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In Studien geprüftes, zusammengesetztes AID-System weiter verbessert

Das als DBGL1™ bezeichnete AID-System wurde von dem kleinen französischen Unternehmen Diabeloop entwickelt, das von Dr. Guillaume Charpentier, Centre Hospitalier Sud Francilien, Paris, gegründet wurde. Wie bei anderen AID-Systemen ist automatisch lediglich die Abdeckung des basalen Insulinbedarfs möglich, der Bolus zu den Mahlzeiten wird manuell abgerufen. Damit gilt es als Hybrid-AID-System.
Algorithmus arbeitet auf eigenem Gerät
DBGL1™ verwendet ein etabliertes System zum kontinuierlichen Glukosemonitoring in Echtzeit (rtCGM-System; Dexcom G6®), als Insulinpumpe wird die in Deutschland wenig bekannte Patch-Pumpe Kaleido (ViCentra) eingesetzt. Das Herzstück des Systems, der Algorithmus zur Berechnung der Insulindosierung, wurde von Diabeloop entwickelt und ist auf einem speziell dafür ausgerichteten Handset hinterlegt, das per Bluetooth kommuniziert.
Die Gründe für ein eigenes Device zur Systemsteuerung liegen darin, dass der ordnungsgemäße Ablauf des Algorithmus aus Sicherheitsgründen immer möglich sein soll. Auch erlaubt dies einen hohen Datenschutzstandard und reduziert die Problematik des häufigen Aufladens von Smartphones – wobei der Algorithmus-Betrieb viel Rechen- und Batteriepower braucht. Ein weiterer Vorteil ist, dass es nicht durch ein unangekündigtes Smartphone-Updates zu Betriebsproblemen des AID-Systems kommen kann.
Der bei DBGL1™ verwendete Ansatz geht in die Richtung des Baukastensystems bei AID-Systemen, welches die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) favorisiert. Das Diabeloop-System ist interoperabel, andere Komponenten sind je nach Präferenz des Patienten nutzbar. Die beim Betrieb anfallenden Daten werden verschlüsselt und unter Berücksichtigung des Datenschutzes auf die Daten-Visualisierungsplattform „YourLoops“ geladen und dort gesichert.
Die Kommunikation über die Cloud erfolgt unidirektional, dies ist aus regulatorischen Gründen wichtig. Das führt aber auch dazu, dass ein Update des DBGL1™ nicht über die Cloud möglich ist. Zur Bedienung des Systems ist nur die Eingabe einiger weniger Grunddaten wie Körpergewicht und Tagesinsulindosis notwendig. Der Algorithmus berücksichtigt neben dem Glukoseverlauf Dateneingaben zu Mahlzeiten und körperlicher Aktivität.
Die „Aggressivität“ des selbstlernenden Algorithmus kann adjustiert werden, indem z.B. der Fokus auf Vermeidung von Hypoglykämien gelegt wird, sodass hohe Glukosewerte langsamer sinken und der Ziel-Blutzuckerwert später erreicht wird.
In einer aktuellen Publikation in Lancet Digital Health wurden die Ergebnisse einer Studie mit 68 erwachsenen Patienten mit Typ-1-Diabetes präsentiert.1 In der Studie wurde die Güte der Glukosekontrolle zwischen DBGL1™ und einer konventionellen Insulinpumpentherapie mit CGM verglichen. Primärer Endpunkt der Studie war die Time in Range (TiR; 70–180 mg/dl) über die Studiendauer von 12 Wochen hinweg.
Die TiR bei der Interventionsgruppe betrug 68,5 % und 59,4 % in der Kontrollgruppe. Damit blieb die TiR unter dem Ziel der aktuellen Konsensus-Empfehlung von 70 %. Konkret bedeutet das für die Patienten aber fast 2,5 Stunden pro Tag mehr Glukosewerte im Zielbereich bei Nutzung dieses AID-Systems. Ein Grund für das Nichterreichen der 70 % kann auch sein, dass die Studie bereits zwei Jahre alt ist (sie wurde für die Erlangung der CE-Markierung durchgeführt), das System wurde in der Zwischenzeit optimiert. Weiterhin war das AID-System in der Studie nur 80 % der Zeit im Loop-Modus, es gab erhebliche Probleme durch Ausfälle der zu Beginn verwendeten Insulinpumpe.
Die geringere Variabilität der Glukoseprofile geht einher mit einer deutlichen Reduktion der Zeit im Bereich unter 70 mg/dl (DBGL1™ vs. Kontrollgruppe: 2,0 vs. 4,3 %) und unter 50 mg/dl (0,7 vs. 0,2 %). Dies bedeutet pro Tag 30 min weniger im Bereich von niedrigen Glukosewerten. Dabei traten keine unerwünschten Ereignisse durch Fehler des Algorithmus auf.
Die Einführung des AID-Systems auf dem deutschen Markt ist eine Priorität für den Hersteller Diabeloop, der sich derzeit in Verhandlungen zur Übernahme der Kosten befindet. Bisher gibt es nur eine Zulassung für Erwachsene, die Zulassung für Kinder und Jugendliche wird angestrebt, entsprechende Studien laufen bereits. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich dieses neue AID-System auf dem deutschen Markt etabliert.
Quelle:
1 Benhamou PY et al. Lancet Digital Health 2019; 1: e17–25; DOI: 10.1016/S2589-7500(19)30003-2
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