Diabetes und Herzschwäche: Tipps für die Behandlung zweier oft komorbid vorliegender Erkrankungen

Dr. Sascha Bock

Herzschwache Diabetikern und diabeteskranke Herzschwachen sind recht häufig zu finden. Herzschwache Diabetikern und diabeteskranke Herzschwachen sind recht häufig zu finden. © iStock/ninitta

Jeder zehnte bis fünfte Typ-2-Diabetiker hat eine Herzinsuffizienz. Umgekehrt leiden bis zu 47 % der Herzschwachen an der Stoffwechselerkrankung. Für US-Fachgesellschaften Grund genug, Empfehlungen speziell für die komorbiden Patienten zu veröffentlichen.

Schon allein der Diabetes verlangt Betroffenen einiges ab: Glukosemonitoring, diätetische Maßnahmen, köperliche Aktivität, Gewichtsreduktion etc. Besteht zudem eine Herzinsuffizienz, müssen sie u.a. an Salzrestriktion denken. Kein Wunder, dass die Therapie­adhärenz zu wünschen übrig lässt und Patienten ihre eigenen Prioritäten setzen (BZ-Messung ja, tägliches Wiegen nein).

Benötigt wird eine Hilfestellung durch den behandelnden Arzt und ein interdisziplinäres Konzept insgesamt, heißt es in einem wissenschaftlichen Statement von AHA* und HFSA** zum Thema Typ-2-Diabetes und Herzinsuffizienz. Schließlich triggert eine Erkrankung die andere. Liegen beide gemeinsam vor, verschlechtern sich Mortalität, Hospitalisierungsrate und Lebensqualität zusätzlich.

Für sonst gesunde Diabetiker sehen die meisten Leitlinien ein HbA1c-Ziel von ≤ 7 % vor. Herzschwache Patienten weisen offenbar eine U-förmige Mortalitätskurve auf, die ihren Tiefpunkt bei einem HbA1c zwischen 7 % und 8 % hat. Den Experten zufolge sollte sich der Wert in diesem Bereich bewegen, wobei die glykämische Kontrolle durchaus individuell an den Schweregrad der Insuffizienz und weitere Komorbiditäten angepasst werden kann.

Auch bei Herzschwäche gilt Metformin als angemessene First-Line-Therapie (s. Kasten unten). Das Medikament sei effektiv, sicher und wird allgemein gut toleriert, schreiben die US-Kollegen. Ebenso eignen sich SGLT2-Inhibitoren. Sekundäranalysen der entsprechenden kardiovaskulären Outcome-Studien zeigten eine Reduktion der herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen.

Von der Theorie in die Praxis

Was ist die beste glukosesenkende Therapie für folgenden Patienten: 78-jähriger Diabetiker, nicht-ischämische Kardiomyopathie mit kürzlich diagnostizierter symptomatischer Herzinsuffizienz (EF 30 %), eGFR 77 ml/min/1,73 m2? Kontraindiziert sind Insulinsensitizer. DPP4-Hemmer gilt es zu vermeiden, weil manche das Hopsitalisierungsrisiko wegen der Herzkrankheit erhöhen (nicht Sitagliptin). GLP1-Agonisten sollte man bei kürzlicher Dekompensation nicht geben. Sulfonylharnstoffe und Insulin kommen nur dann zum Einsatz, wenn andere Optionen nicht ausreichen. Bleiben noch SGLT2-Hemmer und Metformin, wobei Letzteres die angemessene First-Line-Therapie darstellt. SGLT2-Hemmer kann man erwägen, weil sie das Risiko für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierungen zu reduzieren scheinen.

Glitazone erhöhen Risiko für Hospitalisierungen

Weniger infrage kommen DPP4-­Hemmer (Risiko-Nutzen-Verhältnis bei den meisten Vertretern ungünstig). Von Glitazonen raten die Autoren ab, sie erhöhen das Risiko für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationen. GLP1-Agonisten sollte man vor allem bei einer kürzlich dekompensierten Insuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) zurückhaltend einsetzen. Zwei kleinere Studien deuteten in diesem Fall auf ein schlechteres Outcome hin. Für Patienten mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) fehlen zuverlässige Daten. Sulfonylharnstoffe oder Insulin kommen vorzugsweise erst dann ins Spiel, wenn eine ausreichende glyk­ämische Kontrolle ausbleibt. Obwohl gerade Herzschwache häufig erstere erhalten, wurde der klinische Verlauf unter der Medikation noch nicht randomisiert untersucht. Eine laufende Studie mit Linagliptin vs. Gli­mepirid soll diese Lücke schließen. Bei begleitender Niereninsuffizienz gibt es ebenfalls nur begrenzt Evidenz bezüglich der optimalen glukosesenkenden Behandlung. Über einer eGFR von 30 ml/min/1,73 m2 bleibt Metformin erste Wahl. Insulin eignet sich (ggf. dosisadaptiert) bei jeder eGFR. Hingegen sollte man langwirkende Sulfonylharnstoffe meiden. SGLT2-Hemmer erscheinen aufgrund ihres nephroprotektiven Potenzials vielversprechend, Sicherheitsdaten bei schwer eingeschränkter Nierenfunktion stehen allerdings noch aus. Die Therapie der Herzinsuffizienz richtet sich nach den entsprechenden Leitlinien. Unabhängig vom Diabetes-Status sei der Benefit von RAAS-Hemmern, ARNI, Betablockern, Ivabradin und ICD/CRT gut belegt, so die US-Kollegen.

Diabetestherapie am Herzlimit

Unter den Patienten, die ein linksventrikuläres Assist-Device (LVAD) erhalten, bewegt sich die Diabetesprävalenz zwischen 30 % und 40 %. Bei den Herztransplantierten sind es ungefähr 18 %. Während der Evaluation für einen der Eingriffe und im Anschluss lohnt immer die Zusammenarbeit mit einem Endokrinologen. Die Stoffwechselerkrankung geht vielen Studien zufolge mit einem schlechteren Outcome nach LVAD-Implantation einher. Allerdings bessert sich die glykämische Kontrolle oft, sodass die Therapie evtl. angepasst werden muss. Am Langzeitüberleben nach einer Transplatation ändert ein Diabetes wohl nichts. Vor dem Eingriff sollte der HbA1c unter 7,5 % liegen. Danach muss man den Blutzuckerspiegel besonders im Auge behalten, denn Immunsuppressiva können die glykämische Kontrolle verschlechtern.

Patientenedukation darf bei Niereninsuffizienz nicht fehlen

Zudem verbessern ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptor-Blocker und ARNI bei HFrEF-Patienten die glyk­ämische Kontrolle, während Spironolacton diese moderat verschlechtern könnte. Unter den Betablockern hat Carvedilol möglicherweise den günstigsten Effekt auf die BZ-Einstellung. Kommen HFrEF, Diabetes und moderate Niereninsuffizienz zusammen, startet die Behandlung mit einem niedrig dosierten RAAS-Hemmer. Unter Kontrolle der renalen Funktion und des Kaliumspiegels wird dann auftitriert. Auch eine Patienten­edukation darf nicht fehlen. Betroffene sollten Kaliumsupplemente und stark kaliumhaltige Lebensmittel meiden und auf Medikamente verzichten, die das Hyperkaliämierisiko erhöhen (z.B. NSAR).

* Amercian Heart Association
** Heart Failure Society of America

Quelle: Dunlay SM et al. Circulation 2019; 140: e294-e324; DOI: doi.org/10.1161/CIR.0000000000000691

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