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Bei der familiären Hypercholesterinämie ist frühes Handeln gefragt

Unter dem Begriff der familiären Hypercholesterinämie (FH) fasst man verschiedene genetisch bedingte Stoffwechselerkrankungen zusammen, die alle einen verzögerten Abbau von LDL zur Folge haben. Bei LDL-Cholesterinwerten > 190 mg/dl – für Kinder > 155 mg/dl – besteht der Verdacht auf eine FH, schreiben Professor Dr. Gerald Klose von der Internistischen Gemeinschaftspraxis Beckenbauer und Maierhof in Bremen und Kollegen. Meist liegen den Erkrankungen Mutation des LDL-Rezeptors (LDLR) zugrunde. Aber auch ein verändertes Apolipoprotein-B (APOB) oder PCSK9-Gen gehören zu den häufigeren Auslösern.
In Deutschland sind etwa 300 von 100 000 Menschen zumindest heterozygote Merkmalsträger einer FH. Damit handelt es sich um die häufigste monogenetische Erkrankung in der Praxis – und statistisch dürfte jeder Hausarzt Betroffene unter seinen Patienten haben. Homozygote Mutationen beobachtet man dagegen rund 2500-mal seltener. Dann liegt das LDL-Cholesterin aber in der Regel jenseits von 400 mg/dl.
Große Infarktgefahr bei Jüngeren
Die Konsequenzen einer FH können fatal sein. Herz- und Gefäßkrankheiten manifestieren sich deutlich früher als in der Normalbevölkerung. So erleidet die Hälfte der Männer mit heterozygoter FH bereits vor dem 50. Lebensjahr einen Herzinfarkt, bei den Frauen trifft es rund 30 % bis zum 60. Lebensjahr. Und mit homozygoter FH drohen schon Kindern Herzinfarkte oder gar der Tod durch Gefäßschäden.
Diagnostik-Tipp
Das LDL-Cholesterin auf unter 55 mg/dl senken
Bleibt die FH unbehandelt, verkürzt das die Lebenszeit der Betroffenen um 16 Jahre. Je früher man therapiert, umso besser. Weist der Patient eine Atherosklerose oder einen anderen Risikofaktor auf, sollte das LDL-Cholesterin auch zur Primärprävention um mehr als 50 % gesenkt werden – in einen Zielbereich < 55 mg/dl. Fehlen die genannten Faktoren, sollte man zumindest einen Wert < 70 mg/dl erreichen. Standardmäßig kommen Statine zum Einsatz, häufig in Kombination mit Ezetimib. Genügt das nicht, empfehlen die Autoren PCSK9-Hemmer. Evolocumab, Alirocumab und Inclisiran können bei Patienten mit heterozygoter FH die Cholesterinwerte um 50–70 % gegenüber der Standardtherapie senken. Alternativ bleibt nur die Apherese, auf die im Allgemeinen Betroffene mit homozygoter FH angewiesen sind – besonders, wenn sie keine LDL-Rezeptoren bilden. Weitere Lipidsenker wie zum Beispiel der Hemmer des mikrosomalen Triglycerid-Transfer-Proteins, Lomitapid, oder das Antisense-Oligonukleotid Mipomersen werden derzeit auch für die homozygote FH untersucht. Sie bergen aber das Risiko von Leberfunktionsstörungen und ihr Einsatz beschränkt sich nach Einschätzung der Autoren zunächst eher auf Spezialzentren.Quelle: Klose G et al. internistische praxis 2021; 63: 415-423 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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