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Kampf mit der Prostata

Männer mit benignem Prostatasyndrom (BPS) bevorzugen zur Therapie häufig Phytopharmaka, schreiben Prof. Dr. Thomas Bschleipfer vom Regiomed Klinikum in Coburg und Kollegen. Positive Effekte für diese Präparate wurden allerdings überwiegend in kleineren und unkontrollierten Arbeiten erzielt. In randomisierten placebokontrollierten Studien – vor allem zu Sabal-Präparaten (Serenoa repens) – konnte kein günstiger Einfluss auf den internationalen Prostata-Symptom-Score (IPSS) ermittelt werden. Die maximale Harnstrahlstärke (Qmax) wurde ebenso wenig verbessert wie Restharnmenge und Prostatavolumen. Deshalb werden pflanzliche Präparate nicht allgemein empfohlen. Sie können aber eingesetzt werden, wenn Patienten andere Medikamente ablehnen – vorausgesetzt es besteht keine relevante Restharnbildung bzw. Entleerungsstörung.
Alphablocker wirken innerhalb weniger Stunden bis Tage, mit einem Maximum nach zwei bis vier Wochen. Sie reduzieren nachgewiesenermaßen die Symptome im unteren Harntrakt (LUTS) und verlangsamen deren Progression. Der Einfluss auf Obstruktion (BOO/BPO*) und Drüsenvolumen ist bestenfalls gering, zur Prävention eines Harnverhalts sind sie deshalb weniger geeignet. Alphablocker werden meist gut vertragen, am häufigsten treten Kopfschmerzen, Schwindel und rhinitisähnliche Beschwerden auf. Die Blutdrucksenkung ist am stärksten unter Doxazosin und Terazosin ausgeprägt.
Unterstützendes Verhalten
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geringere Flüssigkeitszufuhr (ca. 1,5 l/d)
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gleichmäßige Verteilung der Trinkmenge (keine übermäßige Zufuhr am Abend)
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Reduktion des „irritativen“ Effekts (übermäßiger Kaffee- und Alkoholkonsum, scharfe Gewürze)
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Vermeiden diuretischer Medikamente am Abend
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Ausstreichen der Harnröhre nach der Miktion (Vermeiden von Nachträufeln)
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Blasentraining (Zurückhalten der Miktion bei leichtem bis mäßigem Harndrang)
Muskarinrezeptorantagonisten nicht allein einsetzen
5α-Reduktaseinhibitoren (5-ARI) verringern aufgrund ihres antiandrogenen Effekts das Drüsenvolumen, was allerdings erst ab einer Größe von 40 cm3 nachgewiesen wurde. Im Gegensatz zu den Alphablockern tritt die Wirkung erst nach einigen Monaten ein. 5-ARI eignen sich deshalb zur langfristigen Symptomlinderung (≥ 6 Monate). Die Reduktion von BOO/BPO stufen die Autoren als gering ein. Als Nebenwirkungen können erektile Dysfunktion, gestörte Ejakulation und verminderte Libido auftreten.
Muskarinrezeptorantagonisten sind primär zur Behandlung der überaktiven Blase zugelassen, kommen aber auch für Männer mit moderater bis schwerer BPS und vorherrschenden Speichersymptomen in Betracht. Sie reduzieren den imperativen Harndrang, verbessern aber weder den IPSS noch die Strahlstärke. Wegen der unklaren Datenlage zur Obstruktion raten die Autoren von einer Monotherapie bei BOO/BPO ab. An Nebenwirkungen treten unter anderem Mundtrockenheit, Obstipation und Miktionsstörungen auf und bei Älteren eine kognitive Dysfunktion.
Von den PDE-5-Inhibitoren ist nur Tadalafil für die Indikation BPS zugelassen. Seine Wirkung auf den IPSS ist mit der von Alphablockern vergleichbar. Zu den urodynamischen Parametern existieren nur wenige Studien mit widersprüchlichen Resultaten. Eine Überlegenheit besteht hinsichtlich der erektilen Dysfunktion. An Nebenwirkungen treten Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindel und gastrointestinale Beschwerden auf.
Fälle, in denen Medikamente nicht ausreichen
Eine absolute Indikation zur operativen Behandlung des BPS ist bei folgenden Befunden gegeben:
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wiederholter Harnverhalt
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rezidivierende Harnwegsinfektion und/oder Prostatitis bzw. Epididymitis
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rezidivierende Makrohämaturie
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Blasensteine
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großes Pseudodivertikel der Harnblase
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Dilatation des oberen Harntrakts und/oder Einschränkung der Nierenfunktion
Vor- und Nachteile einer Kombinationstherapie
Die Kombination von Alphablocker und 5-ARI eignet sich zur Langzeitbehandlung (≥ 2 Jahre) bei Männern mit hohem Progressionsrisiko und einem Drüsenvolumen von mindestens 40 cm3, nicht aber zur schnellen Verbesserung der LUTS. Über einen Zeitraum von 4 bis 4,5 Jahren angewandt verringert die duale Therapie das Risiko für akuten Harnverhalt und den Operationsbedarf. Die Frequenz unerwünschter Effekte entspricht in etwa der Summe derer bei den einzelnen Wirkstoffen, nur Ejakulationsstörungen sind häufiger.
Wenn die Monotherapie mit Alphablockern fehlschlägt, kann bei persistierenden oder vorherrschenden Speichersymptomen die Hinzunahme eines Antimuskarinikums offeriert werden. Die Vorteile zeigen sich vor allem hinsichtlich Miktionsrate, Drangepisoden und Lebensqualität. Im Vergleich zur Monotherapie erhöht die Kombination das Auftreten von Obstipation, Mundtrockenheit und Dyspepsie, nicht aber für Miktionsbeschwerden und akuten Harnverhalt. Wegen des leicht erhöhten Restharnvolumens sollten Patienten mit erhöhtem Risiko für einen Harnverhalt sorgfältig überwacht werden.
Die Kombination von PDE-5-Hemmer und Alphablockern erzielte in zwei Metaanalysen keinen relevanten Gewinn im Symptomscore verglichen mit der alleinigen Einnahme eines Alphablockers. Der Monotherapie mit einem PDE-5-Hemmer war die duale Behandlung überlegen.
Zur gemeinsamen Einnahme von 5-ARI und PDE-5-Inhibitor ist die Evidenz noch begrenzt. In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie verringerte sich der IPSS unter Finasterid/Tadalafil moderat, aber signifikant stärker als unter dem 5-ARI allein. Zudem wurde eine deutliche Besserung der erektilen Funktion gezeigt. Deshalb eignet sich die Kombination vor allem zur Milderung der 5-ARI-bedingten Sexualstörung.
Die Kombination von Alphablocker und Beta-3-Agonist ergab in Studien mit Tamsulosin/Mirabegron eine verstärkte Reduktion von Miktionsfrequenz und -volumen sowie Drangbeschwerden im Vergleich zur Monotherapie mit Alphablockern. Harnstrahlstärke, Restharn und Nykturie hingegen waren unter beiden Optionen vergleichbar. Die duale Therapie kann deshalb Patienten mit anhaltenden Speichersymptomen unter der Monotherapie mit einem Alphablocker angeboten werden.
* Blasenauslassobstruktion/benigne Prostataobstruktion
Quelle: Bschleipfer T et al. Urologie 2023; 62: 1048-1056; DOI: 10.1007/s00120-023-02183-5
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