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Interstitielle pulmonale Komplikationen enstehen meist in den ersten Monaten der Therapie

Einem aktuellen Review zufolge sind Medikamente für etwa 3–5 % aller interstitiellen Lungenerkrankungen verantwortlich. Diese Form (Drug-Induced Interstitial Lung Disease, DIILD) lässt sich allerdings auf den ersten Blick nicht von anderen interstitiellen pulmonalen Krankheiten unterscheiden. Sie bleibt daher nach wie vor eher eine Ausschlussdiagnose, schreiben Dr. Sarah Skeoch von der Universität Manchester, Division of Musculoskeletal & Dermatological Sciences, und Kollegen.
Drei Gruppen und ein Wirkstoff sind riskant
In dem Review, das mehr als 6000 Fälle auswertete, identifizierte das Expertenteam vor allem Krebsmedikamente, Antirheumatika, Amiodaron und Antibiotika (v.a. Nitrofurantoin) als Auslöser. Höheres Alter, allgemeine Gebrechlichkeit, Rauchen, eine vorbestehende Lungenerkrankung sowie vermutlich eine genetische Veranlagung erhöhen das Risiko für diese sich meist im Laufe der ersten Behandlungsmonate entwickelnde, seltene Komplikation.
Im onkologischen Bereich stehen neben Bleomycin und Gemcitabin vor allem die gezielt wirksamen Therapieformen auf den oberen Listenplätzen der DIILD-Substanzen. Dazu gehören die gegen den Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR) gerichteten kleinen Moleküle wie Gefitinib und Erlotinib sowie die Antikörper Panitumumab und Cetuximab. Auch unter den neuen Immuncheckpoint-Inhibitoren und den immunmodulatorisch wirkenden Mechanistic-Target-of-Rapamycin (MTOR)- Inhibitoren muss aufgepasst werden. Die Substanzgruppe der MTOR-Inhibitoren umfasst nicht nur neue, noch relativ selten verwendete Antikrebsmittel, sondern zum Transplantatschutz eingesetzte Präparate wie Sirolimus und Everolimus. Für sie wurden DIILD-Raten um die 10 % dokumentiert.
Weniger eindeutig sieht die Datenlage bei den immunmodulatorischen Antirheumatika aus – nicht zuletzt, weil Patienten mit rheumatoider Arthritis per se ein erhöhtes Risiko für interstitielle Lungenerkrankungen haben. Beschrieben ist eine medikamenteninduzierte Lungenerkrankung unter Therapien mit Methotrexat, Leflunomid und Anti-Tumornekrose-Faktor-Substanzen. Differenzialdiagnostisch kommen in diesen Fällen auch opportunistische Infektionen der Lunge infrage.
In der Gruppe der Antibiotika kann Nitrofurantoin bereits innerhalb von wenigen Tagen eine akute DIILD hervorrufen, als Ursache vermutet man eine Überempfindlichkeitsreaktion. In der Regel gehen die Symptome rasch wieder zurück. Besondere Vorsicht sollte man aber bei einer Langzeitprophylaxe von Harnwegsinfekten walten lassen, vor allem bei älteren Patienten, bei denen sich die Reaktionen eher subakut oder chronisch entwickeln und mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko einhergehen.
Vorsicht bei hoch dosierter und längerer Amiodaron-Gabe
Zu den am häufigsten genannten Auslösern pulmonaler Komplikationen – dann meist subakut – gehört Amiodaron. Ein Risiko geht vor allem von höheren Dosen des Antiarrhythmikums aus, die über einen längeren Zeitraum gegeben werden. Anders als bei Nitrofurantoin-assoziierten DIILD scheint unter Amiodaron die Gesamtsterblichkeit bei akuten Verlaufsformen höher.
Ein standardisiertes diagnostisches Vorgehen existiert bisher aufgrund des stark variierenden Krankheitsbildes nicht. Im Röntgenthorax geben uni- oder bilaterale Infiltrate erste Hinweise, CT oder MRT können den Verdacht sützen. Insgesamt liefert die Bildgebung aber wenig zuverlässige Ergebnisse. In Lungenfunktionstests deutet vor allem eine reduzierte Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLCO) auf eine DIILD hin. Bronchoalveoläre Lavage und die Lungenbiopsie bringen zusätzliche Anhaltspunkte. Der Biomarker „Krebs von den Lungen (KL-6)“ zeigte in einigen Untersuchungen gute Korrelationen, was aber noch weiterer Prüfungen bedarf.
Die Prognose hängt unter anderem vom Zustand der Patienten ab. Eine komplette Erholung ist genauso möglich wie ein tödlicher Ausgang. Schwerwiegende Verläufe sind vor allem bei Multimorbidität und Kombitherapien sowie akutem Beginn mit schwerer Symptomatik zu erwarten. Im onkologischen Kontext schwankten die Mortalitätsraten in den Auswertungen zwischen 14 % und 51 %, ansonsten zwischen 0 % und 41 %.
Individuell gewähltes Therapieschema
Für die Behandlung stehen Glukokortikoide wie Methylprednisolon hoch dosiert oral oder i.v. zur Verfügung. Eine sichere Aussage zur Wirksamkeit ist aber aufgrund fehlender kontrollierter Studien nicht möglich, sodass diese Therapie zurzeit nur in schweren Fällen mit einem individuell gewählten Schema zum Einsatz kommen sollte. Zusätzlich wird das verdächtigte Medikament möglichst ganz abgesetzt oder die Dosis reduziert.
Quelle: Skeoch S et al. J Clin Med 2018; online first
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