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Her mit den Immunglobulinen!

In der Rheumatologie ist die wichtigste Indikation für die Gabe von intravenösen Immunglobulinen (IVIG) die Dermatomyositis, betonte Prof. Dr. Andreas Schwarting, von der Abteilung Rheumatologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Schon vor dreißig Jahren wurde bei therapieresistenten Dermatomyositispatienten die erste kontrollierte Studie mit Hochdosis-Immunglobulinen erfolgreich durchgeführt.
Die damalige IVIG-Dosierung von 2 g/kgKG pro Monat ist bis heute als Empfehlung geblieben und kam in der gerade beendeten ProDERM-Studie mit 95 Patienten wieder zum Einsatz. Man wählte als primären Endpunkt das Erreichen von mindestens 20 Punkten im Total Improvement Score (TIS), der sich aus verschiedenen Parametern wie manuelle Muskelkraft, vom Arzt bzw. Patienten bewertete globale Krankheitsaktivität und Muskelenzym-Werten zusammensetzt. Diesen Endpunkt erreichten nach 16 Wochen 79 % der Patienten in der IVIG-Gruppe und 44 % in der Placebogruppe. Nach 40 Wochen sah die Ansprechrate ähnlich aus. 15 % der Patienten kamen unter der Immunglobulintherapie sogar ganz ohne Glukokortikoide aus.
Indikationen für Immunglobuline in der Rheumatologie
- primäre und sekundäre Immundefekte
- Immunthrombozytopenie (ITP)
- Dermatomyositis, Polymyositis
- Immuntherapie-assoziierte Nebenwirkungen (Checkpoint-Inhibitoren)
Eine besondere Gefahr bei der Infusion von Immunglobulinen sind Thromboembolien. Sie traten auch in der ProDERM-Studie auf (1,54/100 Patientenmonate). Interessanterweise waren diese Thromboembolien abhängig von der Infusionsgeschwindigkeit, berichtete Prof. Schwarting. Nachdem diese reduziert worden war, ging die Rate auf 0,54/100 Patientenmonate zurück.
Empfohlen wird deshalb, Immunglobuline nicht schneller als 0,04 ml/kgKG/min zu infundieren. Bei Patienten mit thromboembolischem Risiko startet Prof. Schwarting vorsichtshalber sogar mit 0,01 ml/kgKG/min. Zusätzlich lässt sich die Nebenwirkungsrate durch die Verteilung der Gesamtdosis reduzieren. Es ist ratsam, die geforderten 2 g/kg KG über zwei bis fünf Tage zu verabreichen. Wiederholt werden diese Zyklen alle vier Wochen.
Ein zweites, immer wichtigeres Feld für Immunglobuline sind immunassoziierte rheumatische Nebenwirkungen, insbesondere nach der Gabe von Checkpoint-Inhibitoren. Die schwerwiegendste davon ist die Myositis. Ihre Mortalität liegt bei 1 % und beruht vermutlich auf der myokardialen Beteiligung. Aufpassen muss man bei Patienten, die Checkpoint-Inhibitoren einnehmen und – meist innerhalb der ersten 25 Tage nach Therapiebeginn – folgende Symptome entwickeln:
- polymyalgieähnliche Beschwerden in Schulter- und Beckengürtel
- Muskelschwäche, Myalgien
- Dysphagie, Dysarthrie, Dysphonie
- Dyspnoe, Palpitationen
In diesen Fällen muss das Präparat sofort abgesetzt werden. Parallel bekommt der Patient 1-2 mg/kgKG Glukokortikoide und IVIG, vorher evtl. noch eine Plasmapherese. Immunsuppressiva wie Mycophenolatmofetil, Methotrexat, Azathioprin oder Abatacept schließen sich an.
Ein weiteres Einsatzgebiet sind sekundäre Hypogammaglobulinämien. Als Auslöser gelten vor allem B-Zell-depletierende Wirkstoffe wie Rituximab, z.B. bei der Behandlung von RA oder Vaskulitiden. In einer neueren Studie kam heraus, dass sich die Rate der Hypogammaglobulinämien unter Rituximab je nach Erkrankung unterschied. Am häufigsten kam es bei ANCA-Vaskulitiden dazu, und zwar doppelt so oft wie bei RA-Patienten. Entscheidend war dabei aber nicht die Grunderkrankung, sondern die zusätzlich zu Rituximab verabreichte Kortisondosierung. Je höher diese ausfiel, desto größer wurde das Risiko, in eine Hypogammaglobulinämie zu rutschen, so Prof. Schwarting.
Auch wenn solche Rituximab-begünstigten Hypogammaglobulinämien einem immer wieder begegnen: Mit Immunglobulinen behandelt werden müssen sie dennoch eher selten. Therapiebedarf besteht, wenn das IgG < 3 g/l liegt und es tatsächlich zu klinischen Auswirkungen kommt. Dazu zählen rezidivierende Infekte, aber auch verminderte Impfantworten. Dosiert wird mit 0,4 g/kgKG pro Monat.
Als Immunmodulatoren kommen IVIG schließlich bei Immunthrombozytopenien zum Einsatz. Empfohlen werden je nach Thrombozytenzahl verschiedene Schemata, entweder 0,8-1 g/kgKG an Tag 1 und evtl. Tag 3, oder 0,4 g/kgKG täglich über zwei bis fünf Tage. Bei Thrombozytenzahlen unter 10.000 und Blutungsgefährdung wird zusätzlich ein Thrombopoetin-Rezeptor-Agonist verabreicht.
Kongressbericht: 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
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