Immer mehr Evidenz für die Schmerztherapie mit Nadeln

Nach Daten aus den USA nutzt rund ein Drittel der Erwachsenen ein Verfahren der komplementären oder integrativen Medizin. Die Hauptindikation ist chronischer Schmerz, berichten Professor Dr. Lucy Chen von der Harvard Medical School in Boston und Professor Dr. Andreas Michalsen vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité, Berlin.
Von den Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) versuchen es sogar bis zu 90 % mit Verfahren wie Atemtechniken, Yoga, speziellen Massagen oder Akupunktur. Doch was bringen solche Methoden tatsächlich und was ist über ihre Wirkmechanismen bekannt? Auf der Suche nach Antworten haben die beiden Wissenschaftler Hunderte von Publikationen aus den Jahren 1977 bis 2016 zu Rücken- und Nackenschmerzen und zu Schmerzen bei RA unter die Lupe genommen.
Beispiel Akupunktur: Die über 3000 Jahre alte chinesische Nadeltherapie, die hierzulande bekanntlich bereits GKV-Leistung bei Knie- und Rückenbeschwerden ist, hat nachweislich verschiedene physiologische Effekte, berichten Prof. Chen und Prof. Michalsen. So lassen sich nach ihrer Aussage verschiedenartige Einflüsse auf zentrale und periphere Nerven nachweisen. Dazu zählen die Ausschüttung von Mediatoren wie Endorphinen, Cannabinoiden oder Neurotransmittern sowie die Regulierung von Rezeptoren. Auch die Hirnaktivität und Schmerzbahnen werden durch die Nadelstiche moduliert mit der Folge, dass sich die kognitive und affektive Bewertung von Schmerzen ändert.
Körper und Geist in Einklang bringen
Positiver Effekt kann bis zu zwölf Monate anhalten
Die experimentellen Beobachtungen korrespondieren mit klinischen: Metaanalysen und systematische Reviews bescheinigen bei einigen Schmerzarten eine Linderung, die bis zu zwölf Monate andauern kann. Darunter fallen Rheumaschmerzen. Die Beweglichkeit und die Greifkraft von RA-Patienten nehmen hingegen durch die Nadeltherapie zu. Schwellung und Morgensteifigkeit lassen nach, ebenso psychische Begleiterscheinungen wie Fatigue, Depression oder Störungen von Schlaf, Lebensqualität und emotionalem Befinden. Laborparameter werden ebenfalls durch Akupunktur positiv beeinflusst, etwa die Erythrozyten-Senkungsgeschwindigkeit sowie die Konzentrationen von C-reaktivem Protein, Rheumafaktor und Interleukinen. Bewährt hat sich die Akupunktur bereits im Vergleich mit anderen Therapieansätzen, etwa dem autogenen Training. Und das Nadeln bringt auch zusätzlich zu Medikamenten einen therapeutischen Nutzen. So zitieren die beiden Experten u.a. eine kontrollierte Studie mit 146 RA-Patienten, nach der die Kombination mit Elektroakupunktur die Effekte von Meloxicam, Sulfasalazin und Methotrexat verbesserte. Bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen raten die Praxisleitlinien des American College of Physicians und der American Pain Society zur Akupunktur als nicht medikamentöse Methode, berichten Prof. Chen und Prof. Michalsen. Die funktionell positive Wirkung beim anhaltenden Kreuzschmerz wurde nach ihren Angaben z.B. in einer Studie mit gut 11 000 Patienten bestätigt. Positive Resultate bei chronischen Rückenschmerzen wurden aber nicht nur mit der klassischen manuellen Akupunktur erzielt, sondern u.a. auch mit Skalpakupunktur, Ohrakupunktur, Laserakupunktur oder mit Elektroakupunktur der spinalen Nervenwurzeln.Piksen in Meridiane sticht Massagen aus
Bei chronischen Nacken- und Schulterschmerzen wiederum legen unter anderem zwei Metaanalysen von je 10 bzw. 14 Studien nahe, dass echtes Nadeln die Beschwerden besser mildert als eine Scheinakupunktur. Die Evidenz für diesen Befund wird als moderat eingestuft. Die Autoren zitieren darüber hinaus aber auch eine dreimonatige Multicenterstudie mit über 14 000 Nackenschmerzpatienten, die sogar ein signifikant positives Ergebnis für die Akupunktur im Vergleich zu alleiniger Standardbehandlung brachte. Ebenfalls angeführt werden zwei kleinere Untersuchungen, in denen sich die Nadeltherapie in dieser Indikation Massagen als überlegen erwies.Chen L, Michalsen A. BMJ 2017; 357: online first
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