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Synkopen bringen einen manchmal zur Verzweiflung

Fall 1
Wegen Vorhofflimmerns nahm eine 84-Jährige täglich 50 mg Atenolol, 200 mg Amiodaron und ein nicht-Vitamin-K-abhängiges orales Antikoagulanz. Nun war ihr schwindlig. Das 24-Stunden-EKG zeigte eine Sinusbradykardie mit 50 Schlägen pro Minute. Man entschied sich dafür, den Betablocker abzusetzen, Amiodaron lief weiter, berichtete Dr. Moshe Rav Acha vom Jesselson Integrated Heart Center an der Hebrew University in Jerusalem.
Nach ein paar Tagen fühlte sich die Patientin wieder schwindlig und schlapp. Sie führte das auf das fehlende Atenolol zurück und nahm es eigenmächtig wieder ein. Dieser Entschluss brachte sie rasch mit einer Synkope in die Notaufnahme. Wenig überraschend bot sie wieder eine Sinusbradykardie. Auf Isoprenalin sprach sie nicht an. Die Kollegen entschieden sich daher für die Gabe von Glukagon (5 mg i.v.), das die Betablockade antagonisierte. Das Herz kam wieder in Schwung und die alte Dame zurück auf die Beine. Hier lag der Fall recht klar: Für die 84 Jährige waren 50 mg Atenolol definitiv zu viel.
Fall 2
Bei einem 88-jährigen Patienten gestaltete sich die Sache nicht so einfach. Er fühlte sich seit zwei Wochen schlapp und weniger leistungsfähig, schließlich erlitt er im Sitzen eine Synkope ohne Prodromi. Die Dauermedikation bestand aus Metformin, Statin und Salmeterol/Fluticason. Im EKG sah man einen (bekannten) Rechtsschenkelblock sowie vorzeitige Vorhof- und Kammerkontraktionen, die durchschnittliche Frequenz betrug 58/Minute. Das transthorakale Echo ergab keinen pathologischen Befund, der Karotisdruckversuch fiel negativ aus.
Unter dem Verdacht eines Sick-Sinus-Syndroms und aufgrund des Patientenwunsches, seinen Führerschein behalten zu dürfen, implantierten die Kollegen einen Schrittmacher. Einen Monat später haute es ihn wieder um, diesmal nach dem Aufstehen aus sitzender Position. Die nun durchgeführte Kipptischuntersuchung brachte eine vasovagale Reaktion ans Licht. Die Unterscheidung dieses Geschehens vom Sick-Sinus-Syndrom fällt gerade bei Älteren nicht leicht, erklärte Dr. Rav Acha. Trigger und Prodromi fehlen bei ihren vasovagalen Episoden häufig.
Fall 3
Dr. Martin Huth Ruwald vom Department of Cardiology am Herlev and Gentofte Hospital in Kopenhagen stellte einen 60-jährigen übergewichtigen Hypertoniker vor. Er rauchte zudem und trank 25–30 Bier pro Woche. Der Blutdruck lag unter Metoprolol (100 mg), Enalapril/HCT und Amlodipin zu Hause im Durchschnitt bei 138/83 mmHg. Wegen einer benignen Prostatahyperplasie nahm er noch einen Alphablocker.
Nach zwei Synkopen innerhalb von zwei Monaten – jeweils ohne ärztliche Untersuchung – kam er mit der dritten in die Klinik. Sie traf ihn nach einer Mahlzeit und langem Stehen auf einem Konzert. Der Kollaps kündigte sich durch Schwäche, Schwindel, Übelkeit und Schwitzen an. Bei der Untersuchung fiel ein Systolikum auf, das EKG deutete auf eine Ischämie hin. In der Echokardiographie fand sich eine linksventrikuläre Hypertrophie mit normaler Ejektionsfraktion, Labor und Karotisdruckversuch waren unauffällig.
Die Kollegen gingen von einer vasovagalen Synkope aus, setzten den Alphablocker ab und reduzierten den Betablocker auf 50 mg. Mit einem externen Loop-Rekorder versehen, entließen sie den Patienten. Der Rekorder zeichnete über 14 Tage keine Arrhythmien auf und der Mann blieb in dieser Zeit beschwerdefrei.
Doch zwei Monate später fiel er erneut um, wieder nach langem Stehen und mit Prodromi. Im Orthostasetest sank der Blutdruck nach drei Minuten Stehen um mehr als 20/10 mmHg. Die Kardiologen schlossen aus den Befunden auf eine Mischung aus vasovagaler Synkope und verzögerter orthostatischer Hypotonie.
Therapeutisch gilt es nun, zwischen kardialem Risiko durch die Vorerkrankungen und Verletzungsrisiko durch erneute Synkopen abzuwägen. Die Kollegen entschlossen sich, den Kalziumantagonisten abzusetzen. Im Verlauf gab es keine weiteren Ereignisse, sodass das Team um Dr. Ruwald noch keine Indikation für einen Schrittmacher sah. Der Mann hat zudem etwas abgenommen und seine körperliche Fitness verbessert, wodurch er sein kardiovaskuläres Risiko senken konnte.
Kongressbericht: European Society of Cardiology (ESC) Congress 2019
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