Hat die ESWL-Therapie bald ausgedient?

Die Harnstein-Prävalenz liegt in Deutschland bei knapp 5 %, betroffen sind vor allem Menschen mittleren Alters. Wie sollten sie am besten behandelt werden? Urologen der Technischen Universität München haben nun einen Vergleich der aktueller Leitlinienempfehlungen aus Europa (EAU), den Vereinigten Staaten von Amerika (AUA), Kanada (CUA) und Deutschland (DGU) veröffentlicht. Dabei zeigen sich viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige unterschiedliche Schwerpunkte und Details.
Auf die bildgebende Diagnostik gehen DGU- und EAU-Leitlinien besonders ausführlich ein. Die Sonographie gilt nach wie vor als das Standardverfahren. Sie ist in der Akutsituation, zur Verlaufskontrolle und auch in der Nachsorge aufgrund ihrer hohen Verfügbarkeit und Sicherheit Methode der Wahl. Die Computertomographie (CT) hat mittlerweile die konventionellen radiographischen Methoden wie Ausscheidungsurogramm (AUG) und Abdomenübersichtsaufnahme fast vollständig verdrängt – nicht zuletzt wegen strahlungsreduzierter Low-dose-Protokolle und verbesserter Therapieplanung. Sogar bei Schwangeren ist die CT nur noch bedingt kontraindiziert. Die MRT hingegen kann Konkremente nur ungenügend darstellen, hat als strahlenfreie Methode aber weiterhin ihren Platz bei Kindern und Schwangeren.
Konservative Strategie für Steine < 5 mm möglich
Ob eine Urolithiasis konservativ behandelt werden kann, hängt in allen Leitlinien vor allem von der Steingröße ab. Aber auch von Faktoren wie Infektion, therapierefraktäre Schmerzen, eine persistierende Harnabflussstörung und natürlich der Patientenwunsch spielen eine wichtige Rolle. Bis zu einer Steingröße von 10 mm, laut deutscher Leitlinie sogar nur bis 5 mm, kann eine konservative Therapie sinnvoll sein. Der Steinabgang lässt sich durch die zusätzliche Gabe eines Alpha-Rezeptorantagonisten wie Tamsulosin unterstützen. Durch diese Begleittherapie braucht der Patient auch weniger Analgetika, er muss jedoch darüber aufgeklärt werden, dass der Einsatz "off label" erfolgt.
Lange Zeit galt die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie als Goldstandard der Urolithiasisbehandlung. Heute sind die Indikationen eingeschränkt, sodass die ESWL nicht mehr die ehemals erhoffte universelle Lösung des Harnsteinproblems darstellt. Neue endoskopische Verfahren wie die Ureterorenoskopie (URS) oder die perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) ersetzen mittlerweile größtenteils die ESWL.
Nur die deutsche Leitlinie empfiehlt ESWL für Kinder
Diese wird nur noch bei Nephrolithiasis und Steinen im distalen Harnleiter mit Größen unter 10 cm sowie Nierensteinen von 10–20 cm außerhalb des Unterpols eingesetzt. Bei Kindern wird die ESWL nur von der deutschen Leitlinie empfohlen, und zwar mit Ausnahme von distalen Harnleitersteinen.
Sonderfälle sind Patienten, die Antikoagulanzien erhalten oder generell eine übermäßige Blutungsneigung aufweisen und Schwangere. Bei ihnen wird unabhängig von der Steingröße die URS bevorzugt.
Alle Leitlinien stimmen darin überein, dass Hochrisikopatienten, z.B. Patienten mit häufigen Rezidiven, eine erweiterte metabolische Diagnostik und eine spezifische medikamentöse Metaprophylaxe erhalten sollen, um das Rezidivrisiko zu senken. Bei den Nachsorgeintervallen herrscht Uneinigkeit unter den Ländern – die deutsche Leitlinie empfiehlt eine einmalige Kontrolle nach drei bis sechs Monaten und weitere Verlaufskontrollen einmal pro Jahr.
Effektive Analgesie bei akuter Kolik wichtig
Eine effektive Analgesie ist die wichtigste Therapie bei der akuten Nieren- oder Harnleiterkolik. Die DGU-Leitlinie setzt primär auf nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR), Mittel der 1. Wahl ist Metamizol. Es wirkt analgetisch, spasmolytisch und antinozizeptiv und senkt zudem den erhöhten intraluminalen Druck. Metamizol wirkt bei der Nieren- und Harnleiterkolik stärker analgetisch als Opioide, da diese nur die Schmerzleitung und nicht die Ursache beeinflussen. Auch Diclofenac und Ibuprofen übertreffen in ihrem Effekt die Opioide. Beide können jedoch bei vorbelasteten Patienten ein akutes Nierenversagen auslösen.
Die Wirkstärke von Paracetamol bei der akuten Kolik entspricht der von Opioiden. Das Analgetikum kann ebenfalls eingesetzt werden, sogar in der Schwangerschaft. Opioide kommen auch wegen ihres relativ hohen Nebenwirkungsrisikos nur als Analgetika zweiter Wahl in Betracht.
Quelle: Storz E et al. Urologe 2016; 55: 1302-1308
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