Nicht nur zu hohes Cholesterin: Fernfahrer mit Infarktrisiko

Dr. Carola Gessner

Ein LKW-Fahrer präsentiert beim Routinecheck etliche Risikofaktoren. Der übergewichtige Raucher hat hohe Blutfettwerte, erhöhten Blutdruck und auch der Blutzucker ist nicht in Ordnung. Was tun mit dem Berufsfahrer?

Der 56-jährige Fernfahrer raucht eine Schachtel Zigaretten am Tag. Er hat einen BMI von 29 auf und ein Gesamtcholesterin von 245 mg/dl. Beim aktuellen Gesundheits-Check zeigt er ein HbA1c von 7,3 % und sein Blutdruck liegt bei 150/90 mmHg. Bei der Anamnese stellt sich zudem heraus, dass schon der Vater des 56-Jährigen an Typ-2-Diabetes litt. Wie sollte man bei diesem Patienten vorgehen?, fragte Dr. Rosina Herold-Beifuss, Diabetologin in einer großen Gemeinschaftspraxis in Bad Staffelstein, bei ihrem Practica-Seminar in die Runde.

 Risikofakoren abklären

„Metformin verschreiben!“, meinte ein Kollege. „24-Stunden- Blutdruck messen!“, ein anderer, „Ernährungsberatung!“, ein dritter. „Den würde ich ins Schlaflabor schicken, das ist so ein Kandidat, der im Sekundenschlaf gegen einen Baum fährt“, kommentierte ein vierter. Und für einen weiteren Teilnehmer stand fest: „Den muss ich für die Diagnostik aus dem Verkehr ziehen, sprich krankschreiben, sonst habe ich da überhaupt keine Chance!“ Bloß nicht krankschreiben, widersprach ein weiterer Kollege. „Der lässt sich dann immer wieder krankschreiben, der Mann soll sich Urlaub nehmen für die Diagnostik.“ Dem stimmte die Mehrheit im Auditorium jedoch nicht zu. Die wenigsten Fernfahrer lassen sich gern krankschreiben, so der Tenor. Diesen Mann würde man im jetzigen Zustand ungern auf einem 40-Tonner weiter fahren lassen. Und für die weitere Diagnostik brauche man genug Zeit, also sind einige AU-Tage unerlässlich.

 Keine Schuldzuweisungen, aber therapeutisches Bündnis

Um nicht gleich die Chance auf ein therapeutisches Bündnis zu verspielen, sollten man sich jede Schuldzuweisung – Zigaretten, ungesundes Essen – unbedingt verkneifen, betonte Dr. Herold-Beifuss. Besser sei es zu signalisieren, dass die genetische Belastung vonseiten des Vaters bedeutsam sei und man gemeinsam mit dem Patienten die Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall „kleinkriegen“ möchte. Neben DMP-Terminen, Schulung und Ernährungsberatung gilt es, engmaschige Verlaufskontrollen zu planen. Hierbei sollten Sie prüfen, ob Ihre empfohlenen Lebensstil- änderungen (Ernährung, körperliche Aktivität) die Stoffwechsellage befriedigend bessern oder ob eine medikamentöse Therapie erforderlich wird.

Sorgfältige körperliche Untersuchung

Und führen Sie eine sorgfältige körperliche Untersuchung durch, bei der Sie auch die Füße sehr genau inspizieren, riet die Diabetologin. Bei dem 56-jährigen Lkw-Fahrer ist eine kardiologisch-angiologische Untersuchung einschließlich Belastungs-EKG und Duplexuntersuchung der Carotiden empfehlenswert. Der Ophthalmologe wird ebenfalls konsultiert zwecks Augenhintergrundsbefund. Die Krankschreibung ist übrigens durchaus sinnvoll wegen der eventuell notwendigen Antihypertensiva-Verordnung, so ein Kommentar aus dem Auditorium: „Er könnte mit dem Kreislauf stark auf ein Blutdruckmittel reagieren und deshalb einen Unfall bauen ...“

Ernährungsprotokoll anfertigen

Was das Körpergewicht und die Lebensführung angeht, so sollte der Patient für eine Weile ein Ernährungsprotokoll anfertigen. Doch Vorsicht, mahnte die Expertin, solch ein Protokoll hat seine Tücken. Sie hat das im Fall eines Landwirtes erlebt, der trotz größter „Selbstkasteiung“ mit dem Stoffwechsel immer noch aus dem Ruder lief. Eine halbe Scheibe Brot mit Wurst zum Frühstück, wer wollte den armen Mann noch mehr einschränken? Als Dr. Herold-Beifuss schließlich die Idee hatte, die Mahlzeiten mit dem Foto-Handy abzulichten, löste sich das Rätsel schnell. Mit dem Mobiltelefon der Enkelin fotografierte der Mann Frühstück, Mittagessen und Abendessen – und der Ansatz für die Ernährungsberaterin war klar: Diät muss in den Alltag passen und satt machen!

Ernährung muss alltagstauglich sein

Doch auch hier gilt wiederum: Zeigen Sie Verständnis für die Bedürfnisse des Patienten. Von strengen Diäten – die ohnehin oft mit einem Jojo-Effekt scheitern – hält die Kollegin nichts: „Die Ernährung muss alltagstauglich sein und ihr Patient muss satt werden.“ Patienten, die tagsüber einen Fulltime-Job ausüben, bieten Ihnen alle Möglichkeiten – vom Apfel am Schreibtisch bis hin zur Kantinen-Fettbombe. Es gilt gemeinsam ein vernünftiges Konzept zu entwickeln. Das Essen muss auf jeden Fall schmecken und satt machen. Statt zu hungern, soll ihr Patient lieber noch etwas an der Bewegungsschraube drehen. Das bessert Blutzucker-Werte, Blutdruck, Lipide und schmilzt das gefährliche Bauchfett weg.

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