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Herzrasen und Angst: Panikattacke, Rhythmusstörung oder beides?

Die Frau kämpfte schon seit 20 Jahren mit Herzrasen, „Rauschen im Kopf“, Schwindel, Druck auf der Brust, verbunden mit starken Angstgefühlen. Wegen dieser Panikattacken erhielt sie von ihrem Hausarzt ein Benzodiazepin bei Bedarf, zuletzt hatte die Patientin bis zu 3 mg Lorazepam pro Tag eingenommen.
Jetzt wurde sie mit der Diagnose „Panikstörung“ als Notfall in die Klinik eingewiesen. Dort berichtete sie, die Attacken haben in den letzten Wochen zugenommen und treten jetzt alle 10 bis 14 Tage auf. Die Episoden, bei denen ihr Herz „wie ein Maschinengewehr rattert“, kommen aus dem Nichts und enden nach bis zu 45 Minuten schlagartig. Alle beim Hausarzt registrierten EKGs hatten keine Auffälligkeiten gezeigt, schreiben Dr. Florian Hädrich und Kollegen von der Privat-Nerven-Klinik Dr. Fontheim in Liebenburg.
Zufällig verspürte die Frau in der Notaufnahme wieder Herzrasen und es gelang, unverzüglich ein EKG aufzuzeichnen. Statt der erwarteten Sinustachykardie beobachteten die Kollegen eine supraventrikuläre Tachykardie mit einer Frequenz von 196/min, die als AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT) interpretiert wurde.
Panikstörung am besten mit KVT behandeln
Unter einer Betablocker-Dauermedikation (zweimal täglich 47,5 mg Metoprolol) traten im Verlauf keine weiteren supraventrikulären Tachykardien auf. Die bestehende komorbide Panikstörung bekam die Patientin mit einer Verhaltenstherapie plus entsprechender Medikation in den Griff.
Die AVNRT ist die häufigste supraventrikuläre Tachykardie des Erwachsenen, sie macht 60 bis 70 % aller paroxysmalen Rhythmusstörungen aus, erklären die Autoren. Zugrunde liegt eine „duale AV-Knotenphysiologie“: Die Erregungen werden über zwei Bahnen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zum Ventrikel geleitet. Bei einer früh einfallenden supraventrikulären Extrasystole als klassischem Auslöser kommt es zu einer kreisenden Erregung und so für einen begrenzten Zeitraum zur Tachykardie.
Frequenzen über 160 kennzeichnen die Re-entry-Tachykardie
Nicht selten werden solche Rhythmusstörungen insbesondere bei Frauen übersehen oder als Panikattacke interpretiert, so die Kollegen. Erschwert wird die Unterscheidung dadurch, dass beides auch zusammen auftreten kann. So erfüllten in einer retrospektiven Studie 67 % der Patienten mit AVNRT auch die Kriterien einer Panikstörung.
Aufgrund der therapeutischen Konsequenzen ist die Differenzialdiagnose aber wichtig. Die Höhe der Herzfrequenz kann einen wichtigen Hinweis geben: Als typisch für die Panikattacke gilt eine Sinustachykardie von maximal 120/min mit Frequenzvariabilität.
Betablocker verhindern Anfälle
Die AVNRT ist charakterisiert durch eine höhere Frequenz von 160 bis 180/min – diese sollte immer Anlass zu einer erweiterten kardiologischen Diagnostik geben. Gelingt es, die AV-Knoten-Reentry-Tachykardie aufzuzeichnen, findet man i.d.R. schmale Kammerkomplexe und fehlende P-Wellen. Bleibt die Diagnose auch im 24-Stunden-EKG offen, gilt die Implantation eines Event-Recorders als Goldstandard.
Durch die Gabe von Betablockern lässt sich das erneute Auftreten von supraventrikulären Tachykardien meist verhindern. Bei länger dauernden Episoden und vorgeschädigtem Herzen muss möglicherweise eine antiarrhythmische Akuttherapie (z.B. mit Adenosin i.v.) erfolgen, um eine kardiale Dekompensation zu verhindern.
Quelle: Florian Hädrich et al; DNP 2015; 16: 38-41
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