Stammzelltransplantation In vierzig Jahren halbierte sich die Sterberate, doch der Vorteil ist ungleich verteilt
Während der Zeit zwischen 1974 und 2014 hat sich die Altersgrenze für den Erhalt einer alloSCT deutlich erhöht. Es wird zunehmend nicht mehr Knochenmark, sondern periphere Stammzellen oder Nabelschnurblut als Stammzellquelle verwendet, und die Konditionierung erfolgt immer häufiger nicht mehr myeloablativ, sondern mit reduzierter Intensität. Die frühe Mortalität nach der Transplantation ist deutlich zurückgegangen durch Verbesserungen in Supportivtherapie und Behandlung der akuten Graft-versus-Host-Erkrankung. Aber die späte Sterberate ist immer noch höher als in entsprechenden Altersgruppen der Allgemeinbevölkerung.
Daran mögen späte Nebenwirkungen wie Sekundärtumoren und kardiovaskuläre Erkrankungen ebenso einen Anteil haben wie Spätrezidive der Grunderkrankung. Der genaue Einfluss dieser Faktoren und ihre Veränderung mit den Transplantationstechniken war bislang nicht bekannt.
Aufschluss darüber sollten Auswertungen der retrospektiven Kohortenstudie Blood or Marrow Transplant Survivor Study (BMTSS) geben. Darin schloss das Team um Prof. Dr. Smita Bhatia von der Universität von Alabama in Birmingham pädiatrische und adulte Patienten ein, die von 1974 bis 2014 an zwei großen US-amerikanischen Transplantationszentren behandelt wurden und die Prozedur mindestens zwei Jahre lang überlebten.
Die 4.741 Stammzellempfänger waren zu etwas mehr als der Hälfte männlich und zum Zeitpunkt der alloSCT im Median 33 Jahre alt. Das Follow-up lief bis März 2020.
Die durch Rezidive bedingte kumulative Mortalität in dieser Kohorte erreichte nach zehn Jahren ein Plateau und lag 30 Jahre nach Transplantation bei 12,2 %. Im Gegensatz dazu stieg die nicht-rezidivbedingte Mortalität weiter an und betrug nach 30 Jahren kumulativ 22,3 %. Die führenden Ursachen dafür waren:
- Infektionen (10,7 %; standardisierte Mortalitätsrate [SMR] 52,0)
- sekundäre Neoplasien (7,0 %; SMR 4,8)
- kardiovaskuläre Erkrankungen (4,6 %; SMR 4,1)
- Lungenerkrankungen (2,7 %; SMR 13,9)
Gegenüber der Allgemeinbevölkerung war die Mortalität auch nach 30 und mehr Jahren erhöht (SMR 5,4). Die Lebenserwartung lag in der Kohorte um etwa 20 % niedriger, was 8,7 verlorenen Lebensjahren entsprach.
Im Rahmen der Auswertungen unterteilten Prof. Bhatia und Kollegen den Studienzeitraum in drei Abschnitte: Sie analysierten das Langzeitüberleben nach Transplantationen, die von 1974–1989 durchgeführt wurden, sowie das aus den Jahren 1990–2004 und 2005–2014. Verglichen mit dem ersten Abschnitt war die Gesamtmortalität im zweiten Abschnitt um rund ein Drittel reduziert und im dritten Abschnitt beinahe um die Hälfte (HR 0,67 und HR 0,52; der Abnahmetrend war mit p < 0,001 signifikant).
Größter Vorteil für Junge und nach Knochenmarkspende
Am ausgeprägtesten sank die Spätmortalität in zwei Gruppen: Für Patienten, die im Alter von weniger als 18 Jahren transplantiert wurden, lag die Zehn-Jahres-Sterberate im zweiten Zeitabschnitt um 38 % niedriger als im ersten, im dritten um 70 % (Rückgangstrend: p < 0,001). Ähnlich vorteilhaft verlief die Entwicklung für diejenigen, die Knochenmark erhielten. Gegenüber dem Referenzzeitraum 1974–1989 nahm das Mortalitätsrisiko 1990–2004 um 30 % ab und im Abschnitt von 2005–2014 um mehr als die Hälfte (HR 0,45). Auch diese Abwärtsentwicklung war signifikant.
Insgesamt sank also die Spätmortalität nach allogener Stammzelltransplantation in den 40 Jahren, die diese Studie überblickt, auch wenn die Lebenserwartung der Patienten noch nicht der in der Normalbevölkerung gleichkommt.
Offen, warum andere nicht so profitierten
Allerdings scheine sich die Verbesserung der Prognose auf die jüngeren Patienten zu beschränken sowie diejenigen, die Knochenmark erhalten haben, schlussfolgern die Wissenschaftler. Unklar bleibe ihnen zufolge , warum für ältere Betroffene und solche, die periphere Stammzellen erhalten haben, kein bedeutsamer Rückgang zu verzeichnen sei.
Quelle: Bhatia S et al. JAMA Oncol 2021; 7: 1626-1634; DOI: 10.1001/jamaoncol.2021.3676