Der Steinzeit ein Ende setzen: Welche Verfahren festsitzende Urolithen zerbröseln

Dr. Alexandra Bischoff

Mit dem Ureterorenoskop wird der steinige Weg ins Kelchsystem sichtbar. Mit dem Ureterorenoskop wird der steinige Weg ins Kelchsystem sichtbar. © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn

Harnsteine, die maximal 5 mm groß sind, neigen dazu, spontan abzugehen. Beobachten und Schmerzen behandeln, heißt da meist die Devise. Doch bei größeren Urolithen und bestimmten Faktoren sollten sie mittels Stoßwellentherapie, perkutaner Nephrolithotomie oder Ureterorenoskopie entfernt werden.

Die Prävalenz der Urolithiasis in Deutschland beträgt aktuell 4,7 %. Bei 97 % der Patienten sind die Steine in Nieren und Harnleiter lokalisiert. Je nachdem, wie sehr der Stein den Harnabfluss beeinträchtigt, treten begleitend kolikartige Schmerzen im Bereich der Flanke oder des Harnleiters auf. Zudem klagen Betroffene über Unruhe und teilweise auch über vegetative Symptome wie Erbrechen und Übelkeit. Da in 50 % der Fälle Harnsteine rezidivieren, kommen viele Betroffene bereits mit einer positiven Steinanamnese zum Arzt, so Dr. Anna Katharina schumacher und Dr. Dirk Liebchen von der Abteilung Urologie am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg.

Diagnostik
Zu der Akutdiagnostik gehören:

  • körperliche Untersuchung
  • Laboranalyse von u.a. Retentions- und Entzündungsparametern sowie Urinstatus und -sediment (Mikrohämaturie)
  • Sonographie von Nieren und Blase zur Detektion von Steinen und Harnabflussstörung (Erweiterung des Nierenbeckenkelch­systems)
  • Niedrig-Dosis-CT des Abdomens bei V.a. Harnsteinerkrankung

Akuttherapie
Bei positivem Befund schließt sich die Akuttherapie an, die primär für Schmerzfreiheit sorgen und den Harnabfluss wieder ermöglichen soll, z.B. mittels Harnleiterschiene oder perkutaner Nephrostomie. 

Ob eine konservative bzw. operative Behandlung indiziert ist, hängt von Größe, Lage und Zusammensetzung des Steins ab sowie von Konstitution und Bedürfnissen des Patienten und lokalen Gegebenheiten.

Konservative Steintherapie
Harnsteine von ≤ 5 mm haben mit 68 % eine hohe Tendenz zu Spontanabgängen, weshalb bei diesen ein konservatives Vorgehen durchaus eine Option bietet. Die Betroffenen müssen engmaschig sonographisch (Cave: Harntransportstörung!) und laborchemisch auf die Retentions- und Infektionsparameter überwacht werden. Bei asymptomatischen Nierensteinen kann man auf Wunsch des Patienten oder aufgrund seiner schlechten Konstitution ebenfalls unter regelmäßiger jährlicher Kontrolle abwarten. 

Medikamentös lassen sich der Steinabgang und der Schmerzmittelbedarf zusätzlich z.B. durch die Off-Label-Gabe eines a-Blockers oder eines Kalziumantagonisten beeinflussen, schreiben die Autoren. Eine Chemolitholyse sei Harnsäuresteinen vorbehalten. Im Falle von nicht beherrschbaren Schmerzen, Harntransportstörung mit Nierenfunktionseinschränkung, Pyelonephritis oder stark erhöhten Infektparametern ist die konservative Therapie kontraindiziert.

Interventionelle Steintherapie
Welches interventionelle Verfahren infrage kommt, hängt von Steinlokalisation und -größe, Patientenwunsch sowie den lokalen Gegebenheiten ab. Eine seit den 1990er-Jahren etablierte nicht-invasive Option für Harnsteine des oberen Harntrakts bietet die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL). Dabei werden die vorher mittels Sonographie und/oder Radiologie georteten Steine mittels gebündelter Stoßwellen zertrümmert. Die Komplikationsrate ist im Vergleich zur Ureterorenoskopie (URS) und perkutanen Nephrolithotomie (PCNL) gering. Dennoch entwickelt sich die Tendenz zu diesen beiden Methoden. 

Bei der URS erfolgt die Steinentfernung mittels semirigider oder flexibler Endoskopie über Harnröhre und Harnblase. Falls in der Akut­phase noch nicht erfolgt, soll ein präoperatives Stenting des Harnleiters mittels einer Harnleiterschiene ein bis zwei Wochen vor dem Eingriff durchgeführt werden, da es die Erfolgsrate erhöht.

Operative Entfernung nur noch in Einzelfällen

Bei dem ebenfalls endoskopischen Verfahren PCNL punktiert man direkt die Niere durch die Haut, meist an der unteren Kelchgruppe. Häufig erfolgt intraoperativ nach der direkten Steinentfernung eine perkutane Nephrostomie oder die Einlage einer Harnleiterschiene.

Operative Verfahren sind laut den Autoren mittlerweile nur noch Einzelfällen vorbehalten wie nach erfolglosen minimal-invasiven Therapieversuchen, Nierendystopien oder anatomischen Abflussbehinderungen.

Quelle: Schumacher AK, Liebchen D. Wehrmedizinische Monatsschrift 2017; 61: 207-212, © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn

Therapieempfehlung bei Harnsteinen
LokalisationGrößeVerfahren
Harnleiterproximal≤ 10 mm

1.Wahl ESWL

2.Wahl URS

Mitte/distal≥ 10 mmURS/ESWL
Niere> 20 mm

1.Wahl PCNL

2.Wahl URS/ESWL

10–20 mm1. Wahl ESWL/PCNL/URS (auch bei Unterpolsteinen, wenn keine negativen Prädiktoren für ESWL vorhanden sind, ansonsten bei ihnen URS/PCNL als 1. Wahl und ESWL als 2. Wahl)
< 10 mm

1. Wahl ESWL/URS

2. Wahl PCNL

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Mit dem Ureterorenoskop wird der steinige Weg ins Kelchsystem sichtbar. Mit dem Ureterorenoskop wird der steinige Weg ins Kelchsystem sichtbar. © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn
Bei der perkutanen Nephrolithotomie punktiert man die Niere durch die Haut. Bei der perkutanen Nephrolithotomie punktiert man die Niere durch die Haut. © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn