wir brauchen daher Studien, Studien und nochmals Studien, um die Medikamente, die uns zur Verfügung stehen und die auch großen Nutzen haben, tatsächlich einsetzen zu können“, forderte Prof. Seufert.
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