Hepatorenales Syndrom – Ursachen und Behandlungsoptionen

Dr. Daniela Erhard

Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt die Lebertransplantation die optimale Therapie – und zwar, bevor die Nieren zu starken Schaden nehmen. Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt die Lebertransplantation die optimale Therapie – und zwar, bevor die Nieren zu starken Schaden nehmen. © iStock/magicmine

Bei vielen Patienten mit Leberzirrhose streiken irgendwann die Nieren. Dieses hepatorenale Syndrom ist zwar potenziell reversibel und medikamentös therapierbar. Trotzdem bleibt oft nur eine Transplantation.

Tritt neben einer Leberzirrhose mit Aszites eine plötzliche Nierenfunktionsstörung auf, ohne dass Urin oder Ultraschall auf strukturelle Schäden hindeuten, könnte es sich um ein hepatorenales Syndrom mit akutem Nierenversagen (HRS-AKI) handeln. Wegweisend ist nach aktueller Maßgabe ein Anstieg des Serumkreatinins um mindestens 0,3 mg/dl innerhalb von zwei Tagen, was sich auch durch Absetzen von Diuretika und zweitägige Volumengabe nicht bessert.

Minderdurchblutung des Nierengewebes als Ursache

Abweichend von früheren Defi­nitionen, die eine Verdopplung des Kreatininwerts auf mindestens 2,5 mg/dl voraussetzten, ist die Diagnose damit schon eher möglich. Ein Umstand, den Dr. Douglas­ A. Simonetto­ vom Mayo-Klinikum in Rochester und Kollegen in einer Zusammenfassung zum Stand der Dinge hinsichtlich der Erkrankung sehr begrüßen. Denn es bessert die Chancen für den Erkrankten: Während sich die Nierenfunk­tion bei neun von zehn Patienten mit Kreatinin­spiegeln unter 1,5 mg/dl wieder erholt, ist dies bei höheren Blutwerten (bis 2 mg/dl) nur noch bei jedem zweiten Betroffenen der Fall.

Auch wenn man immer noch nicht im Detail weiß, wie die Krankheit entsteht, gilt eine Minderdurchblutung des Nierengewebes als ursächlich. Diese scheint allerdings nicht nur auf die schlechte Leberfunktion zurückzugehen. Wie die Gastroenterologen weiter ausführen, könnten daneben auch systemische Entzündungsreaktionen, lokale Immuneffekte in den Nierentubuli, eine relative Nebenniereninsuffizienz, Schädigungen durch Gallensäuren und deren Ablagerungen sowie ein zu hoher Bauchinnendruck eine Rolle spielen.

Bis zu einem bestimmten Punkt schafft es der Körper, die Minderperfusion zu kompensieren. Das Nierenversagen entsteht dann meist, wenn ein weiterer Auslöser hinzukommt. Nur 2 von 100 Fällen träten ohne ein solches Ereignis auf, schreiben Dr. Simonetto und Kollegen. Vor allem hämodynamische Veränderungen aufgrund von Infektionen oder Aszitespunktion seien ein großer Risikofaktor.

Bakterielle Peritonitis steigert das Risiko

Offenbar sind 30 % der Patienten mit Infektionen wie der spontanen bakteriellen Peritonitis von einem HRS-AKI betroffen. Bei gefährdeten Patienten kann eine antibiotische Prophylaxe die Entstehung der Entzündung und eines Nierenversagens verhindern sowie die Mortalität senken. Besteht die Entzündung bereits, lässt sich zumindest bei der spontanen bakteriellen Peritonitis mit einer Kombi aus Antibiotikum und Albumin das Risiko für ein HRS-AKI reduzieren. Bei einem Bauchinnendruck über 12 mmHg verbessert eine Parazentese die Kreatinin-Clearance wesentlich. Aufgrund der großen Volumenänderung droht aber gerade bei Drainagen von vier oder mehr Litern Bauchwasser selbst ein HRS-AKI.

Auch hier hilft es, den Patienten nach dem Eingriff mit Albumin zu versorgen: Es reduziert die Gefahr dafür signifikant, während andere Volumenexpander diesen Schutz nicht bieten. Nach Einschätzung der Autoren möglicherweise eine Folge der zusätzlichen Eigenschaften des Albumins, darunter antioxidative und antientzündliche Effekte sowie die Fähigkeit, Gallensäuren, Zytokine, Endotoxine und weitere Substanzen zu binden. Zudem kann das Eiweiß auch ohne Parazentese bei langfristiger Applikation das Auftreten eines hepatorenalen Syndroms unter Aszites­patienten um etwa 60 % reduzieren.

Bestätigt sich die Diagnose des HRS-AKI, versucht man mit Vasokonstriktoren den Blutfluss zu regulieren. Steigt der mittlere arterielle Druck um 5–10 mmHg, verbessert sich in Folge meist auch die Nierenfunktion. Mittel der Wahl dafür ist Terlipressin. Intravenös verabreicht in Kombination mit Albumin, kann es in über der Hälfte der Fälle – und damit häufiger als unter Albumintherapie allein – zu einer kompletten Rückbildung des hepatorenalen Syndroms führen. Etwa ebenso wirksam ist Noradrenalin. Dieses hat jedoch den Nachteil, dass man es über einen zentralen Venenkatheter und auf der Intensivstation verabreichen muss.

In Ländern, in denen Terlipressin und Noradrenalin nicht verfügbar sind, erfolgt die Therapie laut den Autoren mit einer Kombination aus Midodrin und Octreotid. Sie ist aber weniger wirksam. Inwiefern ein transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt beim HRS-AKI helfen kann, muss nach Ansicht der Autoren noch weiter untersucht werden.

Unabhängig davon bleibe zum jetzigen Zeitpunkt jedoch die Lebertransplantation die optimale Therapie – und zwar, bevor die Nieren zu starken Schaden nehmen. Ansonsten würde zusätzlich eine Nierenspende notwendig. Eine Nierentransplantation allein sei dagegen allenfalls zur Überbrückung bei einzelnen Patienten sinnvoll.

Quelle: Simonetto DA et al. BMJ 2020; 370: m2687; DOI: 10.1136/bmj.m2687

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