Neue Alternative für Hämophilie-Patienten, die Hemmkörper bilden

Dr. Andrea Wülker

Brücke zwischen Faktor IX und Faktor X. Brücke zwischen Faktor IX und Faktor X. © fotolia/dima_pics

Wenn Patienten mit Hämophilie A Hemmkörper gegen den substituierten Faktor VIII bilden, wird ein Strategiewechsel erforderlich. Genau diese Patienten könnten von Emicizumab profitieren.

Rund 30 % der Bluter mit schwerem Faktor-VIII-Mangel entwickeln unter der Substitutionstherapie eine Immunreaktion, die sich gegen den infundierten Gerinnungsfaktor VIII richtet und dessen Funktion neutralisiert. Eine solche Hemmkörper-Hämophilie zwingt zu einer Änderung der Therapie: Interkurrente Blutungen werden dann mit hämostatischen „Bypass“-Substanzen, also rekombinantem aktiviertem Faktor VII und aktiviertem Prothrombinkomplex, behandelt. Die Wirkung dieser Bypass-Therapie ist jedoch suboptimal.

Bisher episodische Therapie mit Bypass-Präparaten

Der neue bispezifische hämostatische Antikörper Emicizumab bietet einer aktuellen Studie zufolge eine elegante Lösung für Patienten mit Hämophilie A und Hemmkörperbildung. Emicizumab bildet eine Brücke zwischen Faktor IX und Faktor X und ersetzt dadurch die Funktion des fehlenden Faktors VIII.

Blutertherapie bald nur noch einmal im Monat?

Ein völlig neuer Behandlungsansatz für Hämophilie-Patienten wird derzeit untersucht: Fitusiran ist kein Gerinnungsfaktor, sondern blockiert über RNA-Interferenz spezifisch die Antithrombin-mRNA. Die Produktion des natürlichen Gerinnungshemmstoffs Antithrombin wird direkt in der Leber unterdrückt. Dadurch soll eine ausreichende Thrombinbildung und Hämostase ermöglicht werden. Eine kleine Phase-I-Studie unter der Federführung von Professor Dr. John Pasi vom Royal London Haemophilia Centre, London, ergab, dass eine einmal monatlich subkutan verabreichte Fitusiran-Injektion bei Patienten mit Hämophilie A oder B die Antithrombinspiegel dosisabhängig senkt und die Thrombinbildung fördert.

Quelle: Pasi KJ et al. N Engl J Med 2017; 377: 819-828

Wie gut die Emicizumab-Prophylaxe funktioniert, untersuchte das Team um Professor Dr. Johannes Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn in einer Phase-III-Studie.1 An der Untersuchung nahmen 109 männliche Jugendliche und Erwachsene mit Hämophilie A und Hemmkörpern gegen Faktor VIII teil, die bisher eine episodische Behandlung mit Bypass-Präparaten bekommen hatten. Sie erhielten randomisiert entweder eine einmal wöchentliche subkutane Emicizumab-Prophylaxe oder keine Prophylaxe.

Blutungsrate geht deutlich zurück

Die Blutungsrate war in der Antikörpergruppe um 87 % niedriger als im Kontrollkollektiv. Die wöchentliche Emicizumab-Gabe führt zu einer ausgeprägten Senkung des Blutungsriskos und zu einer Besserung der Lebensqualität, heißt es in einem Editorial zur Studie.2

1. Oldenburg J et al. N Engl J Med 2017; 377: 809-818
2. Lillicrap D. A.a.O.: 884-885

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Brücke zwischen Faktor IX und Faktor X. Brücke zwischen Faktor IX und Faktor X. © fotolia/dima_pics