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Welche Diagnostik bei unklaren Synkopen weiterhilft
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Die ersten Untersuchungen nach einer Synkope sollten zunächst zwischen einem nicht-synkopalen Mechanismus und einer speziellen Ätiologie unterscheiden lassen. Ereignisse nicht-synkopaler Ursache wie z.B. epileptische Anfälle oder vertebrobasiläre Ischämien machen in der Regel eine entsprechende fachärztliche Weiterbetreuung erforderlich. Die anderen teilt die aktuelle Leitlinie unter Federführung von Professor Dr. Rolf R. Diehl, Klinik für Neurologie, Alfried Krupp Krankenhaus Essen, in vier wesentliche Bereiche ein.
Vermutete kardiale Synkopen
Eine Reihe von Hinweisen sollte an eine kardiale Grunderkrankung als Auslöser für die Bewusstlosigkeit denken lassen:
- bekannte strukturelle oder koronare Herzkrankheit
- Synkopen während körperlicher Anstrengung oder im Liegen
- Palpitationen unmittelbar vor der Attacke
- plötzlicher Herztod in jungen Jahren bei nahen Verwandten
- EKG-Auffälligkeiten (z.B. AV-Block II. Grades, persistierende Sinusbradykardie < 40/min, veränderte QT-Intervalle)
Der Verdacht auf das kardiale Geschehen kann durch Zusatzuntersuchungen gesichert werden. In Sachen EKG bringt aber die Langzeitaufzeichung nur wenig. Mehr Bedeutung haben laut Leitlinie externe und implantierbare Ereignisrekorder. Das Echo dient der genaueren Abklärung, wenn der Verdacht auf eine strukturelle Herzerkrankung im Raum steht. Allerdings weist man damit nur selten Ursachen wie Aorten-/Mitralklappenstenosen, Tumoren, Thromben, Aortendissektion oder eine Perikardtamponade nach.
AV-Block 3. Grades als Beleg für eine kardiale Ursache
Die Ergometrie empfehlen die Autoren für Patienten, die während oder kurz nach körperlicher Belastung synkopieren. Lässt sich ein erneutes Ereignis, begleitet von einer Arrhythmie oder Hypotonie, provozieren, beweist das den Zusammenhang. Als Beleg gilt auch ein AV-Block 2. Grades Typ Mobitz 2 sowie ein AV-Block 3. Grades mit oder ohne Ohnmacht. Um ein vasovagales Geschehen handelt es sich, wenn es sofort nach der Belastung eintritt und mit einer massiven Hypotonie einhergeht.
Die klare Indikation zur elektrophysiologischen Untersuchung mittels Stimulationskatheter sehen die Experten bei ischämischer Herzerkrankung, wenn sich eine Synkope auf nicht-invasivem Wege nicht abklären ließ. Relative Indikationen bestehen in diesen Fällen bei Patienten mit bifaszikulärem Block, der Synkope vorausgehenden plötzlichen und kurzen Palpitationen sowie bei Sinusbradykardie.
Vasovagale Synkopen
Den Verdacht auf eine vasovagale Genese begründen folgende Faktoren:
- keine kardiale Vorerkrankung
- sehr lange, in die Jugend reichende Synkopenanamnese
- im Vorfeld unangenehmer Reiz oder Schmerz
- längeres Stehen, vor allem in warmen und überfüllten Räumen
- Übelkeit/Erbrechen in Verbindung mit der Synkope
- vor dem Ereignis Blässe oder starkes Schwitzen
- Synkopen nach Anstrengung, beim Essen, bei Kopfdrehung oder durch Druck auf den Karotissinus
Passiert das Ganze nur einmal oder sehr selten, muss man es nicht weiter abklären. Ansonsten geben ein paar einfache Untersuchungsmethoden evtl. Aufschluss.
Im Kipptischtest dient langes, ruhiges Stehen über 45 Minuten bei 60–70 % Neigung ohne Nutzung der Beinmuskelpumpe als Provokationstest. Er sollte morgens am nüchteren Patienten erfolgen. Kommt es während des Stehens zu einer (Prä-)Synkope mit Hypotonie (systolischer Druck < 90 mmHg) und/oder Bradykardie (Puls < 40/min) oder gar einer Asystolie (Pause > 3 s), gilt eine orthostatische vasovagale Synkope als gesichert.
Die Wahrscheinlichkeit, eine Synkope auszulösen, steigt, wenn man die Probanden erst 20 Minuten ohne und dann weitere 20 Minuten mit 400 µg Nitroglyzerin sublingual stehen lässt. Damit wächst aber auch die Gefahr falsch positiver Befunde. Die Experten raten von der routinemäßigen Doppelprovokation ab.
Indikationen für den Kipptischtest bei Verdacht auf eine vasovagale Synkope
- häufig rezidivierende Synkopen
- Synkopen mit Verletzungsfolgen
- mit EEG- und Videoableitung: zur Unterscheidung konvulsiver Synkopen von generalisierten tonisch-klonischen Anfällen
- mit EEG-Ableitung: Bei V.a. dissoziative Anfälle beweist die Symptompräsentation ohne begleitende Kreislauf-/EEGVeränderungen die psychogene Pseudosynkope
- bei sicherer vasovagaler Synkope zum Einüben isometrischer Gegenmanöver in der Prodromalphase
Bei unklaren Synkopen hilft der impantierbare Rekorder
Für über 60-Jährige mit unklaren Synkopen oder Menschen, die im Zuge von Stimulationen am Hals umfallen, kommt die Karotissinusmassage als Provokationstest in Frage (s. Kasten). Den implantierbaren Ereignisrekorder empfiehlt die Leitlinie bei unklaren Synkopen oder vermuteten bzw. gesicherten vasovagalen Synkopen u.a. im Falle von rezidivierenden Ereignissen von Niedrig-Risiko-Patienten oder für Hochrisikopatienten, bei denen die Abklärung bisher nichts ergab.So läuft die Karotissinusmassage ab
Orthostatische Hypotonie
Eine orthostatische Intoleranz kurz nach dem Hinstellen weckt den Verdacht auf eine orthostatische Hypotonie, auch wenn der Stehtest negativ ausfällt. Daher sollte man in diesen Fällen die Blutdruckmessung im Liegen und Stehen an mehreren Tagen wiederholen. Zur weiteren Abklärung gehören Routinelabor, neurologische Untersuchung, Kipptischtest und autonome Tests zur Prüfung von Herzvagus und sudomotorischer Funktion. Manchmal liegt begleitend ein Liegehypertonus vor, der sich durch die Messung im Liegen und ein Blutdrucktagebuch erkennen lässt.Posturales Tachykardiesyndrom
Auch das posturale Tachykardiesyndrom bleibt manchmal im aktiven Stehtest unentdeckt, der Kipptisch bringt es dann aber in der Regel ans Licht.Quelle: S1-Leitlinie „Synkopen“, AWMF-Register-Nr. 030-072
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