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Gutes Ansprechen auf Immuntherapien

Hauttumoren schnell zu entfernen – das kann in vielen Fällen sinnvoll sein. Allerdings ist es damit oft nicht getan. Mache man einen Schritt vor die Tür der chirurgischen Abteilung, werde sofort das Skalpell gezückt, fasste Prof. Dr. Axel Hauschild, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, ein häufiges Vorgehen bei der Behandlung von Patient:innen mit kutanen Plattenepithelkarzinomen (cSCC) und anderen nicht-melanozytären Hauttumoren (NMSC) etwas überspitzt zusammen. Aus seiner Sicht ist das schlecht, denn: Gemäß Leitlinie gehört jede Person mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem cSCC in ein multidisziplinäres Tumorboard. Doch nicht jeder, der es bräuchte, werde dort vorgestellt, kritisierte der Experte. Dabei habe man noch nie so viele Studien zum NMSC gehabt wie jetzt. Einige aktuelle Ergebnisse präsentierte Prof. Hauschild in seiner Keynote Lecture.
Für Erkrankte mit cSCC stellt die Behandlung mit Cemiplimab bzw. Pembrolizumab als Alternative den Standard dar. Derzeit liege die mediane Dauer des Ansprechens mit Cemiplimab bei 41 Monaten, sagte Prof. Hauschild. Nun rücke die Frage nach neoadjuvanten und adjuvanten Optionen in den Fokus. „Momentan können wir den Patient:innen hier nichts anbieten“, bedauerte er. Prof. Hauschild kündigte an, dass es für beide PD1-Hemmer bald randomisierte Studien gebe, die die perioperative Therapie nicht nur beim SCC, sondern auch in der Gruppe der Basalzellkarzinome (BCC) untersuchen.
Als heißes Eisen bezeichnete der Experte eine Phase-2-Studie, in der die Patient:innen vor der Exzision eines cSCC zunächst vier Zyklen Cemiplimab erhielten und nach der OP die Wahl zwischen Beobachtung, Radiotherapie oder Fortsetzung der Checkpoint-Blockade bestand. Die Daten des post-operativen Studienabschnitts sind noch nicht publiziert. Ein Update versprach Prof. Hauschild, der als Wissenschaftler selbst an der Studie beteiligt ist, zum ESMO 2024. Er verriet aber schon einmal: 90 % der Teilnehmenden hatten auch ein Jahr später keinen Rückfall erlitten. Bei den überlebenden Patient:innen, die komplett auf das neoadjuvante Cemiplimab angesprochen hatten, seien sogar alle rezidivfrei geblieben. „Wenn wir in zwei Jahren dieselben Ergebnisse sehen, müssen wir über die neoadjuvante Therapie reden“, sagte der Experte. Mit den Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab und Ipilimumab ließen sich in der MATISSE-Studie ähnliche Ergebnisse erzielen. Auch das provoziere die Frage, ob man Tumoren immer operieren müsse, so der Kieler Dermatologe.
Effektive Zweitlinienoptionen
Hoffnung machte ihm zudem die AliCe-Studie, in der Avelumab mit Cetuximab bei Tumoren unterschiedlicher Art und Lokalisation kombiniert wird. Sie liefere die ersten Daten, dass es eine Alternative zu den Monotherapien geben könne. Sogar in der Gruppe der Anti-PD1-vorbehandelten Patient:innen habe die Ansprechrate 34 % betragen. „Das deutet darauf hin, dass wir die Leitlinien neu schreiben müssen, wenn wir eine effektive Zweitlinienoption haben“, prognostizierte Prof. Hauschild.
Für die Behandlung des BCC sei der Algorithmus klar, so Prof. Hauschild: operieren, wann immer es geht, gefolgt von einer Radiotherapie. Für alle anderen seien Hedgehog-Inhibitoren (HHI) der Standard, in der Zweitlinie Cemiplimab. Mit dem CPI erreiche man Ansprechraten von 32 % (lokal fortgeschrittenes BCC) und 22 % (metastasiertes BCC). Das sei zwar weniger als beim cSCC, aber es handele sich eben um die Zweitlinie nach Versagen von oder Intoleranz gegen HHI. „Das ist ein ganz anderes Szenario“, gab Prof. Hauschild zu bedenken. Wenn Cemiplimab scheitere, sei eine Rechallenge mit HHI für viele Patient:innen eine Chance. Derzeit liefe in Zürich zudem eine Studie, die die Anti-PD1-Therapie plus gepulster Gabe von HHI beim fortgeschrittenen BCC untersuche. Die gepulste Gabe würde sehr viel besser vertragen als die kontinuierliche.
Medikamentengabe in den Tumor
Eine weitere, für den Dermatologen vielversprechende Methode zur Behandlung des cSCC ist die Applikation von Wirkstoffen direkt in den Tumor. Dies werde demnächst mit Cemiplimab getestet. Für Daromun, ein immunstimulierendes Molekül, das man nach Aussage Prof. Hauschilds praktisch auch zur Therapie aller NMSCs nutzen kann, sei eine Studie gerade positiv für die intraläsionale Gabe beim Melanom ausgefallen. „Darüber werden wir mehr auf dem ASCO hören.“
Auch in der Gruppe der Merkelzellkarzinome (MCC) fallen die Ergebnisse der Immuncheckpoint-Blockade nicht so gut aus wie beim cSCC. Avelumab sei aber ein klarer Standard und um Längen besser als alles andere zuvor, betonte Prof. Hauschild. Trotzdem sieht er noch viel Platz für neue Medikamente, insbesondere Kombinationen. In einer kleinen Studie erwies sich das Duo Ipilimumab/Nivolumab als sehr effektiv. Selbst vorbehandelte Personen sprachen zu 42 % an. Möglicherweise also eine Option für Patient:innen, die keinen Nutzen aus Avelumab ziehen. In Deutschland habe man zudem eine Studie mit adjuvantem Nivolumab, in der man einen relevanten Unterschied im krankheitsfreien Überleben sehe. Dazu kündigte der Experte für das kommende Jahr ein Update an. In Amerika teste man Avelumab adjuvant.
Prof. Hauschild demonstrierte aber auch in mehreren Fallbeispielen, dass nicht immer die komplette Response zählt. Gerade bei großen oder sehr schwer behandelbaren Karzinomen bezeichnete er schon einen deutlichen Rückgang oder das Vermeiden einer Amputation als tollen Erfolg. „Es geht hier um Lebensqualität“, hielt er fest, und appellierte an alle beteiligten Disziplinen, intraläsionalen, neoadjuvanten und perioperativen Therapien eine Chance zu geben.
Quelle:
Hauschild A. 20th EADO Congress; Keynote Lecture 3: „What is new in NMSC?“
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