Kein böses Blut mehr

Dr. Elke Ruchalla

Durch die Behandlung traten deutlich weniger Blutungen auf. Durch die Behandlung traten deutlich weniger Blutungen auf. © sulit.photos – stock.adobe.com

Mit einer Infusion über die nächsten Jahre kommen anstatt regelmäßig spritzen zu müssen: Dieser Traum scheint für Patienten mit einer Hämophilie A dank einer Gentherapie näher zu rücken.

Die Schwere einer Hämophilie A und das Auftreten von Blutungskomplikationen korrelieren mit der Faktor-VIII-Aktivität im Serum. Derzeit wird sie durch i.v. Supplementierung des Faktors selbst oder s.c.-Gabe eines Faktor-III-mimetischen Antikörpers gesteigert. Die Forschungen richten sich aber zunehmend auch auf Gentherapien mit dem Ziel, eine langfristige Faktor-VIII-Expression zu induzieren.

Adenovirenähnlicher Vektor als Fördermittel

Dr. Lindsey George vom Department of Pediatrics der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania und ihre Kollegen untersuchten nun einen solchen Ansatz. Die Wissenschaftler nahmen 18 Erwachsene mit Hämophilie A in ihre Studie auf. Alle Teilnehmer hatten eine maximale Faktor-VIII-Aktivität von 2 %, anamnestisch bestanden keine Hinweise auf Faktor-VIII-Hemmantikörper oder auf neutralisierende Antikörper gegen Bestandteile des Prüfpräparats. Die Mediziner infundierten intravenös einen viralen Vektor mit Ähnlichkeit zu Adenoviren als Stimulator für das Faktor-VIII-Gen, das für die Synthese des Proteins in der Leber kodiert. Sie wählten dabei vier unterschiedliche Vektordosen (zwischen 5x 1011 Vektorgenom/kg und 2x 1012 Vektorgenom/kg), um die geringstmögliche wirksame Dosis herauszufinden. In der Folge erhielten einige der Teilnehmer Glukokortikoide, um einer Immunreaktion gegen das Viruskapsid entweder vorzubeugen oder um sie zu behandeln.

Die Wissenschaftler überwachten die Sicherheit der Therapie gut drei Jahre lang. In diesem Zeitraum traten bei acht Patienten 33 mit der Behandlung zusammenhängende Nebenwirkungen auf. 17 davon hingen mit der Vektorgabe zusammen, darunter war die einzige schwere Reaktion (starke Erhöhung der Leber-ALT, der Teilnehmer gehörte zur Gruppe mit der höchsten Vektordosis). Bei 16 Ereignissen dagegen handelte es sich um Glukokortikoid-bedingte Wirkungen.

Therapie erlaubte Stopp der Prophylaxe

Bei zwei Männern (ebenfalls mit der höchsten Vektordosis) kam es wegen einer zellulären Immunreaktion gegen des Viruskapsid zu einem vollständigen Verlust der Faktor-VIII-Expression, die auf Steroide nicht ansprach. Bei den restlichen Teilnehmern blieb die Expression erhalten, ihre vorherige Prophylaxe durften sie absetzen. In allen Dosisgruppen trat der erste Spitzenwert für Faktor VIII sechs bis zwölf Wochen nach der Infusion auf.

Zwölf Männer konnten die Kollegen noch nach zwei Jahren beurteilen, sie wiesen eine im Wesentlichen unveränderte Aktivität (12,9 % in Woche 26–52 ohne Glukokortikoide, 12 % nach Woche 52) auf. Die jährliche Blutungsrate sank im Vergleich zum Zeitraum vor der Behandlung um mehr als 90 % (im Median 0,3 Blutungen vs. 8,5 zuvor). Damit scheint diese Art der Therapie ein effektiver Ersatz für die Prophylaxe ohne wesentliche Gefahren.

Quelle: George L et al. N Engl J Med 2021; 385: 1961-1973; DOI: 10.1056/NEJMoa2104205

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Durch die Behandlung traten deutlich weniger Blutungen auf. Durch die Behandlung traten deutlich weniger Blutungen auf. © sulit.photos – stock.adobe.com