Nach Stammzelltransplantation auf nicht-infektiöse Komplikationen an der Lunge achten

Dr. Andrea Wülker

Die Bronchiolitis obliterans gilt nach der Stammzelltransplantation als späte pulmonale Komplikation. Die Bronchiolitis obliterans gilt nach der Stammzelltransplantation als späte pulmonale Komplikation. © wikimedia commons/Doc James

Etwa ein Drittel aller Patienten entwickelt nach hämatopoetischer Stammzelltransplantation pulmonale Komplikationen. Gerade nicht-infektiöse Schäden lassen sich aber nicht immer leicht erkennen und zuordnen. Ein klinisches Update gibt Hilfestellung.

Infektiöse und nicht-infektiöse pulmonale Komplikationen sind bei Patienten nach hämatopoetischer Stammzelltransplantation (Haematopoietie stem cell transplantation, HSCT) eine wichtige Ursache von Morbidität und Mortalität. Da sich die Prophylaxe und Therapie der Infektionen in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, stehen nun die nicht-infektiösen Zwischenfälle eher im Vordergrund, schreiben Dr. Samran Haider und Kollegen von der Division of Pulmonary, Critical Care and Sleep Medicine an der Wayne State University School of Medicine, Detroit.

Zu möglichen Risikofaktoren zählen höheres Alter, Graft-versus-Host-Disease oder bestehende Lungenerkrankungen. Man unterscheidet frühe, d.h. innerhalb der ersten 100 Tage nach der Transplantation auftretende, und späte pulmonale Komplikationen. Respiratorische Symptome in der frühen Post-Transplant-Phase lassen zuerst an eine infektiöse Komplikation denken. Ein hochauflösendes Thorax-CT kann Hinweise auf die Ätiologie liefern. Die Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) wird gut toleriert und erlaubt bei etwa der Hälfte der Patienten eine Diagnosestellung. Eine chirurgische Lungenbiopsie ist nach HSCT nur noch selten erforderlich – die Entscheidung für diese Intervention sollte individuell in einem multidisziplinären Ansatz erfolgen.

Typische pulmonale Komplikationen

Beim idiopathischen Pneumonie-­Syndrom liegt eine ausgedehnte Schädigung der Alveolen vor, die sich in der Bildgebung in Form von multi­lobulären Infiltraten zeigt. Klinisch finden sich Symptome einer Pneumonie, im Lungenfunktionstest fallen restriktive Veränderungen auf. In klinischen Studien wurde der Effekt einer Behandlung mit Etanercept und Steroiden untersucht. Die früh auftretende diffuse alveoläre Hämorrhagie (DAH) ist ein Subtyp des IPS, zum Symptomspektrum gehören Dyspnoe, Hämoptysen, unproduktiver Husten, Hypoxämie und Fieber. In der bronchoalveolären Lavage fällt bei seriellen Spülungen eine zunehmend blutigere Spülflüssigkeit auf und es kommt rasch zum respiratorischen Versagen. Die Therapie hat empirischen Charakter, gewöhnlich kommen Steroide zum Einsatz, über die Dosierung herrscht ein anhaltender Expertendisput. Die Mortalität der DAH liegt zwischen 64 % und 100 %. Die kryptogen organisierende Pneumonie macht sich 2–15 Monate nach der Transplantation durch unspezifische Symptome (Fieber, Dyspnoe, Husten) bemerkbar. Radiologisch zeigt sich eine lückenhafte Konsolidierung, in der Lungenfunktion ein restriktives Störungsmuster. Die Behandlung erfolgt mit Steroiden über einen langen Zeitraum. Kennzeichnend für das Bronchiolitis-obliterans-Syndrom (BOS) ist eine neu auftretende Limitation des Atemflusses. Das BOS zählt zu den späten Komplikationen nach HSCT; es kann sich durch Belastungsdyspnoe, Giemen oder Husten bemerkbar machen. Im hochauflösenden CT (HRCT) sieht man air trapping, verdickte kleine Atemwege oder Bronchiektasien, für die Dia­gnose ist aber eine Biopsie unerlässlich. Die Behandlung dieser seltenen Erkrankung stellt eine Herausforderung dar. Beobachtungsstudien zeigten positive Effekte einer längerfristigen Azithromycin-Therapie. Ebenfalls selten: die interstitielle Lungenkrankheit nach HSCT. In einer re­trospektiven Studie zeigten die meisten Patienten im hochauflösenden CT eine alveoläre Konsolidierung und in den Lungenfunktionstests restriktive Veränderungen. Behandelt wurde mit Kortikosteroiden, was zu einer Besserung der Befunde in der Bildgebung oder in den Lungenfunktionstests führte. Die Prognose bleibt aber insgesamt ungünstig, die Mortalität wird auf 39 % innerhalb von zwei Jahren geschätzt.

In den ersten zwei Jahren Spirometrie alle drei Monate

In der späten Post-HSCT-Phase gewinnen chronische nicht-infektiöse Lungenkomplikationen wie das Bronchiolitis-obliterans-Syndrom, die interstitielle Lungenkrankheit (ILD) oder Mischformen an Bedeutung. Wenn diese Erkrankungen bereits zu Schäden geführt haben, sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt. Daher empfehlen die Autoren, Patienten nach einer HSCT regelmäßig zu kontrollieren und auf respiratorische Symptome zu evaluieren. Nach den ersten 100 Tagen sollte zwei Jahre lang alle drei Monate eine Screening-Spirometrie erfolgen. Liegt im Vergleich zum Ausgangsbefund ein neu entstandenes obs­truktives Muster vor, spricht das für ein Bronchiolitis-obliterans-Syndrom (BOS), während ein neuer restriktiver Befund auf eine ILD hinweist. Falls bei den Lungenfunktionstests erstmals aufgetretene Veränderungen persistieren, hilft eine hochauflösende CT weiter: Ein nicht-homogenes Air-Trapping in der exspiratorischen CT, eine Verdickung kleiner Atemwege oder Bronchiektasien deuten auf ein BOS hin. Eine ILD im Zusammenhang mit einer Graft-versus-host-Disease manifestiert sich radiologisch meist mit persistierenden multilobulären Verschattungen mit oder ohne pleuralen Veränderungen.

Initiale Throrax-CT bei Älteren und Rauchern

Für das Management von Lungenkomplikationen nach HSCT ist es wichtig, dass alle Patienten vor der Transplantation gründlich untersucht werden, inklusive Lungenfunktionstests und Röntgenthorax. Auch eine Thorax-CT kann indiziert sein – insbesondere bei älteren Menschen, Rauchern sowie Patienten, deren initiale Evaluation Auffälligkeiten ergeben hat. Die Untersuchungsbefunde dienen als Ausgangswerte, wenn nach der Transplantation Veränderungen auftreten.

Quelle: Haider S et al. Eur Respir Rev 2020; 29: 190119; DOI: 10.1183/16000617.0119-2019

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Die Bronchiolitis obliterans gilt nach der Stammzelltransplantation als späte pulmonale Komplikation. Die Bronchiolitis obliterans gilt nach der Stammzelltransplantation als späte pulmonale Komplikation. © wikimedia commons/Doc James