Bei allen Kleinkindern das Cholesterin kontrollieren!

Dr. Elisabeth Nolde

Sollten Dreijährige zum Cholesterin-Screening? Und falls eine Fettstoffwechselstörung besteht, ab wann wird diese medikamentös behandelt?

Kinder mit schweren Hyperlipidämien brauchen Gefäßschutz, denn durch die vermehrte Cholesterineinlagerung werden ihre Gefäßwände bereits in jungen Jahren geschädigt. Möglichst frühzeitig diagnostizieren und effektiv behandeln, lautet deshalb die Devise beim gestörten Lipidstoffwechsel. Aber was bedeutet frühzeitig?

Zwar empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Stoffwechselstörungen (APS) seit Langem, ein Cholesterin-Screening im Vorschulalter und ggf. eine medikamentöse Intervention ab dem Grundschulalter. Dennoch lösten die kürzlich publizierten, revidierten Empfehlungen der American Academy of Pediatrics (AAP) zur Behandlung von Hypercholesterinämien bei Kindern heftige Debatten aus.

Es gibt sogar Babys mit LDL-Werten von über 180 mg/dl

Die US-Kollegen setzten das Screeningalter auf zwei Jahre fest, als Mindestalter für eine Pharmakotherapie gaben sie acht Jahre an. Dabei stützen sich die Empfehlungen auf die Evidenz, dass arteriosklerotische Veränderungen schon in früher Kindheit beginnen sowie auf mehrere Berichte zur Wirksamkeit von Statinen, erklärte Professor Dr. Berthold Koletzko vom Dr. von Haunerschen Kinderspital in München gegenüber Medical Tribune.

Von besonderer Relevanz sei es, primär genetische Hypercholesterinämien zu erkennen. Immerhin komme die dominant erbliche, heterozygote Form der familiären Hypercholesterinämie bei mindestens einem von 500 Neugeborenen vor. Betroffene Babys hätten häufig bereits LDL-Werte von über 180 mg/dl und ein Gesamtcholesterin von > 250 mg/dl. Extrem hohe Cholesterinspiegel von > 600 mg/dl findet man bei Neugeborenen, die an der seltenen homozygoten Form der familiären Hypercholesterinämie leiden.

Bereits als Schulkinder müssen sich die Betroffenen mit orange-gelblichen Xanthomen abfinden, etwa am Ellenbogen oder an den Knien. Ohne effektive Therapie sterben sie meist im zweiten Lebensjahrzehnt an den Folgen einer koronaren Atherosklerose.

Normgewicht anstreben, sportlich aktiv werden und gesund ernähren

Grundlage der Behandlung der Hypercholesterinämie ist auch im Kindesalter die Lebensstilmodifikation. Normalgewicht und regelmäßige körperliche Aktivitäten müssen angestrebt werden. Außerdem sollte man Jugendliche davor warnen, zu rauchen, damit sie kein zusätzliches Atheroskleroserisiko eingehen. Damit keine „falschen Fette“ auf den Teller gelangen, erfolgt eine intensive Ernährungsberatung.

Nahrungsfette im Visier
Die Ernährungsmodifikation bei Hypercholesterinämie sieht Folgendes vor:
• Der Fettanteil der Nahrung macht maximal 30 bis 35 % der Gesamtkalorien aus.
• Pro Tag nehmen Kinder nicht mehr als 150 mg, Heranwachsende nicht mehr als 250 mg Cholesterin zu sich.
• Einfach ungesättigte Fette (Raps- und Olivenöl) werden bevorzugt und haben einen Anteil von >10 % an der Energiezufuhr.
• Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, z.B. in Keimölen, werden maßvoll konsumiert (7 bis 10 % der Energiezufuhr).
• Gesättigte Fettsäuren mit einer Kettenlänge von 12 bis 16 Kohlenstoffatomen (z.B. tierische sowie einige tropische pflanzliche Fette) und trans-isomere Fettsäuren, also partiell gehärtete Fette, Milch- und Körperfette von Wiederkäuern machen zusammen nicht mehr als 8 bis 12 % der Energiezufuhr aus

Fettsenker frühestens ab dem Alter von 8 Jahren geben

Gelingt es trotz Umstellung der Ernährung über mindestens sechs bis zwölf Monate nicht, den LDL-Wert in den Zielbereich zu „drücken“, wird ab dem Alter von 7–8 Jahren eine medikamentöse Behandlung empfohlen:

1. wenn bei normalem HDL-Wert (> 40 mg/dl) das LDL über 190 mg/dl liegt, oder


2. wenn ein LDL-Wert über 160 mg/dl gemessen wird und zusätzlich kardiovaskuläre Risikofaktoren vorliegen. Zu diesen gehören u.a. die Manifestation einer Herzerkrankung vor dem 55. Lebensjahr bei Verwandten ersten Grades, die arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, ein HDL unter 40 mg/dl und Nikotinabusus.

Welche Zielwerte anstreben?
Gesamtcholesterin: < 200 mg/dl
LDL-Cholesterin:     < 135 mg/dl
HDL-Cholesterin:      > 40 mg/dl

Folgende Medikamente stehen für die Behandlung im Kindesalter zur Verfügung:

• Statine. Pravastatin ist ab dem Alter von 8 Jahren zugelassen.

• Ezetimib. Es ist zur lipidsenkenden Therapie ab dem 10. Lebensjahr zugelassen

• Fibrate. Sie kommen bei schwerer kombinierter Hyperlipidämie in Betracht.

• Ionenaustauscherharze. Ihre langfristige Einnahme ist aufgrund gastrointestinaler Nebenwirkungen belastend und erfordert hohe Motivation und Disziplin. Sie sind heute Medikamente zweiter Wahl.

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