Komplikationen bei der Leberzirrhose erfordern interventionelle Hilfe

Dr. Anja Braunwarth

TIPS-Anlage bei einer 68-jährigen Patientin mit therapierefraktärem Aszites. TIPS-Anlage bei einer 68-jährigen Patientin mit therapierefraktärem Aszites. © Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln

Die Leberzirrhose bereitet schon alleine oft Kopfzerbrechen. Noch problematischer wird es allerdings, wenn sie Komplikationen verursacht. Dann ist schnelle und effektive Hilfe gefragt. Die besten Chancen zur Behandlung bietet in solchen Fällen die ­interventionelle ­Radiologie.

Die klassischen Komplikationen einer Leberzirrhose sind portale Hypertension mit eventueller Varizenblutung und/oder Aszites, hepatische Enzephalopathie (HE) sowie das hepatozelluläre Karzinom (HCC). Die Messung des Lebervenendruckgradienten erlaubt die Diagnose und Quantifizierung der portalen Hypertonie. Beim Gesunden liegt der Gradient zwischen 1 und 5 mmHg, ab 6 mmHg besteht ein Hochdruck. Effektiv senken lässt er sich mit einem transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS). Dabei wird zwischen Pfortader und einer in die Vena cava inferior mündenden Lebervene ein Stent implantiert.

Die TIPS-Anlage kommt z.B. nach Varizenblutung infrage

Auf diese Weise schleust man ein gewisses Blutvolumen am Organ vorbei und mindert den Druck. Die unterschiedlichen Durchmesser der verfügbaren Stents erlauben eine individuelle Anpassung.

Als Indikation für den TIPS nennen Professor Dr. Thomas J. Vogl vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Frankfurt und Kollegen die Sekundärprophylaxe nach stattgehabter Varizenblutung und den therapierefraktären Aszites. Letzterer liegt vor, wenn mehrere Punktionen und Medikamente keinen Erfolg zeigten. Der TIPS kann auch notfallmäßig bei akuter Varizenblutung zum Einsatz kommen. Eine Kontraindikation besteht bei Gerinnungsstörungen oder kavernösen Pfortadertransformationen.

Das Verfahren lässt sich in Analgosedierung durchführen. Nach genauer Darstellung der Gefäßtopographie (mittels CT-oder MR-Angio) erfolgt der Zugang über Punktion der rechten V. jugularis. Der unbeschichtete Teil des Stents kommt in die V. porta­. Ziel ist ein postinterventioneller Druck von 8–10 mmHg. Nach der Intervention erhalten die Patienten für sechs Monate Acetylsalicylsäure und sollten alle drei Monate zur farbduplexsonographischen Kontrolle kommen.

Hohe Erfolgsrate vs. erhöhtes Enzephalopathierisiko

Technisch verspricht die Methode zu mehr als 90 % Erfolg, akute Varizenblutungen lassen sich zu 94 % kontrollieren, die Rezidivraten liegen unter 15 %. Dafür muss man mit einer klinischen Verschlechterung oder dem Auftreten einer HE rechnen.

In der Abklärung einer unsicheren Leberläsion hat nach wie vor die Biopsie die höchste Spezifität. Stellt sich der Herd für die Probengewinnung sonographisch nicht sicher dar, hilft das CT weiter. Inzwischen gibt es auch MRT-taugliche Biopsie­systeme, allerdings weist das damit entnommene Gewebe nicht ganz die gleiche Qualität auf wie das mit CT-Systemen gewonnene.

CT-gesteuerte Punktion einer HCC-suspekten Läsion: Das MRT mit Kontrastmittel zeigt eine fokale Leberläsion mit arterieller KM-Aufnahme ohne Wash-out-Phänomen. Danach erfolgt die perkutane CT-gesteuerte Punktion zur histologischen Sicherung mit Darstellung der Biopsienadel im CT (+). Dank KM-Speicherung lässt sich der Herd gut lokalisieren.

Bei Gerinnungsstörungen (Quick ≤ 50–60, PTT > 50–60 sec, Thrombos < 30 000/mm³) oder starkem Aszites verbietet sich die perkutane Punktion. Eine Alternative ist dann die transjuguläre Leberbiopsie (TJBL) unter Kontrolle von EKG, RR und Sättigung. Sie eignet sich auch, um im akuten Leberversagen die Dignität einer Läsion zu klären, sowie für Transplantatempfänger und Patienten mit kongenitalen Gerinnungsstörungen. Außerdem kann man damit den Lebervenendruckgradienten messen und so Aussagen zu Prognose und Ansprechen einer Therapie treffen. Je nach Tumorgröße genügen vielfach kontrastmittelgestützte bildgebende Verfahren zur Diagnose eines HCC. Für Herde zwischen 1 und 2 cm reichen zwei davon, für größere eins. Das Kontrastmittel (KM) dient dazu, das typische Bild eines HCC – arterielle Hypervaskularisierung, rasches Auswaschen des KM mit nachfolgender Kontrastumkehr zum Parenchym („Wash-out-Phänomen“) – nachzuweisen. Bei Patienten mit normalem Bilirubin und max. drei Läsionen < 3 cm bzw. einer < 5 cm strebt man die kurative Resektion an. Den Milan-Kriterien folgend, bietet sich auch eine Lebertransplantation an.

Die Milan-Kriterien für eine Lebertransplantation

  • einzelner Herd > 1 cm und < 5 cm
  • maximal drei Herde, jeweils ≤ 3 cm
  • keine extrahepatische Metastasierung
  • kein Tumoreinbruch in große Gefäße

Viele Patienten kommen aber aufgrund von Begleiterkrankungen, schlechter Leberrestfunktion oder Tumorausdehnung für eine OP nicht mehr infrage. Ihnen stehen minimalinvasive oder medikamentöse Alternativen (z.B. Sorafenib) zur Verfügung. Minimalinvasiv unterscheidet man zwischen vaskulären und ablativen Verfahren.

Minimalinvasive Verfahren bei Lebertumoren

vaskulär:
  • Transarterielle Embolisation (TAE) mit Gelatineschwämmen, Lipiodol oder Mikropartikeln
  • Transarterielle Chemoembolisation (TACE), z.B. mit Doxorubicin, Epirubicin, Cisplatin oder einer Kombination
  • Radioembolisation/selektive interne Radiotherapie (SIRT)

ablativ:
  • Mikrowellenablation (MWA)
  • Radiofrequenzablation (RFA)
  • Laserinduzierte Thermotherapie (LITT)
  • Hochintensiv-fokussierter Ultraschall (HIFU)
  • Kryoablation
  • Irreversible Elektroporation (IRE)
  • Perkutane Ethanolinjektion

Erstere zerstören den Tumor durch vorübergehenden Verschluss der Gefäßversorgung, evtl. ergänzt durch Zytostatika. Bei den ablativen Verfahren werden die Zellen über chemische Agenzien oder Energie abgetötet.

Quelle: Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


TIPS-Anlage bei einer 68-jährigen Patientin mit therapierefraktärem Aszites. TIPS-Anlage bei einer 68-jährigen Patientin mit therapierefraktärem Aszites. © Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln
Nach sonographisch-gesteuerter Punktion der rechten V. jugularis interna wird die Lage des Katheters mittels Venographie dargestellt. Nach sonographisch-gesteuerter Punktion der rechten V. jugularis interna wird die Lage des Katheters mittels Venographie dargestellt. © Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln
Platzierung des Führungsdrahtes in der V. mesenterica inferior mit erneuter Lagekon­trolle und Messung des Lebervenendruckgradienten (ca. 24 mmHg) Platzierung des Führungsdrahtes in der V. mesenterica inferior mit erneuter Lagekon­trolle und Messung des Lebervenendruckgradienten (ca. 24 mmHg) © Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln
Vordehnung durch einen Angioplastie-Ballon Vordehnung durch einen Angioplastie-Ballon © Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln
Darstellung des eingebrachten Stents. Die erneute Messung des Lebervenendruckgradienten ergibt einen Wert von ca. 10 mmHg. Darstellung des eingebrachten Stents. Die erneute Messung des Lebervenendruckgradienten ergibt einen Wert von ca. 10 mmHg. © Vogl TJ et al. Hessisches Ärzteblatt 2019; 80: 295-300, © Deutscher Ärzteverlag, Köln