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Antikoagulation bei Diabetespatienten mit Vorhofflimmern empfohlen

Sämtliche Patienten mit Vorhofflimmern sollten in Bezug auf ihr Thromboembolierisiko mittels CHA₂DS₂-VASc-Score stratifiziert werden, betonte Professor Dr. Nikolaus Marx, Uniklinik RWTH Aachen. Der CHA₂DS₂-VASc-Score bewertet folgende Risikofaktoren mit Punkten:¹
- Herzinsuffizienz: 1 Punkt
- Hypertonie: 1 Punkt
- Diabetes: 1 Punkt
- Stattgehabter Apoplex/transient ischämische Attacke: 2 Punkte
- Vaskuläre Erkrankung (koronare Erkrankung oder periphere arterielle Verschlusskrankheit): 1 Punkt
- Alter 65–75: 1 Punkt
- Alter > 75 Jahre: 2 Punkte
- Weibliches Geschlecht: 1 Punkt
Nur Patienten mit einem CHA₂DS₂-VASc-Wert von 0 und Patientinnen mit einem Wert von 1 benötigen prinzipiell keine Antikoagulation. Das sind Diabetespatienten aber von vorneherein nicht, weil ihre Stoffwechselerkrankung bereits einen Punkt in dem Risikoscore bedeutet. Die Antikoagulation wird bei Männern bereits ab einem Punkt, bei Frauen wegen des Punkts für ihr Geschlecht ab 2 Punkten mit einer Evidenzklasse IIa empfohlen.
Statistisch entspricht ein CHA₂DS₂-VASc-Wert von 1 bereits einer Verdoppelung des adjustierten Schlaganfallrisikos pro Jahr, ein Wert von 2 einer Verdreifachung. Wenn ein weiterer Risikofaktor hinzukommt, beispielsweise ein Alter über 65 Jahre oder Bluthochdruck, spricht die Evidenz noch klarer für eine Antikoagulation. Dies resultiert in einer Klasse-1-Empfehlung der Antikoagulation in den Leitlinien der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft (ESC) bei Männern mit 2 Punkten und Frauen mit 3 Punkten nach dem CHA₂DS₂-VASc-Instrument.² Das ist bei Patienten mit Diabetes sehr häufig der Fall, insbesondere in höherem Alter. Prof. Marx betonte, dass gerade ältere Patienten wegen ihres relativ hohen Schlaganfallrisikos besonders von der Antikoagulation profitieren und deshalb davon nicht ausgenommen werden sollten.
NOAK werden vorrangig von der ESC-Leitlinie empfohlen
Zur Antikoagulation stehen Vitamin-K-Antagonisten und NOAK zur Verfügung. Die Leitlinie der ESC empfiehlt vorrangig den Einsatz von NOAK. Ausnahmen sind Patienten mit mechanischen Herzklappen und Patienten mit moderater bis schwerer Mitralstenose. Eine Plättchenhemmer-Monotherapie zur Schlaganfallprävention wird dagegen nicht empfohlen, betonte Prof. Marx – auch wenn es Patienten gibt, die ihr „Wohlfühlaspirin“ haben möchten. Das gilt selbst bei bestehenden Plaques – es gibt laut Prof. Marx keine Evidenz, dass diese Patienten von Acetylsalicylsäure profitieren.
Eine Konversion mit dem Versuch, die Patienten wieder in einen normalen Sinusrhythmus zu bringen, ist nicht zwingend erforderlich – prognostisch macht das laut Prof. Marx bei Vorhofflimmern keinen Unterschied. Das Vorgehen ist bei Patienten mit Diabetes nicht anders als bei Patienten ohne Diabetes:³ Eine Rhythmuskontrolle ist nur bei symptomatischen Patienten nach adäquater Frequenzkontrolle indiziert. Dazu sollte die Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten durch das Vorhofflimmern nach dem Score der Heart Rhythm Association (EHRA) erfragt werden.²
Digitalis nur als absolutes Reservemedikament
Die Herzfrequenz sollte laut Prof. Marx in einem Bereich von 90 bis 110 Schläge pro Minute liegen und im Langzeit-EKG kontrolliert werden. Als Medikamente kommen Betablocker, bei linksventrikulärer Ejektionsfraktion von mindestens 40 % auch die Non-Dihydropyridin-Kalziumantagonisten Verapamil und Diltiazem infrage. Digitalis ist ein absolutes Reservemedikament, wenn nichts anderes hilft. Der Wirkstoff setzt zudem eine ausreichende Nierenfunktion voraus.
Quellen:
¹ Lip GY et al. Chest 2010; 137: 263-272
² Kirchhof P et al. Eur Heart J 2016; 37: 2893-2962
³ Schütt K et al. Diabetologie und Stoffwechsel 2018; 13(Suppl. 2): 5214-5216
Diabetes Kongress 2019
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