Hörsturz trifft Diabetes: Kortison ins Mittelohr spritzen

Dr. Dorothea Ranft

Die lokale Kortisontherapie wirkt so gut wie die systemische. Die lokale Kortisontherapie wirkt so gut wie die systemische. © iStock/andegro4ka; iStock/dvarg

Die klassische Hörsturztherapie mit hoch dosierten systemischen Glukokortikoiden ist bei Diabetikern mit erheblichen Risiken verbunden. Schließlich drohen jederzeit Blutzuckerentgleisungen. Es gibt jedoch eine Alternative: die intratympanale Injektion.

Patienten mit Diabetes mellitus haben ein zweifach höheres Hörsturzrisiko als Stoffwechselgesunde. Außerdem verläuft die Erkrankung bei ihnen in der Regel schwerer. Sie tritt häufiger bilateral auf und es kommt auch öfter zu Rezidiven. Ausschließlich im Falle eines geringfügigen Hörverlusts ohne Beeinträchtigung des sozialen Gehörs darf man eine Spontanheilung abwarten, betont das Team um Dr. Barbara Leggewie von der Universitäts-HNO-Klinik Mainz.

Bei einem ausgeprägten Fall mit vestibulärer Beteiligung heißt es hingegen: sofort behandeln. Gleiches gilt für Betroffene mit vorgeschädigtem Gehör. Die Primärtherapie umfasst ein systemisches Steroid, vorzugsweise 250 mg Prednisolon hoch dosiert über mindestens drei Tage.

Es gelangt über 1000 Mal mehr Wirkstoff in die Perilymphe

Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählt die Hyperglykämie. Umso wichtiger ist eine konsequente Überwachung des Blutzuckers z.B. mit Tagesprofil. Dennoch lässt sich eine Insulinbehandlung unter hoch dosierten Steroiden oft nicht vermeiden. Bei kurzfristigem Einsatz kann man dem postprandialen Glukoseanstieg mit einem kurzwirksamen Mahlzeiteninsulin entgegenwirken. Bisher medikamentös behandelte Typ-2-Diabetiker erhalten Insulin zur Korrektur erhöhter Blutzuckerwerte (Ziel: 140 mg/dl), Basalinsulin- und Korrekturdosen werden initial um 20 % gesteigert und abhängig der gemessenen Werte dann angepasst.

Derartige Mühen mit der Stoffwechseleinstellung lassen sich durch eine intratympanale Steroidtherapie vermeiden. Dabei wird das Glukokortikoid durch das Trommelfell ins Mittelohr gespritzt und gelangt durch die Membran des runden Fensters in die Perilymphe. Aufgrund der so umgangenen Blut-Cochlea-Schranke kann eine bis zu 1270-fach höhere Wirkstoffkonzentration als mit der systemischen Gabe erreicht werden.

Keine hyperglykämischen Zwischenfälle aufgetreten

Im direkten Vergleich mit der oralen Therapie erwies sich die intratympanale als nicht unterlegen – in einer Studie erreichte sie eine Hörverbesserung von 30,7 dB (vs. 28,7 dB). An Nebenwirkungen muss man mit vorübergehenden Schmerzen an der Injektionsstelle und mit Schwindel rechnen. Auch ein persistierender Trommelfelldefekt und eine akute Otitis media können auftreten. Hyperglykämische Zwischenfälle traten unter der intratympanalen Therapie in keiner Studie auf. Die Applikation durchs Mittelohr hat sich somit als sicheres Verfahren erwiesen, schreiben die Autoren.

Quelle: Leggewie B et al. HNO 2019; 67: 639-648

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