Bei BCLC B gleich alles geben?

AIO-Herbstkongress 2024 Lara Sommer

Die HCC-Therapie erfordert interdisziplinäre Entscheidungen, mit Fortschritten in Adjuvanz, Systemtherapie und BCLC-B-Kombinationstherapien. Die HCC-Therapie erfordert interdisziplinäre Entscheidungen, mit Fortschritten in Adjuvanz, Systemtherapie und BCLC-B-Kombinationstherapien. © Rasi – stock.adobe.com

Die komplexen Therapiealgorithmen beim HCC setzen die Entscheidungsfindung in einer interdisziplinären Tumorkonferenz voraus, erinnerte ein Experte auf dem AIO Herbstkongress. Zudem schilderte er aktuelle Entwicklungen bei der postoperativen Adjuvanz, der palliativen System-therapie sowie einer möglichen Kombination aus TACE und Antikörpern im Stadium BCLC B.  

Adjuvanz nach Resektion/Ablation (BCLC A)

„Wir haben bereits bei kurativer Lokaltherapie kleinste Absiedlungen in der Leber“, rief Prof. Dr. Henning Wege vom Klinikum Esslingen ins Gedächtnis. Dies führe bei 50–70 % der Behandelten zu einer „Remanifestation“ der Tumorerkrankung in den ersten beiden Jahren. Das Risiko hänge grundsätzlich von der Größe der Läsionen, ihrer Anzahl und dem Differenzierungsgrad ab (s. Kasten). Vor diesem Hintergrund wurde eine adjuvante Systemtherapie geprüft. 

An der Studie IMbrave-050 nahmen 668 Erkrankte mit erstmals diagnostiziertem HCC teil, die nach kurativer Resektion oder Ablation krankheitsfrei schienen, aber ein hohes Rezidivrisiko aufwiesen. Sie wurden zu Atezolizumab plus Bevacizumab oder aktiver Überwachung randomisiert. Obwohl sich das rezidivfreie Überleben (RFS) in der ersten Interimsanalyse zugunsten der Adjuvanz unterschied (HR 0,72, p = 0,012), hatte dies nach median 35,1 Monaten Follow-up keinen Bestand. Die Kurven laufen wieder zusammen und das mediane RFS betrug mit der Prüfkombination 33,2 Monate, aber unter aktiver Überwachung 36,0 Monate.

Zusammenfassend ist eine adjuvante Behandlung nach kurativer Resektion oder Ablation des HCC weiterhin kein Standard of Care. Der Kollege mahnte daher: „Hier besteht ein hoher Medical Need, ein hoher Studienbedarf.“

Multimodale Therapie mit TACE plus Immunonkologika (BCLC B)

Der Experte sieht eine überzeugende Rationale dafür, TACE und Immuntherapien zu kombinieren. Er verwies auf abskopale Effekte: „Jede Art von Lokaltherapie, sei es eine Ablation, Bestrahlung oder die transarterielle Chemoembolisation, führt zur Freisetzung von Tumorantigenen, die von Immunzellen aufgenommen werden. Wir haben dann eine Immunantwort, die auch außerhalb des lokalen Tumors wirkt.“ Dies lasse sich durch immunonkologische Antikörper verstärken. Zudem verursacht die Embolisation eine Hypoxie, die wiederum die vermehrte Expression der Zielmoleküle PD-L1 und VEGF nach sich zieht.

Ergebnisse mehrerer Studien zu multimodalen Ansätzen belegen einen PFS-Vorteil für Erkrankte. Die Verantwortlichen von EMERALD-1 rekrutierten Personen mit unheilbarem HCC, die keine vorherige TACE oder Systemtherapie durchlaufen hatten. Alle Teilnehmenden erhielten innerhalb von 16 Wochen bis zu vier TACE-Behandlungen. Patient:innen in Arm B begannen schon während dieser Zeit mit der Einnahme von Durvalumab und bekamen nach Abschluss der Embolisationen zusätzlich zum CPI noch Bevacizumab. Das mPFS stieg für diese Gruppe um 6,8 Monate gegenüber TACE + Placebos, womit der primäre Endpunkt erreicht war (HR 0,77; p = 0,032). Das Zwölf-Monats-PFS betrug 55,5 % gegenüber 39,8 %.

In LEAP-012 wiederum erhielten Teilnehmende neben TACE (maximal zwei Anwendungen pro Läsion und vier insgesamt) entweder Lenvatinib und Pembrolizumab oder eine doppelte Placebokontrolle. Der primäre Endpunkt für das PFS wurde bereits erreicht, mit einer Ein-Jahres-Rate von 62,2 % vs. 43,4 % (HR 0,66; p = 0,0002). „Wir verschieben die Patient:innen radiologisch hin zu mehr Response“, schilderte Prof. Wege, etwa von einer stabilen Erkrankung zur Partial Response oder von der progredienten Erkrankung zur Stabilisierung. Allerdings erkauften die Verantwortlichen dies mit mehr Toxizitäten. Gut 70 % erlitten im Prüfarm Komplikationen vom Grad 3 oder 4 und 8,4 % mussten die Kombinationsbehandlung vollständig abbrechen.

„Es stellt sich sicherlich die Frage, welche Patient:innen für diese multimodalen Therapien geeignet sind“, gab der Onkologe zu bedenken. Zudem fehlen noch Daten dazu, wie es sich auf das Gesamtüberleben auswirkt, TACE und Systemtherapie gemeinsam statt in aufeinanderfolgenden Linien zu geben. Das OS könne eventuell auch insgesamt kürzer ausfallen, da im Rezidivfall weniger effektive Behandlungsoptionen verbleiben.

Hohes Rezidivrisiko nach kurativer Lokaltherapie (BCLC A)

Kriterien bei Resektion:

  • bis zu drei Tumoren, größte Läsion mit Durchmesser > 5 cm
  • vier oder mehr Läsionen, unabhängig von sonstigen Risikofaktoren
  • Gefäßinvasion oder schlecht differenzierter Tumor (Grad 3/4)

Kriterien bei Ablation:

  • ein Tumor mit Durchmesser 2–5 cm
  • multiple Läsionen (bis zu vier), alle ≤ 5 cm

Wahl und Sequenz der palliativen Systemtherapie (BCLC C)

Zuletzt präsentierte der Referent den Stand der palliativen Systemtherapie bei BCLC C. „Das sind Patient:innen mit makroskopischer Angioinvasion oder extrahepatischen Metastasen“, erinnerte er. Momentan empfehlen die Verfasser:innen der Living Guideline in der Erstlinie Atezolizumab plus Bevacizumab oder Durvalumab plus eine Einmaldosis Tremelimumab (STRIDE). Bei Progress oder Kontraindikationen gegen CPI findet ein Kinaseinhibitor (Lenvatinib oder Sorafenib) Anwendung.

Der Referent ist sich sicher, dass weitere immunonkologische Optionen hinzukommen werden. In CheckMate-9DW untersuchten Forschende, ob vier Zyklen einer CPI-Dublette (NIVO + IPI dreiwöchentlich), gefolgt von einer Nivolumab-Erhaltung, dem damaligen Erstlinienstandard einer TKI-Monotherapie überlegen sind. Teilnehmende hatten ein unresektables HCC, einen Child-Pugh-Score von 5 oder 6 und keine Invasion des Portalvenenhauptasts. Sie mussten darüber hinaus naiv gegenüber Systemtherapien sein. 

Es zeigte sich im Immuntherapiearm ein signifikanter Überlebensvorteil (mOS 23,7 Monate vs. 20,6 Monate, HR 0,79, p < 0,018). Die Ansprechrate lag bei 36 % gegenüber 13 % in der Kontrolle (p < 0,0001). Prof. Wege bezeichnete dieses zudem als „tief und anhaltend“. Zur Intensivierung der Therapie testen Wissenschaftler:innen auch verschiedene Tripletten, darunter die Addition von Bevacizumab zum STRIDE-Protokoll.

Quelle:
Wege H. 21. AIO Herbstkongress; Vortrag „State of the Art HCC“

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Die HCC-Therapie erfordert interdisziplinäre Entscheidungen, mit Fortschritten in Adjuvanz, Systemtherapie und BCLC-B-Kombinationstherapien. Die HCC-Therapie erfordert interdisziplinäre Entscheidungen, mit Fortschritten in Adjuvanz, Systemtherapie und BCLC-B-Kombinationstherapien. © Rasi – stock.adobe.com