Hypercholesterinämie: Therapie ja oder nein?
Steckbrief: Hypercholesterinämie
Patientin
Körpermaße
| Unser Experte:
Prof. Dr. Klaus G. Parhofer, Medizinische Klinik II – | |
Welche Bedeutung hat der hohe HDL-Wert? Wie ist die permanent hohe Körperfettanzeige zu verstehen? Die Patientin isst sehr fettarm und hat dennoch erhöhtes Cholesterin und erhöhtes Körperfett. Gibt es für diese Werte eine Erklärung? |
Was fängt man mit dieser „Risikokonstellation“ an?
Bei der Patientin liegt eine grenzwertige Erhöhung des Gesamtcholesterins vor, wobei diese allein auf ein sehr hohes HDL-Cholesterin zurückzuführen ist. Zahlreiche epidemiologische Studien haben gezeigt, dass ein erhöhter HDL-Cholesterinwert mit einem verringerten Atheroskleroserisiko assoziiert ist und sich damit primär keine therapeutische Konsequenz ergibt. Nur wenn die Familienanamnese sehr positiv für Atheroskleroseerkrankungen wäre, müsste dies eventuell anders beurteilt werden. Es ist problematisch, sich bei der Abschätzung des Risikos und damit bei der Frage der Behandlungsbedüftigkeit eines Patienten auf den Parameter „Gesamtcholesterin“ zu verlassen.
Gesamtcholesterin erlaubt keine Risikoschätzung
In epidemiologischen Untersuchungen korreliert der Gesamtcholesterinwert zwar sehr gut mit dem LDL-Cholesterinwert der Patienten, dem eigentlichen Atherosklerosefaktor. Auf individueller Ebene gibt es jedoch eine erhebliche Variationsbreite, wie der angesprochene Fall zeigt. Aus dem Gesamtcholesterinwert von 241 mg/dl ist nicht ableitbar, ob HDL-Cholesterin und LDL-Cholesterin (wie hier vorliegend) in einem sehr günstigen Bereich liegen oder ob sich dahinter eine atherogene Lipidkonstellation verbirgt (z.B. HDL-Cholesterin 35 mg/dl und LDL-Cholesterin 195 mg/dl).
Um bei einem Patienten das Risiko und damit die Therapiebedürftigkeit abschätzen zu können, müssen also neben Gesamtcholesterin auch HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeridwert beurteilt werden. Prinzipiell ist es sicherlich begrüßenswert, wenn die Patientin sich gesund (und damit eher fettreduziert) ernährt. Allerdings besteht bei der geschilderten Lipidkonstellation keine Notwendigkeit einer Cholesterinsenkung (weder über diätetische Maßnahmen noch über medikamentöse Ansätze).
Impedanzmessung mit großen Fehlern behaftet
Frauen haben in aller Regel einen Körperfettanteil von 20 –30 %, wobei die Bestimmung des Körperfettanteils über Impedanzmessung mit großen Fehlern behaftet ist. Der aus dem BMI abgeschätzte Körperfettanteil beträgt 25 %. Unabhängig davon, wie hoch der tatsächliche Körperfettanteil bei der angesprochenen Patientin ist, bleibt unklar, welche Bedeutung dieser Wert hat, insbesondere bei der hier vorgestellten normgewichtigen Frau mit einem optimalen Lipidprofil. Die Messung des Körperfettanteils (aber auch des Bauchumfangs) wird vor allem in epidemiologischen Studien verwendet, um pathophysiologische Zusammenhänge besser zu verstehen.
Das individuelle Profil ist entscheidend
Bei erhöhtem Körperfettanteil und erhöhtem Bauchumfang ist prinzipiell das Risiko für andere Stoffwechselerkrankungen (z.B. Hyperlipoproteinämie oder Diabetes) gesteigert, sodass ein solcher Patient vielleicht etwas häufiger kontrolliert werden sollte als Patienten ohne diese Charakteristika. Angesichts des normalen BMI (21,5 kg/m²) und des günstigen Lipidstatus kann von einem normalen Atheroskleroserisiko ausgegangen werden (falls nicht Diabetes mellitus, Nikotinabusus, Hypertonus etc. vorliegen). Daraus ergibt sich auch, dass keine therapeutischen Maßnahmen notwendig sind.
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