
Kinder mit Asthma brauchen eine personalisierte Therapie

Die meisten asthmakranken Kinder sind mit der Standardmedikation aus inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und Bronchodilatatoren ebenso effektiv zu behandeln wie Erwachsene, aber ähnlich oft reicht das nicht aus. In Registern liegt der Anteil pädiatrischer Patienten mit unkontrolliertem Asthma etwa so hoch wie bei Erwachsenen, nämlich bei ca. 10 %, berichtete Professor Dr. Anke-Hilse Maitland-van der Zee vom Academisch Medisch Centrum der Universität Amsterdam. Die Indikation einiger, aber nicht aller Biologika umfasst auch Kinder.
Biologika für Kinder und Jugendliche | |
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Antikörper | Zugelassen ab |
Omalizumab (Anti-IgE) | 6 Jahre |
Mepolizumab (Anti-IL5) | 6 Jahre |
Reslizumab (Anti-IL5) | 18 Jahre |
Benralizumab (Anti-IL5R) | 18 Jahre |
Dupilumab (Anti-IL4R) | 6 Jahre |
Quellen: Fachinformationen
„Auch bei Kindern sehen wir eine heterogene Response“, so die Pneumologin. „Viele klagen selbst bei leitliniengerechter Behandlung weiter über gravierende Beschwerden.“ Was die Situation erschwert, ist die Tatsache, dass eosinophile Inflammation und Symptomausprägung nicht automatisch korrelieren. Manche Patienten mit ausgeprägter Entzündung zeigen kaum Symptome, umgekehrt bedeutet hohe Symptomlast nicht automatisch starke Eosinophilie. „Asthma ist keine einheitliche Erkrankung“, betonte Prof. Maitland-van der Zee. „Wir haben es mit unterschiedlichen biologischen Ursachen zu tun, und wenn wir die vorab identifizieren, versetzt uns das in die Lage, auch Kinder individualisiert zu behandeln.“
Exazerbationen trotz inhalativer Kortikosteroide
Ein Konsortium, das dieses Ziel verfolgt, heißt PiCA (Pharmacogenetics in Childhood Asthma) und hat bereits rund 15.000 Kinder aus Registern und Studien in aller Welt eingeschlossen. In einer Metaanalyse wurden zunächst 8,1 Millionen Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) von knapp 2700 europäischen Kindern ausgewertet, wobei sich zehn Assoziationen herausschälten, die mit der Response auf ICS zu korrelieren scheinen. Insgesamt 782 SNPs waren mit Exazerbationen trotz ICS-Therapie assoziiert. „Das wird uns nicht davon abhalten, asthmakranke Kinder mit ICS zu behandeln, aber es lässt uns wissen, auf welche wir besonders achten müssen“, so Prof. Maitland-van der Zee. Die Gruppe sucht außerdem nach Wirkstoffen, welche die Expression dieser Gene regulieren. Hier steht die Forschung noch am Anfang, auch wenn mit dem Antimykotikum Trichostatin A schon ein vielversprchender Kandidat gefunden wurde.
Die Pharmakogenetik könnte dem Leukotrienrezeptoragonisten (LTRA) Montelukast ebenfalls neue Chancen eröffnen. Grundlage sind die verschiedenen Genotypen des Beta-2-Rezeptors (AA, AG oder GG, A=Arginin, G=Glycin). Eine kleine Studie hat schon vor acht Jahren gezeigt, dass Kinder mit AA-Genotyp besser auf den LTRA ansprechen als auf einen lang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA). Eine neue Untersuchung ergab nun, dass die Lebensqualität von Kindern mit diesem Genotyp unter Montelukast stärker ansteigt als unter dem LABA, allerdings blieb der Unterschied unter der klinischen Relevanzschwelle.
In ihrer eigenen Studie, PUFFIN genannt, untersuchen Prof. Maitland-van der Zee und ihr Team, ob sich per Pharmakogenetik die Therapie von Kindern mit schlecht kontrolliertem Asthma verbessern lässt. Eine Gruppe erhält „Usual Care“, also eine Verdopplung der ICS-Dosis oder einen LABA als Add-on ohne genetischen Test. Die anderen werden genotypisiert: AA- und AG-Kinder erhalten die doppelte ICS-Dosis, GG-Kinder den LABA dazu. „Leider hat uns die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Rekrutierung verzögert“, erzählte die Kollegin. Sie hofft, in ein bis zwei Jahren Ergebnisse vorlegen zu können.
Andere Arbeitsgruppen setzen auf Metabolomics, genauer gesagt: auf volatile organische Komponenten (VOC) in der Ausatemluft, was sich gerade für die kleinen Patienten anbietet, bei denen bronchoalveoläre Lavage oder Sputumdiagnostik schwierig sind. Niederländische Forscher konnten unter Kindern mit schwerem Asthma fünf verschiedene Cluster von VOC identifizieren, die sich hinsichtlich Alter, Pricktestresultat, Lebensqualität und Asthmakontrolle signifikant unterschieden.
Natürlich kommen noch all die anderen „Omics“ dazu, sodass sich mithilfe digitaler Analysen ein differenziertes Bild der verschiedenen Endo- und Phänotypen als Leitschnur für die Asthmatherapie gewinnen lässt. Bereits heute können die Patienten anhand von Biomarkern in relativ homogene Gruppen stratifiziert werden – die Zukunft liegt nach Überzeugung von Prof. Maitland-van der Zee in der individualisierten Therapie für jeden Einzelnen – in Erwachsenenmedizin und Kinderheilkunde.
Kongressbericht: American Thoracic Society ATS 2021 (Online-Veranstaltung)
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