Bei Bluthusten die Antikoagulation immer absetzen?

Manuela Arand

Nicht immer kann man die Antikoagulation bei blutigem Husten ausklingen lassen. Nicht immer kann man die Antikoagulation bei blutigem Husten ausklingen lassen. © iStock/Osobystist

Hustet ein Patient unter oraler Antikoagulation Blut, neigt man dazu, die Behandlung sofort und ein für alle Mal zu beenden. Allerdings erfolgt die Gerinnungshemmung aus gutem Grund. Ob die Therapie tatsächlich enden oder nur pausieren muss, hängt davon ab, was hinter den Hämoptysen steckt.

Wie oft es unter oralen Antikoagulanzien (OAK) zu Lungenblutungen kommt, ist schwer zu sagen. „In der Literatur finden sich im Wesentlichen Fallberichte“, erklärte Privatdozent Dr. Matthias Held von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Pneumolgie & Beatmungsmedizin am KWM Klinikum Würzburg Mitte. Systematisch erfasst wurde diese Komplikation ohnehin nur für die nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagu­­lanzien (NOAK).

Als die Vitamin-K-Antagonisten (VKA) zugelassen worden sind, waren die Anforderungen an Zulassungsstudien bei Weitem nicht so streng wie heute. Insgesamt gebe es aber nur eine mehr oder minder schwammige Datenlage (siehe Kas­ten), kritisierte der Kollege. Was bei allen NOAK und VKA fehle, seien Angaben zum Schweregrad der Blutung.

Schwammige Angaben zu Hämoptysen unter OAK

  • In der Fachinfo von Rivaroxaban steht unter Nebenwirkungen, Nasenbluten würde am häufigsten gemeldet (4,5 %). Hämoptysen werden in einer Tabelle zumindest erwähnt.
  • Bei Apixaban erfolgt die Aufschlüsselung nach Indikationen: Epistaxis gelegentlich (1:100 bis 1:1000) bis häufig, Hämoptysen selten (1:1000 bis 1:10 000) bis gelegentlich, Blutung der Atemwege nicht bekannt bis selten.
  • Bei Dabigatran gibt es die gleichen Angaben zu Nasenbluten und Hämoptysen, ebenfalls unterteilt nach Indikationen.
  • Bei Phenprocoumon lauten die Angaben: Nasenbluten sehr häufig, Blutungen in die Pleurahöhle gelegentlich.

Akute Entzündungsprozesse erhöhen die Vulnerabilität

Es gibt viele Gründe, weshalb es aus der Lunge bluten kann – Tumoren natürlich, Lungenembolien oder Malformationen, um nur einige zu nennen. Eine wichtige Ursache sind Entzündungsprozesse, etwa Pneumonien und Bronchitiden. Sie erhöhen akut die Vulnerabilität der Atemwegswände, aus denen es dann leichter blutet. Vor allem alveoläre Hämorrhagien, die unter allen oralen Antikoagulanzien, aber auch unter niedermolekularem Heparin beschrieben sind, können diagnostische Probleme machen. Führen sie nicht zu Hämoptysen, bekommt man die Blutung oft gar nicht mit, warnte der Pneumologe. „Dem Patienten geht es schlechter und schlechter und es bleibt schleierhaft, warum.“ Zumal das CT Bilder liefert, die einer interstitiellen Lungenerkrankung zum Verwechseln ähnlich sehen. Prof. Held hat schon mehrfach erlebt, dass Kollegen ihm solche Patienten mit der Bitte geschickt haben, er möge doch bioptisch abklären, was dahinter stecke. Aber natürlich „müssen wir uns hüten, diese Patienten zu punktieren“. Bei passageren Entzündungen fällt die Entscheidung leicht, die OAK auszusetzen und wieder zu beginnen, wenn die Inflammation abgeklungen ist. Schwieriger wird es bei rezidivierenden oder chronischen Entzündungen. Diente die Antiko­agulation dem Zweck, einen Schlaganfall bei Vorhofflimmern abzuwenden, kommt als prophylaktische Alternative eventuell der Vorhofohr-Occluder infrage, dem Prof. Held aber eine gewisse Skepsis entgegenbringt. Seiner Ansicht nach sind zu viele Fragen offen und die Studienergebnisse nicht überzeugend genug, um das Verfahren breit zu empfehlen. Möglicherweise bietet die Genotypisierung bald eine Entscheidungshilfe: In einer niederländischen Familie konnten Polymorphismen zweier Allele identifiziert werden, die mit einem erhöhten Risiko alveolärer Hämorrhagien unter oraler Antikoagulation einhergehen.

Quelle: 60. Kongress der DGP*

* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

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Nicht immer kann man die Antikoagulation bei blutigem Husten ausklingen lassen. Nicht immer kann man die Antikoagulation bei blutigem Husten ausklingen lassen. © iStock/Osobystist